Explosion in Gaza
Reuters/Ahmed Zakot
Israel – Gaza

Mehrere Tote nach gegenseitigem Beschuss

Der Konflikt in Nahost eskaliert erneut. Militante Palästinenser haben nach israelischen Armeeangaben seit Montag rund 400 Raketen und Mörsergranaten aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert. Als Reaktion griff die israelische Armee mehr als 100 Ziele der radikalislamischen Hamas an. Laut einem Militärsprecher Israels handelt es sich um die intensivsten Angriffe seit dem Gaza-Krieg 2014.

Das Abwehrsystem „Iron Dome“ (Eisenkuppel) habe mehr als 100 der Geschoße abgefangen. Die Lage eskalierte, nachdem ein Einsatz einer israelischen Spezialeinheit im Gazastreifen am Sonntag fehlgeschlagen war. Dabei waren sieben militante Palästinenser und ein israelischer Offizier getötet worden. Nach Darstellung der Hamas wollte Israel den Hamas-Kommandanten Nur Baraka entführen und töten. Israels Armee beschwichtigte: „Das war weder ein Tötungsversuch noch ein Entführungsversuch.“ In einer Mitteilung hieß es lediglich, während eines Einsatzes sei es zu einem Schusswechsel gekommen.

In der Nacht auf Dienstag habe Israel über 100 Ziele der im an der Küste gelegenen Gazastreifen herrschenden radikalislamischen Hamas sowie der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad angegriffen, sagte der Armeesprecher. An den Angriffen seien Panzer, die Luftwaffe und die Marine beteiligt gewesen. Unter anderem seien Waffenlager und unterirdische Infrastruktur getroffen worden. Laut der israelischen Zeitung „Haaretz“ waren darunter auch Sicherheitseinrichtungen und ein Kindergarten.

Schäden nach Raketenbeschuss in Israel
Reuters/Suhaib Salem
Nach dem Raketenbeschuss war die Hamas-TV-Station zerstört

Fernsehsender der Hamas getroffen

Der israelische Armeesprecher sagte, es seien vier große Gebäude der Hamas getroffen worden, darunter der Fernsehsender al-Aksa, ein Gebäude der Hamas-Sicherheitskräfte in Gaza sowie eine Einrichtung des Militärgeheimdienstes. Die Angestellten des Senders hatten vor dem Bombardement die Fernsehstation verlassen, nachdem Israel al-Aksa TV telefonisch zur Evakuierung des Gebäudes aufgefordert hatte. Außerdem warnte die Luftwaffe vor dem Angriff mit dem Abfeuern von fünf Raketen, die in der Nähe einschlugen und nicht detonierten.

Die Gewalt in Nahost eskaliert

Nachdem am Montag die radikalislamische Hamas Raketen auf Israel abgefeuerte hatte, reagierte die israelische Armee in der Nacht auf Dienstag mit Luftangriffen gegen Ziele im Gazastreifen.

Al-Aksa nahm nach einer kurzen Unterbrechung den Betrieb wieder auf und sendete Archivaufnahmen zu martialischer Musik. Wie das palästinensische Gesundheitsministerium in Gaza mitteilte, wurden bei den israelischen Angriffen im Gazastreifen fünf Menschen getötet, davon mindestens vier militante Palästinenser. Wie am Dienstagabend bekanntwurde, verkündeten die Palästinenser eine einseitige Waffenruhe. Ein Sprecher von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu äußerte sich zunächst nicht dazu.

Die israelische Armee hatte zuvor mitgeteilt, dass die Luftwaffe einen Palästinenser in einer Gruppe beschossen habe, die zuvor Geschoße auf Israel abgefeuert habe. Zu möglichen Toten machte sie keine Angaben. In der israelischen Stadt Aschkelon starb ein Mensch, als eine aus dem Gazastreifen abgefeuerte Rakete in sein Haus einschlug. Auf beiden Seiten gab es Verletzte.

Israel: Angriffe auf Tel Aviv möglich

Nach israelischen Informationen verfügt die Hamas über ein Arsenal von rund 20.000 Raketen und Mörsergranaten verschiedener Reichweite. Einige davon könnten die größten israelischen Städte Tel Aviv und Jerusalem erreichen und sogar Ziele darüber hinaus, sagte Conricus. „Leider ist die Hamas noch lange nicht am Ende ihrer Fähigkeiten angelangt“, sagte er. „Es ist eher die Frage, welchen Preis sie bereit sind zu zahlen.“

Schäden nach Raketenbeschuss in Israel
Reuters/Ronen Zvulun
In der israelischen Stadt Aschkelon schlugen mehrere Raketen der Hamas ein

Er warf der Hamas vor, die eigene Bevölkerung gezielt als „menschliche Schutzschilde“ zu missbrauchen. „Die Hamas initiiert die Gewalt und bringt Zerstörung über den Gazastreifen.“ Die Führung selbst sei in den Untergrund gegangen. Die Hamas veröffentlichte ein Video, das den Angriff mit einer Panzerabwehrrakete auf einen israelischen Bus zeigen soll. Bei dem Beschuss am Montag war ein israelischer Soldat schwer verletzt worden.

Grafik zum Gaza-Konflikt
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/OCHA/IDF/BBC/CIA Factbook

Palästinenser verkünden einseitige Feuerpause

Laut „Times of Israel“ plant die israelische Armee weitere Angriffe gegen die Hamas. Es gebe noch „ausreichend Raum für zusätzliche Ziele“, wurde ein Sprecher der Streitkräfte zitiert. „Wir haben der Hamas im Laufe dieser Nacht signalisiert, dass wir die Intelligenz und die Fähigkeit haben, verschiedene militärische Ziele zu treffen.“ Außerdem habe die Armee bereits ihre Reservisten aufgerufen, sich auf einen Einsatz vorzubereiten. Ob sie dann tatsächlich eingesetzt werden, ist laut „Times of Israel“ aber noch nicht fix.

Militante Palästinensergruppen und die Hamas verkündeten indes im Gazastreifen eine Feuerpause mit Israel. Von israelischer Seite gab es zunächst keine Stellungnahme. Ägypten habe die Rückkehr zu einer entsprechenden Vereinbarung vermittelt, teilten die Hamas und andere militante Palästinenserorganisationen in Gaza mit.

Guterres ruft zu Zurückhaltung auf

Seit März sind bei teilweise gewaltsamen Protesten an der Gaza-Grenze zu Israel nach Angaben des Hamas-Gesundheitsministeriums mehr als 220 Palästinenser und Palästinenserinnen getötet worden. Die Demonstranten fordern eine Aufhebung der bestehenden Gaza-Blockade und eine Rückkehr palästinensischer Flüchtlinge in Gebiete, die heute zu Israel gehören. Im Gazastreifen leben mehr als zwei Millionen Menschen. Die Hamas wird von den USA, der EU und Israel als Terrororganisation eingestuft. Ägypten bemüht sich seit Monaten um eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas.

Raketenabwehrsystem in Israel
Reuters/Amir Cohen
Das Abwehrsystem „Iron Dome“ fängt Raketen der Hamas ab

Die neue Welle der Gewalt stellt Bemühungen Ägyptens, Katars und der UNO infrage, einen Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas zu vermitteln. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres rief nach Angaben eines Sprechers alle Beteiligten zu äußerster Zurückhaltung auf. Ein Sprecher des militärischen Hamas-Flügels drohte mit neuen Angriffen auf weiter entfernte israelische Ziele. Die radikalislamische Palästinenserorganisation forderte eine internationale Untersuchung der israelischen Angriffe „auf zivile Einrichtungen“. Israels Sicherheitskabinett wollte am Dienstag über das Vorgehen beraten.