Redaktionsgebäude der Kronenzeitung
ORF.at/Michael Baldauf
Zeitungsbeteiligungen

Was Benko mit „Krone“ und „Kurier“ vorhat

Rene Benko steigt über seine Signa Holding bei „Kronen Zeitung“ und „Kurier“ ein, wie am Montag überraschend bekanntgegeben worden ist. Bisher war Benko vor allem im Immobilien- und Einzelhandelsbereich tätig. Benko begründete seinen Einstieg bei der „Krone“- und „Kurier“-Beteiligungsgesellschaft nun mit seiner Strategie, „einer der führenden Multichannel-Anbieter in Europa zu werden“.

Es handelt sich um sein erstes Medieninvestment. Der Einstieg von Signa geschieht über eine 49-prozentige Beteiligung an der WAZ Ausland Holding GmbH. Über diese hält die deutsche Funke-Gruppe 50 Prozent an der „Kronen Zeitung“ und fast die Hälfte am „Kurier“.

Funke-Geschäftsführer Michael Wüller sieht in Signa einen „starken Partner für unsere verlegerischen Aktivitäten in Österreich“. Benko und Wüller strichen in der gemeinsamen Aussendung die Herausforderung für die Branche durch die Digitalisierung hervor. Diese löse „die Grenzen zwischen traditionellen Geschäftsmodellen auf“, erklärte Benko. Sein Know-how „in der Transformation starker Marken“ werde er in die Partnerschaft einbringen.

Immobilien-Investor Rene Benko
APA/Hans Klaus Techt
Benko hat seiner Signa nun noch Anteile an zwei großen Zeitungen hinzugefügt

Warten auf Kartellbehörde

Die Zusammenarbeit starte „nach Freigabe durch die zuständigen Kartellbehörden“, hieß es in der Aussendung am Montagvormittag über den Signa-Einstieg weiter. Signa hielte dann umgerechnet 24,22 Prozent am „Kurier“ und 24,5 Prozent an der „Krone“. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.

Grafik zeigt ausgewählte Benko-Beteiligungen
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Vonseiten der Raiffeisen-Holding gab man sich am Montag gelassen. Raiffeisen werde im „Kurier“ weiterhin „die klare Mehrheitsposition von 51 Prozent“ haben, es werde sich somit nichts ändern, sagte der Chef der Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien und „Kurier“-Aufsichtsratschef Erwin Hameseder der APA.

Raiffeisen sei von der Vereinbarung zwischen Funke und Signa kurzfristig informiert worden, so Hameseder weiter. „Meines Wissens ist es so, dass nach wie vor Funke selbst in der Österreich-Holding die alleinige Kontrolle hat. Unter dieser Voraussetzung ändert sich nichts.“

„Kein Kommentar“ von Christoph Dichand

Ebenso wichtig sei, so Hameseder, „dass es mit der ‚Krone‘ in der Mediaprint weiterhin eine sehr gute Zusammenarbeit gibt“. Die Mediaprint ist die gemeinsame Verlagstochter von „Kronen Zeitung“ und „Kurier“. Keinen Kommentar gab es von Christoph Dichand, wie es am Montag auf APA-Anfrage im Büro des „Krone“-Chefredakteurs und -Herausgebers, der die Familie im Gesellschafterausschuss vertritt, hieß.

Auffällig ist, dass der Signa-Einstieg publik wurde, kurz nachdem das Erbe von „Krone“-Gründer Hans Dichand geregelt wurde – acht Jahre nach seinem Tod. Helga Dichand und ihre drei Kinder Michael, Johanna und Christoph übernahmen Ende September „im Erbwege zu gleichen Teilen“ den 50-Prozent-Anteil Dichands an der „Krone“. Die vier Erben halten damit je 12,5 Prozent an Österreichs größter Zeitung. Über einen entsprechenden Eintrag im Firmenbuch berichtete die Rechercheplattform Dossier.

Streit seit 2000er Jahren

Die Funke-Gruppe ist seit 1987 bei der „Kronen Zeitung“ an Bord, seit 1988 beim „Kurier“ – damals firmierte der Konzern noch als „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ („WAZ“). Diese Fifty-fifty-Konstellation bei der „Kronen Zeitung“ war nicht unproblematisch. Seit Jahren schwelt ein Gesellschafterkonflikt, der immer wieder vor Schiedsgerichten endete. Die Dichands und ihr deutscher Partner Funke lagen ja seit Anfang der 2000er Jahre im Streit über die strategische Ausrichtung und Führung der Tageszeitung. Dieser nahm auch nach dem Tod Hans Dichands im Juni 2010 kein Ende. Seither wird das Blatt von Christoph Dichand geführt.

Benko kauft sich bei Medien ein

Rene Benko ist mittlerweile die achtreichste Person in Österreich. Was treibt ihn bei dem Einstieg in die „Kronen Zeitung“ und den „Kurier“ an?

Gerüchte über einen Verkauf der Funke-Anteile machen regelmäßig die Runde. In diesem unharmonischen Gleichgewicht könnte der Signa-Deal eine neue Dynamik schaffen. Die lange Dauer des Verlassenschaftsverfahrens dürfte jedoch laut Kennern der Familie vor allem auf die umfangreiche Kunstsammlung Dichands zurückzuführen sein.

Auch APA-Gebäude in der Nachbarschaft

Bekannt wurde die Regelung der Dichand-Erbschaft im Zuge einer Crowdfunding-Kampagne von Dossier. Die Rechercheplattform will anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der „Krone“-Ära Dichand im April 2019 erstmals ein Printmagazin auf den Markt bringen, das sich monothematisch mit der „Großmutter aller österreichischen Boulevardzeitungen“ beschäftigt, wie es bei der Dossier-Veranstaltung hieß.

Benko erwarb erst kürzlich auch den APA-Turm in Wien-Heiligenstadt in der Gunoldstraße im 19. Bezirk – direkt gegenüber der „Kronen Zeitung“ mit der Adresse Muthgasse 2. Und auch der „Kurier“ logiert seit 2014 in der unmittelbaren Nachbarschaft.

Benkos neuer Kaufhausriese in Deutschland

Signa ist vor allem als Immobilienunternehmen bekannt, stieg allerdings auch bei Warenhäusern ein. So gaben erst letzte Woche die deutschen Wettbewerbshüter den Weg für einen neuen Warenhausriesen in Deutschland frei. Das deutsche Bundeskartellamt habe keine Bedenken gegen eine Fusion von Benkos Karstadt und Kaufhof, wie die Behörde am Freitag in Bonn mitteilte. Der kanadische Kaufhof-Eigner HBC begrüßte die Entscheidung – diese sei ein „wichtiger Schritt“ für den Vollzug der Transaktion.

Erst im Sommer hatte Signa die Möbelkette kika/Leiner erworben. Die ehemalige Konzernmutter Steinhoff hatte die Möbelhäuser immer tiefer in die Krise geritten. Mitte Juni verkaufte der südafrikanische Einzelhandelskonzern Steinhoff in einer Notaktion seine Tochter kika/Leiner dann an Signa. Rechnet man den Kaufpreis von 490 Mio. Euro für die Immobilien und einen Sanierungsbeitrag von über 100 Mio. Euro zusammen, so ließ sich Signa den Deal über 600 Mio. Euro kosten.

Zu Benkos Netzwerk zählen STRABAG-Gründer Hans-Peter Haselsteiner, der frühere Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ), Airliner Niki Lauda, Wüstenrot-Chefin Susanne Riess, Novomatic-Gründer Johann Graf, der Berater Roland Berger und auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), mit dem er – zusammen mit einer Wirtschaftsdelegation – in die Vereinten Arabischen Emirate (VAE) reiste.