Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP)
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Bankenaufsicht

Umstrittene Reform auf Schiene

Jetzt ist es offiziell: Die Bankenaufsicht wandert künftig unter das Dach der Finanzmarktaufsicht (FMA). Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB), die bisher gemeinsam mit der FMA für die Aufsicht zuständig war, verliert ihre Kompetenz in diesem Bereich. Das gaben Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) und Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ) am Dienstag bekannt.

Ziel sei vor allem der Abbau von Doppelgleisigkeiten und Überschneidungen, sagte Löger. Außerdem sollen Regulierung und Aufsicht stärker getrennt werden. Die Rolle als Regulator werde künftig von Finanzministerium und Parlament wahrgenommen, sagte Löger. Die Notenbank halte hingegen die Kompetenz im Bereich der Finanzmarktstabilität. Bei Krisen und zur Früherkennung von systemischen Risiken kann sie der FMA Prüfaufträge geben.

„Die Legistik wird künftig von der FMA abgezogen, die Aufsicht über die Einhaltung der Regeln obliegt aber natürlich weiter der FMA“, so Fuchs bei der Präsentation der Pläne in Wien. Im Zuge der Umstrukturierung sollen die betroffenen 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von der OeNB zur FMA übersiedeln. Teilweise könne das auch mit Überlassungen geschehen, sagte Löger.

Sitz der Österreichischen Finanzmarktaufsicht in Wien
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Rund 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen übersiedeln

Die FMA wiederum soll nach den Plänen der Koalition künftig stärker kontrolliert werden. Der Aufsichtsrat soll gestärkt und mit „unabhängigen Experten aus der Wirtschaft“ besetzt werden, wie Fuchs sagte. Auch seine inhaltliche Kompetenz soll ausgeweitet werden, und zwar um die Bereiche Budget und strategische Planung. Man will damit zehn Millionen Euro pro Jahr einsparen. Die Reform soll am Mittwoch im Ministerrat beschlossen werden. Wirksam werden soll die Reform im Laufe des kommenden Jahres.

Strache-SMS zu Posten im Hintergrund

Die Zahl der Direktoriumsmitglieder der Nationalbank bleibt unverändert bei vier. In dieser Frage hatte eine versehentlich öffentlich gewordene SMS von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) vergangene Woche für Aufsehen gesorgt. Strache hatte darin befürchtet, dass das Direktorium wegen der Auslagerung der Bankenaufsicht auf drei Mitglieder verkleinert würde. Der Vizekanzler beanspruchte den vierten Posten aber für die FPÖ.

Hintergrund sind die Neubesetzungen in der Nationalbank: Als Nachfolger des Gouverneurs hatte sich die Koalition auf den Banker Robert Holzmann geeinigt, der der FPÖ zugeordnet wird. Strache hatte bei einem dreiköpfigen Gremium befürchtet, dass Holzmann überstimmt werden könnte. Bei vier Direktoren hat er bei Stimmengleichheit die Entscheidungsbefugnis.

Staatssekretär Hubert Fuchs
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Staatssekretär Fuchs sprach von „inhaltlichen Überlappungen“ bei OeNB und FMA

Am Dienstag sagte Löger nun, dass eine Verkleinerung nie ein Diskussionspunkt gewesen sei. Staatssekretär Fuchs verwies zudem auf eine neue Kompetenzstelle zur Finanzmarktstrategie: „Es wandert zwar etwas ab, aber es kommt auch etwas dazu.“

Die FMA begrüßte „jeden Schritt, der die Aufsicht über den österreichischen Finanzmarkt stärkt, verbessert und optimiert und den integrierten Aufsichtsansatz stärkt“, sagte Sprecher Klaus Grubelnik gegenüber der APA. Mit der OeNB werde man weiterhin eng und gut zusammenarbeiten.

Stimmung in OeNB „sehr aufgebracht“

Die Belegschaft der OeNB lehnt die Pläne hingegen ab. Ein entsprechender Beschluss wurde am Dienstagvormittag gefasst, wie die Vorsitzende des Wiener OeNB-Betriebsrats, Birgit Sauerzopf, gegenüber der APA bestätigte. Der Beschluss fiel einstimmig aus.

An der Betriebsversammlung am Wiener OeNB-Standort nahmen laut Angaben des Betriebsrats rund 200 Mitarbeiter teil. „Die Stimmung war sehr aufgebracht“, schilderte Sauferzopf. Die Gründe für die Reform seien unklar. Das aktuelle System sei sehr gut einspielt, und international gehe der Trend eher in Richtung Stärkung der Zentralbanken, sagte die Arbeitnehmervertreterin.

Ob und inwiefern ein Wechsel in die FMA zu einer Schlechterstellung der betroffenen Mitarbeiter führen wird, lässt sich laut Sauerzopf noch nicht beantworten, weil es derzeit noch an konkreten Informationen mangle. „Wir sind nicht gut informiert worden“, kritisierte sie.

Nowotny: „Wehret den Anfängen“

Der noch von der SPÖ nominierte OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny hatte die Pläne zur Bankenaufsicht in den vergangenen Wochen mehrfach kritisiert und sich dafür ausgesprochen, diese bei der Nationalbank angesiedelt zu lassen. Auch nach der Bekanntgabe durch Löger und Fuchs blieb er skeptisch. Er habe mit dem Finanzminister telefoniert, habe aber bis jetzt keine konkreten inhaltlichen Informationen erhalten, so Nowotny. Das stelle für ihn eine sehr unübliche Vorgangsweise dar, sagte der OeNB-Gouverneur im Rahmen einer Pressekonferenz zum Finanzstabilitätsbericht.

Es gebe eine Tendenz der Regierung, die OeNB ein wenig als nachgeordnete Dienststelle zu sehen. „Da kann ich nur sagen: Wehret den Anfängen!“ Die Unabhängigkeit der Notenbank sei sehr wichtig und sei sehr sensibel zu sehen. Er erwarte, dass die Regelung der Unabhängigkeit der OeNB entspreche und ebenso den Regeln im Rahmen der Europäischen Zentralbank (EZB), sagte Nowotny.

Opposition mit Postenschacher-Vorwurf

SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer kritisierte die Pläne. Er bezeichnete das Vorhaben als „riskant, weil es im Krisenfall die Position der Zentralbank schwächt und offensichtlich von parteipolitischem Postenschacher getrieben“ sei. Löger will laut Krainer „den Banken und Versicherungen einen Gefallen tun, und dem FPÖ-Vizekanzler Strache ist das egal, solange er für die FPÖ genug Direktoren in der OeNB bekommt. Gemeinsam beschädigen sie die Stabilität des Finanzmarktes und die Integrität von OeNB und FMA.“

Laut NEOS-Finanzsprecher Sepp Schellhorn sei die Reform der Bankenaufsicht „wichtig und richtig“. Aber: „Wie so oft bekommt Schwarz-Blau keine Reform ohne Postenschacher hin.“ Strache habe „wichtige Posten für seine Parteigünstlinge in Nationalbank und FMA sichern“ können. Es sei überaus überraschend, dass sich die ÖVP bei einem für die Wirtschaft so wichtigen Thema derart von ihrem Koalitionspartner übervorteilen lasse.

Schellhorn sieht sich darin bestätigt, dass es der Regierung mehr um Machtpolitik und Posten als um die Krisensicherheit der Banken und die Versicherungsbranche gehe. NEOS hat dazu bereits eine parlamentarische Anfrage an Finanzminister Löger gestellt, in der unter anderem geklärt werden soll, wie groß nach Auffassung des Finanzministeriums der Einfluss der Parteipolitik auf Postenbesetzungen in der Bankenaufsicht ist. Jetzt-Klubobmann und Finanzsprecher Bruno Rossmann ortete unterdessen ein „hohes Risiko“ darin, die Bankenaufsicht von der OeNB wegzuverlagern.

WKÖ: „Gut für Finanzplatz“

Positiv beurteilt wird das Vorhaben auch in der Wirtschaftskammer-Bankensparte: Die Ziele der Reform seien „aus Sicht der gesamten heimischen Finanzbranche gut für den Finanzplatz Österreich“, sagte Franz Rudorfer, Geschäftsführer der Bundessparte Bank und Versicherung der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).

Die Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (KSW) befürwortet die Reform ebenfalls. Sie bringe „mehr Effizienz und Klarheit und damit allen geprüften Institutionen mehr Rechtssicherheit“, so KSW-Präsident Klaus Hübner in einer Aussendung. Positiv äußerten sich auch Industriellenvereinigung (IV) und Aktienforum.