Experten skeptisch zu Aus für Mehrwertsteuer bei Mieten

Skeptisch sehen Experten und Expertinnen die SPÖ-Forderung nach einer Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Mieten, um damit das Wohnen billiger zu machen. Sie warnen davor, dass dann Hauseigentümer für von ihnen zugekaufte Leistungen keinen Vorsteuerabzug mehr vornehmen könnten, womit sich einiges sogar verteuern würde. Andere Fachleute hielten eher ein Forcieren des sozialen Wohnbaus für sinnvoller.

Finanzrechtsexperte Werner Doralt etwa sagte, dass mit einer Befreiung der Mieten von der Mehrwertsteuer der Vorsteuerabzug aus den Betriebskosten, Sanierungsaufwendungen und Errichtungskosten verlorengehen würde, wie er im „Standard“ (Dienstag-Ausgabe) erklärte. Bei Mietwohnungen würde daher eine USt-Befreiung nicht voll auf die Mieten durchschlagen.

Auch gebe es hier rückwirkende Fristen, sodass in Extremfällen schon beanspruchte Vorsteuerabzüge bis zu 19 Jahre zurück korrigiert werden müssen. Jedenfalls würde der Vorsteuerabzugswegfall die Errichtung von Miethäusern wesentlich verteuern, so Doralt, Sinn der jetzigen Regelung sei es gerade, den Miethausneubau zu verbilligen.

Hofer: Mieten würden per se steigen

In die gleiche Kerbe schlägt Anton Holzapfel, Geschäftsführer beim Österreichischen Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI). „Für den Vermieter, der den Vorsteuerabzug verliert, wird es ja teurer, und insofern muss er die Mieten neu kalkulieren“, so der Experte im Ö1-Morgenjournal. Alle Waren und Dienstleistungen, die der Vermieter zuvor einkaufe, um die Wohnung zur Verfügung zu stellen, würden dann für den Vermieter teurer.

Experte Helmut Hofer vom Institut für Höhere Studien (IHS) geht davon aus, dass „die Mieten per se steigen“ würden. Denn, so argumentierte er im Radio, es könne durchaus passieren, dass der Großteil der Steuerreduktion zum Teil von den Vermietern beansprucht werde – nach dem Muster, der Wohnungsinteressent habe dann eh mehr Geld im Monat und müsse auch bereit sein, mehr zu zahlen. Die Stärke der Überwälzung hänge davon ab, wie die Wettbewerbssituation auf dem Wohnungsmarkt gerade sei.

„Sinnvoller, den sozialen Wohnbau zu fördern“

Auch der wirtschaftsliberale Thinktank Agenda Austria bezweifelt, „dass eine Steuerentlastung wirklich bei den Mietern ankommt“. Es herrsche nämlich eine überschießende Nachfrage nach Wohnungen, die Vermieter könnten sich die Mieter de facto aussuchen. „Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Steuersenkung verpufft, ist sehr hoch“, erklärte Agenda Austria in einer Aussendung. Wer die Steuerpolitik nutzen wolle, um Wohnen im Vergleich zum verfügbaren Einkommen leistbarer zu machen, sollte an der Abgabenbelastung des Faktors Arbeit drehen, nicht an der Mehrwertsteuer. Und es sollte nachfragegerecht mehr Wohnraum bereitgestellt werden.

Forscherin Margit Schratzenstaller von Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) monierte im „Kurier“ (Dienstag-Ausgabe), dass Einzelmaßnahmen selten einen Sinn machen würden. Man müsse das Thema „leistbares Wohnen“ umfassend bei der nächsten Steuerreform diskutieren. Sie meinte, die Politik müsse vor allem den sozialen Wohnbau forcieren.

Auch Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister hielte es für „sinnvoller, den sozialen Wohnbau zu forcieren“ – nicht nur den kommunalen, sondern auch jenen über Genossenschaften, wie er in der Zeitung erklärte. Der SPÖ-Idee, die Mehrwertsteuer auf null zu senken, kann er aber etwas abgewinnen. Es sei zwar nur ein kurzfristiger Tropfen auf den heißen Stein, die Maßnahme sei aber argumentierbar.