EGMR-Urteil in Fall Demirtas für Erdogan „nicht bindend“

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat die Entscheidung des Straßburger Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zur Entlassung des prokurdischen Politikers Selahattin Demirtas als nicht bindend bezeichnet.

„Die Urteile des EGMR sind nicht bindend für uns. Wir machen einen Gegenzug und beenden die Sache“, sagte Erdogan nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu heute.

Was er damit meinte, ließ Erdogan offen. Die französische Nachrichtenagentur AFP übersetzte seine Äußerung mit: „Wir werden zurückschlagen und einen Schlusspunkt hinter diese Angelegenheit setzen“.

Urteil ordnet Freilassung an

Zuvor hatte der EGMR geurteilt, die Türkei müsse Demirtas so schnell wie möglich aus der Untersuchungshaft entlassen. Zwar habe für die Verhaftung ein begründeter Verdacht bestanden, doch sei die Länge der Untersuchungshaft von rund zwei Jahren nicht gerechtfertigt, hieß es.

Die Türkei als Mitglied des Europarats muss sich grundsätzlich an das EGMR-Urteil halten. Rechtskräftig ist es aber noch nicht. Beide Seiten können innerhalb von drei Monaten die Verweisung an die Große Kammer des EGMR beantragen.

Demirtas: Bin „politische Geisel“

Demirtas begrüßte die Anordnung seiner Haftentlassung durch das Menschenrechtsgericht in Straßburg und kritisierte Erdogan scharf. Das Urteil habe bestätigt, dass er als „politische Geisel“ gehalten werde, ließ Demirtas ausrichten. Es belege zudem, dass die türkischen Gerichte – inklusive das Verfassungsgericht – Rechtsverletzungen begangen hätten.