SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner
APA/Helmut Fohringer
Rendi-Wagner

Porträt: Erste Frau an Spitze der SPÖ

Die Wahl von Pamela Rendi-Wagner zur SPÖ-Vorsitzenden ist nichts Alltägliches: Die 47-Jährige ist die erste Frau an der Spitze in der mehr als 100-jährigen Geschichte der Partei. Und das, obwohl die ausgebildete Ärztin und bekennende Feministin erst seit gut eineinhalb Jahren Parteimitglied ist.

Ihr Start als SPÖ-Chefin verlief eher holprig, was vor allem dem Chaos rund um den zu diesem Zeitpunkt unerwarteten Rückzug von Christian Kern geschuldet war. Mit der Zusammenstellung ihres Teams verärgerte Rendi-Wagner dann auch gleich die steirische Landespartei, bei den Wienern und Burgenländern galt sie ohnehin nicht als Wunschkandidatin.

Ihren Förderer, Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser, vergraulte sie dann auch noch mit der Listenerstellung für die EU-Wahl. Zu guter Letzt ist das Krisenmanagement im Zusammenhang mit dem Sexismus-Sager des neuen Tiroler Vorsitzenden Georg Dornauer parteiintern nicht unumstritten.

Für das in den ersten Wochen zerschlagene Porzellan machen einige in der Partei allerdings weniger Rendi-Wagner als ihren Vertrauensmann Thomas Drozda verantwortlich. Dass die neue Chefin mit dem Bundesgeschäftsführer ein weiteres Signal in Richtung eher elitärer, links-liberaler Wähler aussendet, goutiert ohnehin nicht jeder in der Partei.

Klassische Herkunft

Dabei passt Rendis soziale und familiäre Herkunft sehr klassisch in die SPÖ. Die nunmehrige SPÖ-Chefin wuchs im Arbeiterbezirk Wien-Favoriten auf, lebte nicht allzu begütert im Gemeindebau und startete von dort eine Bilderbuchkarriere. Die „kleine Streberin“, wie sie sich selbst jüngst schilderte, marschierte mit besten Noten durch die Schule, wobei sie dasselbe Gymnasium wie später Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) absolvierte. Anschließend ging es an die Uni, wo sie mit Mitte 20 in Medizin promovierte. Die Facharztausbildung absolvierte sie in London.

Rendi-Wagner ist Expertin für Impfprävention, Reisemedizin und Infektionsepidemiologie und arbeitete über zehn Jahre wissenschaftlich am Institut für Tropenmedizin der Medizinischen Uni Wien. Danach verbrachte die Mutter von zwei Töchtern einige Jahre in Israel, wo sie als Gastprofessorin an der Universität Tel Aviv wirkte. Ihr Mann Michael Rendi war dort österreichischer Botschafter, später dann in Wien Kabinettschef Drozdas, als dieser unter Kern als Kanzleramtsminister diente.

Generaldirektorin für Gesundheit

Zu diesem Zeitpunkt war Rendi-Wagner längst zur Spitzenbeamtin aufgestiegen. Als Generaldirektorin für die öffentliche Gesundheit war die eloquente Expertin immer wieder öffentlich ausgerückt, um bei Gesundheitsfragen aller Art den jeweiligen Ressortchefs Fachwissen zuzuliefern. Nach dem Tod von Gesundheits- und Frauenministerin Sabine Oberhauser war Rendi-Wagner die logische Nachfolgerin, auch wenn die Frauenorganisation zunächst intern die Nase rümpfte, dass gerade eine Quereinsteigerin die Frauenagenden übernehmen durfte.

In Wahlkampf bewährt

Viel Zeit sich zu bewähren hatte Rendi-Wagner nicht, rief doch Kurz rasch zur Neuwahl. So schlecht der SPÖ-Wahlkampf insgesamt lief – die Quereinsteigerin bewährte sich. Vor allem die eigene Partei war überrascht davon, mit wie viel Verve und ohne Scheu vor Bürgerkontakt sich Rendi-Wagner in die Schlacht warf.

Die SPÖ meinte einen neuen Star gefunden zu haben und dankte ihr auch, dass sie nach der Wahl auf einen gut dotierten Posten im medizinischen Bereich verzichtete und lieber im Parlament Oppositionsarbeit lieferte, wobei sie Glück hatte, dass mit dem aufgehobenen Rauchverbot in der Gastronomie rasch ein Thema hochkam, das in ihren Fachbereich hineinspielte.

Viel Arbeit vor sich

Abseits des eigenen Themenfelds ließ Rendi-Wagner zunächst wenig aufhorchen. Zumindest eines scheint klar: Sie will sich von ihrem vormaligen Förderer Kern abkoppeln. Dass sie jüngst meinte, sie wisse nicht, ob ihrem Vorgänger für den Parteitag nicht noch ein Schnupfen in die Quere komme, war nicht unbedingt ein Ausdruck von Loyalität. Andererseits dankte sie ihm am Parteitag auf offener Bühne für die Chance, die er ihr gegeben hatte.

Rendi-Wagners Eignungstest für ihren neuen Posten beginnt spätestens mit Montag so richtig. Bis zur nächsten Nationalratswahl sind es noch fast vier Jahre, und bis dahin gilt es, die eigene Partei zu einer effektiveren Oppositionspartei als derzeit zu machen – und eine glaubwürdige und zugkräftige Alternative zur ÖVP-FPÖ-Koalition zu entwerfen. Das bedeutet jedenfalls viel Arbeit für Rendi.

Gegenentwurf zur Regierungsspitze

Mit ihrem eigenen Lebenslauf stellt die Medizinexpertin, zweifache Mutter und kurzzeitige Frauenministerin jedenfalls eine Gegenerzählung zu den gegenwärtigen Regierungsspitzen dar. Um reüssieren zu können, wird Rendi-Wagner aber eine geeinte Partei brauchen. Das herzustellen könnte eine genauso harte Aufgabe werden wie die Auseinandersetzung mit der Regierung. Eines kann man ihr nach ihrer bisherigen Performance wohl glauben: Sie wird, wie am Parteitag versprochen, schuften, rackern und rennen, um Österreichs erste Bundeskanzlerin zu werden.