EGMR: Türkei muss Oppositionellen Demirtas freilassen

Die Türkei muss den seit zwei Jahren inhaftierten Oppositionspolitiker Selahattin Demirtas nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) so schnell wie möglich aus der Untersuchungshaft entlassen.

Demonstrantin in Ankara hält ein Bild von Oppositionspolitiker Selahattin Demirtas
Reuters/Umit Bektas

Das entschied das Gericht heute in Straßburg (Beschwerdenummer 14305/17). Zwar habe für die Verhaftung ein begründeter Verdacht bestanden, doch sei die Länge der Untersuchungshaft nicht gerechtfertigt, hieß es.

Aus Gefängnis heraus zur Wahl angetreten

Der ehemalige Chef der prokurdischen Oppositionspartei HDP sieht sich aus politischen Gründen verfolgt und hatte Beschwerde gegen seine Untersuchungshaft eingelegt.

Demirtas war im November 2016 unter Terrorvorwürfen verhaftet worden. Der 45-Jährige trat bei der Wahl im Juni aus dem Gefängnis heraus als Kandidat gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan an. Demirtas erreichte mit 8,4 Prozent der Stimmen den dritten Platz.

Gericht sieht Eingriff in Meinungsfreiheit

Die Richter urteilten nun, dass die Tatsache, dass Demirtas nicht seiner Arbeit in der Nationalversammlung nachkommen konnte, unter anderem einen unrechtmäßigen Eingriff in die Meinungsfreiheit darstelle.

Die Inhaftierung Demirtas’, insbesondere während der Präsidentschaftswahl und des umstrittenen Referendums für den Übergang von einem parlamentarischen in ein Präsidialsystem, habe das eigentliche Ziel gehabt, Pluralismus zu ersticken und die Freiheit der politischen Debatte einzugrenzen, befand das Gericht.

Der Gerichtshof hat daher entschieden, dass die Türkei Demirtas so schnell wie möglich aus der Untersuchungshaft wegen der aktuellen Vorwürfe entlassen muss – es sei denn, die Türkei trage neue Gründe und Beweise für die Inhaftierung vor.