Porträt des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman auf einer Mauer in Riad
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Bericht

Saudis sollen Mordkommando gesucht haben

Berichte der „New York Times“ enthüllen Vorgänge um das saudische Königshaus, die dem Mordfall Khashoggi neuen Zündstoff verleihen. Laut der Zeitung besprachen Geheimdienstler, die Kronprinz Mohammed bin Salman nahestehen, mögliche Anschläge auf Gegner. Die Gespräche sollen rund ein Jahr vor dem Tod des Journalisten Jamal Khashoggi (Dschamal Chaschukdschi) stattgefunden haben – zu einer Zeit, in der der politische Aufstieg des Prinzen begann.

Eine Schlüsselrolle spielte dabei laut „New York Times“ einmal mehr Ahmed al-Asiri, ein Vertrauter von Prinz Mohammed. General Asiri war bis vor Kurzem Vizegeheimdienstchef und Berater des Königshauses, auch zeichnete er mitverantwortlich für die saudische Militäroperation im Jemen. Und er war bekannt für sein hartes Durchgreifen gegen Kritiker des Regimes.

Im März 2017 sei Asiri, berichtet die Zeitung, in Riad mit einer kleinen Gruppen von Geschäftsleuten zusammengetroffen, um Sabotagemöglichkeiten zur Schädigung der iranischen Wirtschaft zu besprechen. Die wirtschaftliche Kriegsführung hätte etwa beinhaltet, Oppositionsfiguren zu sponsern und falsche Accounts in Sozialen Netzwerken zu erstellen, um durch Falschmeldungen Unruhen zu provozieren.

Iranischer Militär im Visier

Die Mitarbeiter Asiris hätten bei dem Treffen ihr Gegenüber nach der Bereitwilligkeit gefragt, auch Ermordungen von zwei Iranern durchführen zu lassen; einer davon sei Kassim Soleimani gewesen, ein hochrangiger Militär der iranischen Revolutionsgarden. Die Geschäftsmänner, ehemalige Geheimdienstler, hätten nach Rücksprache mit ihren Anwälten jedoch abgelehnt, an Ermordungen mitzuwirken. Das Blatt berief sich bei den Schilderungen auf drei namentlich nicht genannte Insider.

Das Interesse an Tötungen, verdeckten Operationen und Militäraktionen im Ausland sei eine politische Trendwende für das Königreich gewesen, das bis dato außenpolitische Abenteuer vermieden habe. Mit dem Aufstieg des Prinzen habe sich ein Paradigmenwechsel ergeben.

Ruf nach Bestrafung

Im Zuge des Skandals um den Mord am saudischen Journalisten Khashoggi wurde General Asiri als Vizegeheimdienstchef entlassen – mutmaßlich um den Kronprinzen aus der Schusslinie zu nehmen. Drei Wochen lang hatte Saudi-Arabien zuvor Verwicklungen dementiert. Schließlich musste Riad nach zunehmendem Druck von außen zugeben, dass Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul getötet wurde. Nach der offiziellen Darstellung wurde er im Zuge eines Streits bei einer „Schlägerei“ mit ungenannten Männern getötet. Danach wurden 18 Verdächtige festgenommen. Eine Anordnung der Tötung durch den Kronprinzen wies Saudi-Arabien stets vehement zurück.

Saudischer Kronprinz Mohammed bin Salman
APA/AFP/Saudi Royal Palace/Bandar Al-Jaloud
Kronprinz Mohammed bin Salman steht seit Khashoggis Ermordung unter Druck

Europa und die USA verlangen seither die Bestrafung von Verantwortlichen. Am Sonntag telefonierte US-Außenminister Mike Pompeo mit Kronprinz Mohammed und betonte laut seiner Sprecherin, dass die USA alle, die an der Tötung Khashoggis beteiligt waren, zur Rechenschaft ziehen wollen „und dass Saudi-Arabien dasselbe tun muss“.

Mitschnitte an Regierungen verteilt

Zuvor hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan die Existenz von Tonaufnahmen zu dem Mord bestätigt. Die Mitschnitte seien an die Regierungen Frankreichs, Deutschlands, Großbritanniens, der USA und Saudi-Arabiens weitergeleitet worden, so Erdogan. „Sie haben die Gespräche gehört und kennen sie.“ Die Operation sei aus den höchsten Ebenen der saudischen Regierung angeordnet worden, so Erdogan.

Was die Mitschnitte preisgeben, war nicht bekannt. Klar ist jedoch, dass die Türkei damit den Druck auf Saudi-Arabien noch einmal erhöht. Die USA müssen sich demnächst entscheiden, wie in der Causa mit dem Verbündeten Riad verfahren wird. US-Präsident Donald Trump besprach am Wochenende mit Erdogan die Lage. Trump will sich laut Aussagen des Weißen Hauses im Laufe der Woche über eine angemessene Antwort Washingtons klar werden.