Schweisser bei der Arbeit
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3,46 Prozent mehr

Metaller-KV-Einigung hinterlässt Schrammen

Bei der siebten Verhandlungsrunde nach insgesamt 64 Stunden ist Sonntagabend der Durchbruch beim Metaller-Kollektivvertrag gelungen. Damit sind nun von der Gewerkschaft angedrohte Streiks vom Tisch. Doch die Verhandlungen haben bei den Sozialpartnern Schrammen hinterlassen. Das zeigte sich auch bei der Verkündung der Einigung. Beide Seiten gaben getrennt ihr Statement ab.

Gespießt hatte sich die Einigung vor allem an einem von den Arbeitnehmern geforderten Bonus für den Zwölfstundentag. Die KV-Einigung wurde für die Metalltechnische Industrie (FMTI) mit 130.000 Beschäftigten erzielt. Der Abschluss gilt grundsätzlich für alle Lohnrunden – und speziell für 60.000 weitere Metaller in anderen Teilbereichen – als richtungsweisend.

Die Arbeitnehmervertreter hatten fünf Prozent mehr Lohn gefordert, im Durchschnitt steigen die Löhne nun um 3,46 Prozent. Die Lohn-/Gehaltssteigerung ist gestaffelt zwischen 3,0 bei den höchsten Einkommen und 4,3 Prozent bei den Mindestlöhnen. Das neue Mindestgrundgehalt liegt nun bei 1.928 Euro. Die Lehrlingsentschädigungen steigen im Schnitt um zehn Prozent. Nicht kommen wird die von den Gewerkschaften geforderte sechste Urlaubswoche.

Zwölfstundentag „verteuert“

„Wir haben für die Arbeitszeit einfach etwas gebraucht“, sagte Pro-Ge-Chef Rainer Wimmer als Vertreter der Arbeitnehmer zu den Zugeständnissen der Arbeitgeber im Rahmenrecht: „Die Bundesregierung hat es möglich gemacht, dass zwölf Stunden angeschafft werden können, ohne dass sich die Arbeitnehmer wehren können.“

PRO-GE-Chef Rainer Wimmer und der Chef der GPA-djp Karl Dürtscher
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Die Arbeitnehmervertreter Wimmer (li.) und Dürtscher vor der siebten Verhandlungsrunde am Sonntag

Nun gibt es ab 1. Juli 2019 – und damit nicht rückwirkend wie bei der Entgelterhöhung – Zuschläge von 100 Prozent für die elfte und zwölfte Arbeitsstunde bzw. ab der 51. Wochenstunde. Wimmer: „Das heißt, wir haben sie verteuert.“ Darüber hinaus soll es eine bezahlte Pause von zehn Minuten geben, wenn jemand die elfte und zwölfte Stunde beziehungsweise die 51. Stunde in der Woche arbeiten muss. Das sei ein wesentliches Element bei den Verhandlungen gewesen, so Wimmer. Bei der Nachtarbeit steigen die Zulagen jährlich über vier Jahre um jeweils rund sieben Prozent.

Georg Ransmayr zum Verhandlungsergebnis

Der Kompromiss zwischen den Sozialpartnern orientiert sich an der Aufteilung des Wirtschaftswachstums, Abgeltung der Inflation und einem Überstundenzugeständnis.

„Ordentliches Ergebnis“

Pro-Ge-Chef Rainer Wimmer spricht auf Arbeitnehmerseite von einem „ordentlichen und guten Ergebnis“. Der leitende ÖGB-Sekretär Bernhard Achitz zeigte sich zufrieden mit den Lohnerhöhungen. Man habe einen Ausgleich finden müssen für das neue Arbeitszeitgesetz, begründete Achitz den hohen Abschluss. Der Sprecher der Arbeitgeberverhandler, Christian Knill, sieht einen Abschluss, der „letztendlich doch deutlich unter dem Forderungspaket der Gewerkschaften“ ausfiel, aber trotzdem genug koste. Die Arbeitgeber stellen das Ergebnis als an der Schmerzgrenze dar.

Veit Schmid-Schmidsfelden, Verhandler auf Arbeitgeberseite
APA/Georg Hochmuth
Veit Schmid-Schmidsfelden verhandelte auf der Seite der Arbeitgeber

Knill sieht das „Paket als klare Anerkennung für unsere Arbeitnehmer“. Die Entgelterhöhung liege deutlich über der Inflation. Chefverhandler auf Arbeitgeberseite, Veit Schmid-Schmidsfelden, hob die „signifikante Erhöhung der Lehrlingsentgelte“ hervor. Dadurch solle die Lehre in ihrer Attraktivität gesteigert werden. Die Nachtzulagen in der Schichtarbeit bezeichnete er als „überproportionale Erhöhung“.

Zudem gehe das Flexibilitätsmodell in der Metalltechnischen Industrie – das Zeitkontenmodell – das schon vor Jahren eingeführt wurde, „nun unbefristet in den Kollektivvertrag ein“. Mitverhandler Stefan Ehrlich-Adam nahm auf Seiten der Arbeitgeber auch die Regierung in die Pflicht und forderte eine Reduktion der Lohnnebenkosten.

Verhältnis „abgekühlt“

Die diesjährigen Kollektivvertragsverhandlungen sind zäh verlaufen. Laut Knill, Fachverbandsobmann der FMTI, ist das Verhältnis zu den Gewerkschaten „abgekühlt“. Er forderte einmal mehr, dass der Verhandlungsmodus mit den Gewerkschaften geändert werden müsse. Die Gewerkschafter hingegen meinten, gegen eine „Abwehrhaltung“ der Arbeitgeber angekämpft zu haben.

Kopf sieht keine Signalwirkung für Handel

Von einem „sehr hohen Abschluss“ und „hart an der Grenze dessen, was die Betriebe verkraften können“, spracht Wirtschaftskammer-Generalsekretär Karlheinz Kopf Sonntagabend. In der ORF-Sendung "Im Zentrum kritisierte er, dass „eine Vermischung stattgefunden hat zwischen dem, was Regierung und Parlament beschlossen haben an Arbeitszeitregelung und den Arbeitnehmervertretern nicht gefallen hat“ und dass die Unternehmen von Warnstreiks gewesen seien.

Es sei nun aber gut ausgegangen und der Abschluss sei ein Zeichen, dass die Sozialpartnerschaft in ihrem Kernbereich funktioniert. Laut Kopf habe der hohe Metaller-Abschluss keine Signalwirkung auf Handel und Gewerbe.

Gewerkschaft stellte Streik in Aussicht

Hätte es am Sonntag keine Einigung gegeben, hätte die Gewerkschaft bereits am Montag mit Streik begonnen. Ein Streiktag in der Metalltechnischen Industrie kostet zwischen 30 und 50 Millionen Euro. Anfang vergangener Woche hatte es bereits in einigen Betrieben Warnstreiks gegeben. Während Wimmer diese Maßnahmen nicht als Zeichen gegen die Regierung verstanden haben wollte, war der Politologe Peter Filzmaier anderer Meinung. Die aktuellen Warnstreiks hätten einen starken politischen Rahmen, sagte er kürzlich gegenüber Ö1.


   KV-Erhöhungen und maßgebliche Inflation seit 2014 – Säulengrafik
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/Statistik Austria

Der Arbeitgeberseite bei den Metallern könne man vorwerfen, von der wirtschaftsliberalen Gesinnung der Regierung zu wissen und den gegebenen Spielraum nutzen zu wollen. Umgekehrt könne man der Gewerkschaft vorwerfen, in die Oppositionsrolle zu schlüpfen. Hier könnte es auch innerhalb der SPÖ darum gehen zu zeigen, wie wichtig man innerhalb der Sozialdemokratischen Partei sei, mutmaßte Filzmaier.

Gratulation von Rendi-Wagner

Es gehe auch um die Frage, wie stark die Gewerkschaft die Organisationsarbeit in der SPÖ mit übernehmen solle. Denn sie sei „der stärkste Teil, den die SPÖ überhaupt noch hat“. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner gratulierte den Sozialpartnern Sonntagabend auch zu ihrer Einigung: „Der Einsatz der Gewerkschaft wurde belohnt.“

Und schließlich sei die Sozialpartnerschaft nicht mehr so gut eingebunden, wie bei SPÖ-ÖVP-Koalitionen, ergänzte Filzmaier. Die FPÖ stelle zudem die Sozialpartnerschaft grundsätzlich infrage, gab der Politikwissenschaftler zu bedenken.