Eine offene Tür beim U-Ausschuss zur Causa BVT
ORF.at/Roland Winkler
Rechtsextremer Security

Krach um Verantwortung

Am Freitag ist bekanntgeworden, dass ein Rechtsextremer aus dem nahen Umfeld des mehrfach verurteilten Neonazis Gottfried Küssel als Security im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur BVT-Affäre gearbeitet hat. Nun läuft das gegenseitige Schuldzuweisen – das Innenministerium sieht keine Verantwortung bei sich, die Parlamentsdirektion reagiert darauf mit Verwunderung.

Das Innenressort wies am Samstag die Darstellung zurück, dass der Sicherheitsmitarbeiter im BVT-U-Ausschuss vom Verfassungsschutz selbst sicherheitsüberprüft worden sei. Es habe keinen entsprechenden Antrag des Parlaments gegeben, sagte die Generaldirektorin für die öffentliche Sicherheit, Michaela Kardeis.

Kardeis widerspricht damit den Angaben des betroffenen Unternehmens G4S und der Parlamentsdirektion. Deren Sprecher Karl-Heinz Grundböck hatte am Samstag im Ö1-Morgenjournal die Verantwortung für die Einsetzung des Mannes von sich gewiesen, weil die Prüfung den Sicherheitsbehörden, und damit letztlich dem Innenministerium, obliege – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Die Generaldirektorin für die öffentliche Sicherheit, Michaela Kardeis
APA/EXPA/Michael Gruber
Kardeis wurde von Minister Kickl mit der sofortigen Klärung des Falles beauftragt

Zuverlässigkeits- statt Sicherheitsüberprüfung

Für Mitarbeiter von Bewachungsunternehmen sei rechtlich gar keine Sicherheitsüberprüfung nach dem Sicherheitspolizeigesetz vorgesehen, sondern lediglich eine Zuverlässigkeitsüberprüfung nach der Gewerbeordnung, erklärte dagegen Kardeis, die von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) nach Bekanntwerden der Vorwürfe mit einer sofortigen Klärung beauftragt worden war. Diese Überprüfung habe nicht das BVT, sondern die Landespolizeidirektion Wien auf Antrag des Unternehmens durchgeführt.

„Die Überprüfung ist im Februar erfolgt, das Ergebnis wurde dem Unternehmen Ende Februar mitgeteilt“, meinte Kardeis. Die Überprüfung erfolge auf Basis des Elektronischen Kriminalpolizeilichen Informationssystems (EKIS). Dort fließen Informationen über gerichtliche Verurteilungen, Fahndungen, kriminalpolizeiliche Abschlussberichte an die Staatsanwaltschaft sowie erkennungsdienstliche Daten zusammen.

Rechtsextremer Security: Streit über Verantwortung

Streit gibt es über die Verantwortung für einen privaten Sicherheitsmitarbeiter mit Neonazi-Kontakten, der beim BVT-U-Ausschuss im Parlament eingesetzt war.

Strengere Prüfung nur auf Antrag

Mitarbeiter, die in verfassungsmäßigen Einrichtungen wie dem Parlament oder in Unternehmen, die kritische Infrastruktur betreiben, eingesetzt werden, könnten darüber hinaus durch das BVT sicherheitsüberprüft werden, hieß es in der Aussendung des Innenministeriums. Dabei würden zusätzliche Register und Quellen abgefragt. Eine solche strengere Prüfung hätte im konkreten Fall nur die Parlamentsdirektion in Auftrag geben können, betonte Kardeis. „Nach Auskunft des BVT wurde aber für die betreffende Person kein Antrag gestellt und daher auch nie eine Sicherheitsüberprüfung durchgeführt.“

„Die Parlamentsdirektion nimmt die Darstellung des Innenministeriums zur Kenntnis“, reagierte wiederum Grundböck. „Wir erlauben uns aber festzuhalten, dass das Innenministerium damit bestätigt, dass eine Prüfung der Sicherheitsbehörden die Zuverlässigkeit dieses Mitarbeiters eines Sicherheitsunternehmens bestätigt hat.“

Parlamentsdirektion: „Keine Frage von Semantik“

Auf die Anmerkung aus dem Innenministerium, dass das Parlament eben einen Antrag beim BVT hätte stellen müssen, erwiderte Grundböck: „Das ist für die Parlamentsdirektion keine Frage von Semantik.“ Übrig bleibe, dass „eine Sicherheitsbehörde nach einer behördlichen Prüfung eine Zuverlässigkeit bestätigt“ habe – das Sicherheitsunternehmen und das Parlament müssten in diesem Fall darauf vertrauen können, dass dieser Mitarbeiter auch zuverlässig eingesetzt werden könne.

Ruf nach Aufklärung aus allen Parteien

Werner Amon, Fraktionsführer der ÖVP im BVT-U-Ausschuss zeigte sich am Samstag entsetzt: „Personen mit rechtsradikaler Gesinnung und Kontakt zu verurteilten Wiederbetätigern haben in sensiblen Bereichen des Parlaments nichts verloren.“ Es müsse das System der Sicherheitsüberprüfung hinterfragt werden, sagte er.

SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer forderte eine Überprüfung des politischen Netzwerks und der Kontakte des Mitarbeiters der Firma. Es sei auch aufzuklären, ob es überhaupt ein Zufall war, dass ausgerechnet dieser Mitarbeiter gerade für den BVT-Ausschuss eingesetzt wurde. Grundsätzlich zeige der skandalöse Vorfall, dass die Privatisierung von öffentlichen Sicherheitsaufgaben der falsche Weg sei.

Liste Pilz und NEOS hatten bereits am Freitag auf Aufklärung gedrängt. Peter Pilz sprach von einem „Sicherheitsgau“ und will nun den zuständigen Abteilungsleiter des BVT ebenso als Auskunftsperson in den U-Ausschuss laden wie den Chef der Sicherheitsfirma. Eine rasche Verschärfung der Sicherheitsvorkehrungen rund um den Untersuchungsausschuss forderte NEOS-Mandatarin Stephanie Krisper. „Es ist vollkommen unverständlich, wie jemand mit Verbindungen zur rechtsextremen Szene für Sicherheit in einem U-Ausschuss sorgen soll, in dem es auch um verdeckte Ermittler im rechtsextremen Bereich geht.“

Sobotka plant Sonderpräsidiale

FPÖ-Fraktionsführer Hans-Jörg Jenewein forderte auch volle Aufklärung und sah dabei die Parlamentsdirektion und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) am Zug. Er wolle wissen, wie lange der Mann schon im Parlament tätig war, seit wann er im U-Ausschuss eingesetzt wurde und zu welchen Räumlichkeiten und Informationen er Zutritt hatte.

Auch Sobotka selbst sprach sich für „restlose Aufklärung“ aus. „Derartiges Gedankengut ist inakzeptabel und hat vor allem in einem Untersuchungsausschuss nichts verloren“, sagte Sobotka bezüglich des rechtsextremen Security-Mitarbeiters. Er werde den Kontakt zu den Fraktionen suchen, um kommende Woche in einer Sonderpräsidiale zu beraten, „wie ein solcher Fall künftig verhindert werden kann“.