Lawine geht ab
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Österreich-Schweiz

Wissen über Lawinen nun UNESCO-Erbe

Das „Wissen im Umgang mit Lawinengefahr“ ist am Donnerstag bei der Tagung des zwischenstaatlichen UNESCO-Komitees auf Mauritius auf die Repräsentative Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen worden. Die erfolgreiche gemeinsame Einreichung mit der Schweiz ist die fünfte Eintragung mit Österreich-Bezug.

Vertreter des Österreichischen Alpenvereins, des Österreichischen Berg- und Skiführerverbands sowie der Österreichischen Lawinenkommissionen haben gemeinsam mit Schweizer Verbänden und Institutionen die Kandidatur erarbeitet. Sie betont die gemeinschaftlichen und identitätsstiftenden Elemente im Umgang mit dieser Naturgefahr.

„Die Vermittlung dieses Erfahrungswissens geschah jahrhundertelang mündlich von einer Generation zur nächsten und manifestierte sich u. a. in Bauernregeln. Schriftlich dokumentiert wurden seit dem 17. Jahrhundert vor allem Schadenslawinen. Die entsprechenden Dokumente werden in Vorarlberg noch heute in den Schulen verwendet, um Kinder für die Lawinengefahr zu sensibilisieren“, heißt es dazu seitens der österreichischen UNESCO-Kommission.

Lawine geht ab
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Lawinen haben eine große zerstörerische Kraft

Seit 50er Jahren wissenschaftliche Forschung

Seit 1902 können Bergführer Lawinenausbildungskurse belegen, „wobei der jahrelange Austausch zwischen erfahrenen und angehenden BergführerInnen nach wie vor ein zentrales Element der Ausbildung darstellt. Ab den 1950er Jahren wird Erfahrungswissen von wissenschaftlichen Forschungen ergänzt.“

„Wir sind sehr stolz über diesen gemeinsamen Erfolg mit der Schweiz. Der tagtägliche Umgang mit der Lawinengefahr verbindet die Menschen in den Alpenländern – über kollektive und persönliche Erlebnisse werden Maßnahmen zur Bewältigung sowie Prävention getroffen“, heißt es weiter.

Der Umgang mit Lawinengefahr sei wichtiges kulturelles Erbe und trüge wesentlich zu einem besseren Verständnis von traditionellem Wissen als Zukunftsressource bei, wird Sabine Haag, Präsidentin der Österreichischen UNESCO-Kommission, in einer Aussendung zitiert. Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) sieht in der Aufnahme „ein weiteres starkes Zeichen dafür, dass Österreichs kulturelles Erbe vielfältig ist und auch international gewürdigt wird“.

Jahrhundertealte Tradition des Blaudrucks

Das bei der Herstellung von Trachten eingesetzte Handwerk des Blaudrucks ist bereits am Mittwoch auf die UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit gesetzt worden und hat ebenfalls einen Österreich-Bezug. Bei ihm handelt es sich um eine jahrhundertealte Technik, in diesem Fall der Stoffveredelung. Er wird noch heute von Designerinnen und Designern angewandt. An der Einreichung waren neben Österreich auch Deutschland, die Slowakei, Tschechien und Ungarn beteiligt.

Unter Handblaudruck versteht man das Färben von zumeist Naturmaterialien mittels einer speziellen Drucktechnik. Die bis zu 250 Jahre alten Holzmodel zeichnen sich durch regional inspirierte Muster aus. Während im 18. und 19. Jahrhundert die Technik des Blaudrucks in Mitteleuropa stark verbreitet war, existieren in Europa heute nur noch wenige Werkstätten – mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

Von Schemenlaufen bis Hofreitschule

Zum Immateriellen Kulturerbe zählen lebendige Traditionen aus den Bereichen Tanz, Theater, Musik, mündliche Überlieferungen, Naturwissen und Handwerkstechniken. Seit 2003 unterstützt die UNESCO die Förderung, Dokumentation und den Erhalt dieser Kulturformen. Aus Österreich bzw. mit Österreich-Bezug sind neben dem Lawinen-Wissen und dem Blaudruck die Falknerei, das Imster Schemenlaufen und die Hohe Schule und Klassische Reitkunst der Spanischen Hofreitschule auf der rund 470 Einträge umfassenden Liste vertreten, die am Donnerstag auch um den jamaikanischen Reggae ergänzt wurde.

Die Kommission würdigte den Beitrag dieser Musik zum internationalen Bewusstsein „über Fragen der Ungerechtigkeit, des Widerstandes, der Liebe und Menschlichkeit“. Bis Samstag wird noch über weitere Neuzugänge beraten.

Ansicht von Grasse
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Grasse, Welthauptstadt des Parfums, im südfranzösischen Departement Alpes-Maritimes

Parfumherstellung geadelt

Am Mittwoch adelte die UNESCO auch die Parfumkunst zum Weltkulturerbe. Südfrankreich, und insbesondere die Stadt Grasse, sind seit Jahrhunderten bekannt für Parfum. In der südfranzösischen Provence werden seit dem 16. Jahrhundert Parfums hergestellt. Nun entschied die UNESCO, diese alte Tradition in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufzunehmen. In einer Mitteilung erklärte die UNO-Organisation, die Parfumkunst decke drei Aspekte ab: „Die Züchtung der Duftpflanzen, das Wissen über Rohstoffe und deren Umwandlung sowie die Kunst, den Duft zusammenzusetzen.“

Die könnte insbesondere der Parfummetropole Grasse neue Impulse bringen. Die Stadt in der Provence erhofft sich einen besseren Schutz der Felder, auf denen Duftpflanzen wie Jasmin und Nachthyazinthen wachsen, und mehr Unterstützung für die Bauern des Sektors. Seit Jahrzehnten kämpfen diese gegen die Konkurrenz von anderen Produktionsstandorten und gegen preisgünstigere synthetische Duftstoffe.