Vertrocknete Erde
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UNO-Bericht

Viel zu wenig Ehrgeiz bei Klimaschutz

Ob die aktuellen Klimaziele – mit entsprechender Reduktion der Treibhausgasemissionen – tatsächlich erreichbar sind, ist unklar. Fakt ist, dass Letztere laut einem Bericht des UNO-Umweltprogramms (UNEP) im letzten Jahr erstmals wieder gestiegen sind. Aus derzeitiger Sicht werde außerdem noch immer zu wenig für den Klimaschutz getan.

Die Treibhausgasemissionen hätten 2017 die Wirkung von 53,5 Gigatonnen (Gt) Kohlendioxid (CO2) erreicht, schreibt die UNO-Behörde in dem am Dienstag in Genf veröffentlichten „Emissions Gap Report 2018“. Eine Trendwende sei derzeit nicht in Sicht. Die globalen Anstrengungen zur Erreichung der Pariser Klimaziele (Drosselung der Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius) müssten zumindest verdreifacht werden.

Für das Erreichen des 1,5-Grad-Zieles müsste fünfmal mehr gegen den Klimawandel getan werden, als es derzeit der Fall ist, heißt es nun von der UNEP wenige Tage vor dem Start des UNO-Klimagipfels in Polen. Der findet von 3. bis 14. Dezember statt.

Wachstum auf Kosten der Umwelt

Erst Ende Oktober hatte sich die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) dahingehend skeptisch gezeigt und vor einem Anstieg der Treibhausgasemissionen bis 2060 auf astronomische 75 Gt (Mrd. Tonnen) CO2-Äquivalent gewarnt. Als Grund nannte sie die wirtschaftliche Entwicklung vor allem in den heutigen Entwicklungs- und Schwellenländern Hand in Hand mit einem Rohstoffboom.

Grafik zeigt eine Prognose der weltweiten Treibhausgasemissionen bis zu m Jahr 2030
Grafik: APA/ORF.at; quelle: APA/UNEP

Gegensteuern laut UNEP – noch – möglich

Der erneute Anstieg der Emissionen bedeutet, dass diese für das 1,5-Grad-Ziel (und im Vergleich zu 2017) bis 2030 um rund 55 Prozent verringert werden müssten, für das Zweigradziel müssten es 25 Prozent sein, was einer Menge von 24 bzw. 40 Gt CO2 entspräche. Mit der bisherigen Klimapolitik würde die Treibhausgasmenge auf 59 Mrd. Tonnen CO2-Äquivalent steigen.

Im äußersten Fall drohe eine Erwärmung der Erdatmosphäre um 3,2 Grad bis 2100 (und kontinuierlich mehr) gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter. Aber: Laut UNEP gibt es noch Möglichkeiten gegenzusteuern, hauptsächlich über technische Innovationspotenziale und steuerliche Maßnahmen, etwa die Subventionierung emissionsarmer Technologien.

„Globaler Feueralarm“

Würde man den Sonderbericht des Weltklimarats (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) – auch dieser sah das 1,5-Grad-Ziel noch als realisierbar an – vom Oktober mit einem „globalen Feueralarm“ vergleichen, dann wäre das aktuelle UNEP-Papier die Untersuchung der Brandursache, sagte Joyce Msuya, interimistische Chefin des UNO-Umweltprogramms in einer Stellungnahme. Aus Sicht der Wissenschaft sei klar: Es gibt zwar ehrgeizige Klimaschutzmaßnahmen, doch „wir füttern dieses Feuer, während die Löschmittel in Reichweite sind“, sagte Msuya.

Global 2000: Politik träumt vor sich hin

Bei der Umweltschutzorganisation Global 2000 rief der UNEP-Bericht Kritik an politischen Entscheidungsträgern hervor. „Während die Bevölkerung berechtigte Angst vor einer Klimakatastrophe hat, träumt die Politik in der EU und in Österreich vor sich hin. Dieses Alarmsignal muss dringend wahrgenommen werden“, forderte Johannes Wahlmüller, Klimasprecher der Umweltschutzorganisation.

„Die EU unter der österreichischen Ratspräsidentschaft darf jetzt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“, betonte Wahlmüller in einer Aussendung. Sie müsse bei der kommenden Klimakonferenz eine komplette Überarbeitung der eigenen Klimapläne zusagen. Am Mittwoch werde die langfristige Klimaschutzstrategie der EU präsentiert. „Wir können nicht mehr auf die anderen zeigen, jetzt sind wir selbst dran, zu handeln.“

Die österreichische Bundesregierung solle einen wirksamen Klimaschutzplan vorlegen. „Die Klimafieberkurve steigt weiter an, aber statt wirksame Gegenmaßnahmen zu ergreifen, unterstützt die Bundesregierung den Ausbau des Flughafens und diskutiert Tempoerhöhungen auf Autobahnen. Einen glaubwürdigen Plan, wie nur die Mindestziele der EU bis 2030 erreicht werden sollen, gibt es immer noch nicht“, kritisierte Wahlmüller.

EU legt Klimastrategie vor

Die EU-Kommission will am Mittwoch erklären, wie Europa bis 2050 die Pflichten aus dem Pariser Abkommen einhalten kann. Gegenüber dem „Handelsblatt“ sagte EU-Klimakommissar Miguel Arias Canete, die EU müsse klimaneutral werden und den Ausstoß an Treibhausgasen bis 2050 auf null zurückfahren. Die EU werde profitieren, wenn sie Vorreiter bei grünen Technologien sei. Industrien, die auf fossilen Brennstoffen basieren, könnten dabei verschwinden, räumte er ein.

Doch auch die EU-Bürger könnten etwas tun und ihr Verhalten anpassen, wenn sie renovieren, ein neues Auto oder neue Elektrogeräte kaufen, so Arias Canete weiter. Die Entscheidungen der Bürger hätten großen Einfluss darauf, ob die ehrgeizigen Ziele erreicht werden könnten. Die Kommission schätzt den Bedarf an zusätzlichen Investitionen auf bis zu 290 Milliarden Euro jährlich.