Rauch aus den Schornsteinen eines Kohlekraftwerks
Reuters/Kacper Pempel
UNO-Klimakonferenz

Gipfel unter dramatischen Vorzeichen

Im polnischen Kohleabbauort Katowice sollen sich ab Montag Politik und Fachleute dem gravierendsten Problem der Zeit annehmen: der Klimakrise. Doch der elftägige Gipfel steht unter schlechten Vorzeichen. Eine Kaskade von Studien warnt davor, dass die Welt wissentlich auf eine Klimakatastrophe zusteuert. Und derzeit deutet nur wenig auf ein Umlenken hin.

Die Konferenz soll nun dazu beitragen, das 2015 in Paris gesteckte Ziel doch noch zu erreichen: Laut diesem soll die Erderwärmung bis 2100 auf deutlich unter zwei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter sinken. Doch davon ist die Welt weit entfernt. Die UNO warnt von einer Erwärmung von drei bis fünf Grad beim Status quo, die Treibhausgasemissionen befinden sich auf einem Höchststand, und nichts deutet darauf hin, dass sich dieser Trend umkehrt. Fachleute rufen zu einer Art „Klimarevolution“ mit einer Verdreifachung des Klimaschutzes auf – andernfalls drohen katastrophale Umweltfolgen.

Bei der Konferenz sollen nun die Verpflichtungen der Staaten genauer ins Visier genommen werden. Das ist auch dringend notwendig: Laut einem Sonderbericht des UNO-Umweltprogrammes UNEP zeichnet sich bei den aktuellen politischen Zusagen eine Erderwärmung von mindestens drei Grad bis 2100 ab. Problem dabei ist, dass die Staaten ihre Beiträge für das Erreichen des Klimaziels selbst stecken. Diese staatlichen Klimaziele weichen nicht nur stark voneinander ab, sie sind teilweise auch viel zu unambitioniert. Außerdem kann die Umsetzung dadurch nur schlecht kontrolliert werden.

Grafik zum Klimaschutz
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/climateactiontracker.org/University of Notre Dame

Suche nach dem „Regelbuch“

Bei der Konferenz soll nun ein „Paris Agreement Rulebook“ vorgelegt werden. Darin soll die technische Umsetzung des Vertrages auf transparente Weise festgelegt werden. Die Schwierigkeiten liegen darin, dass sich die mehr als 180 Staaten, die das Pariser Abkommen unterschrieben haben, etwa auf ein möglichst einheitliches System einigen müssen, mit dem sie über ihre Klimaschutzbemühungen Bericht erstatten. In Katowice soll zudem ausgelotet werden, welche Staaten in Zukunft ihre Klimaschutzziele verschärfen könnten. Wie der Klimaexperte Adam Pawloff von Greenpeace gegenüber der APA warnte, sei es „extrem wichtig“, dass nicht nur neue Klimaschutzziele vorgelegt, sondern diese auch verschärft würden.

Ein Fokus wird auch auf dem Thema Kohle liegen. Bezeichnend dabei ist der Austragungsort des Gipfels: Das Gastgeberland Polen bezieht fast 80 Prozent seines Stroms aus Kohlekraftwerken, dadurch ist Polen auch das EU-Land mit dem größten Luftverschmutzungsproblem. Laut einem Strategiepapier der Regierung soll sich der Verbrauch bis 2030 auf nur 60 Prozent reduzieren. Die Kohle stellt auch andere Staaten vor Schwierigkeiten. Deutschland wollte eigentlich noch vor der Konferenz einen Plan zum Kohleausstieg vorlegen, doch aufgrund von Druck vor allem aus den ostdeutschen Kohleländern wurde der Plan auf Februar verschoben.

Politische Lage als Hindernis

Einen Schatten auf den Gipfel wirft auch der Umstand, dass sich das politische Klima für den Klimaschutz seit Paris teils deutlich verschlechtert hat. US-Präsident Donald Trump hat den Ausstieg der USA aus dem Abkommen verkündet und tut Berichte zum Klimawandel weiterhin als „Unsinn“ ab. Problematisch dabei: Die USA sind nach China weltweit zweitgrößter Verursacher von Emissionen.

Auch der künftige brasilianische Präsident Jair Bolsonaro gilt als Risikofaktor für den Klimaschutz. Dabei spielt Brasilien mit seinen Regenwäldern einen wichtigen Faktor in der Bindung von Kohlenstoff. Deren Schutz könnte unter dem neuen Präsidenten aber wesentlich gelockert werden. Vergangene Woche gab die brasilianische Regierung zudem bekannt, dass die Zerstörung des tropischen Regenwalds jüngst so erheblich war wie seit zehn Jahren nicht mehr. In den zwölf Monaten bis Ende Juli 2018 wurde ein Fläche abgeholzt, die der Hälfte von Jamaika entspricht.

Weltbank verspricht 200 Mrd. Dollar

Debattiert werden wird außerdem, mit welchen finanziellen Hilfen die von der Klimakrise betroffenen Länder rechnen können. Die Weltbank sagte am Montag 200 Mrd. Dollar (176 Mrd. Euro) für Entwicklungsländer zu. Die Gelder würden für den Zeitraum von 2021 bis 2025 gelten und stellten eine Verdopplung der Hilfen des aktuellen Fünfjahresplans dar, kündigte die Weltbank an. Es handle sich um ein „wichtiges Signal an die größere internationale Gemeinschaft, dasselbe zu tun“.

Die Industriestaaten hatten zudem bereits zugesagt, dass ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar aus privaten und öffentlichen Mitteln zur Verfügung stehen sollen. Doch welche Zusagen es angesichts des Ausstiegs der USA in den kommenden Jahren noch gibt und wer genau davon in welchem Ausmaß profitiert, ist offen. Viele Länder verweisen darauf, dass sich der Gesetzgeber nicht auf viele Jahre im Voraus verpflichten kann.

Österreich in besonderer Verantwortung

Aus Sicht von Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) findet in Polen die wichtigste Konferenz in diesem Jahr statt. „Hier wird sich zeigen, was der Vertrag von Paris wert ist“, so Köstinger. Europa wolle die Vorreiterrolle im Klimaschutz ausbauen, „wir brauchen aber die anderen Staaten der Weltgemeinschaft auch“. Die Ausgangslage sei jedoch schwierig, unter anderem auch durch die Ankündigung der USA, aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der bereits am Sonntag nach Polen reiste, lud indes im Vorfeld der Konferenz europäische Staatsoberhäupter dazu ein, einen gemeinsamen Appell an die internationale Staatengemeinschaft zu unterzeichnen. 18 folgten bisher diesem Aufruf, am vergangenen Mittwoch auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. „Damit sind nun alle großen europäischen Länder wie Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien dabei“, so Van der Bellen.

Er zeigte sich am Sonntag „positiv optimistisch“, dass eine Einigung zustande kommt. Es gebe heute „keinen ernstzunehmenden Politiker mehr, der den Klimawandel leugnet“, sagte Van der Bellen. Als Hauptproblem sah er den „Schwarzfahrer-Effekt“. Wenn sich einzelne Staaten – auch kleinere Staaten wie Österreich – aus einzelnen Vereinbarungen herausnehmen, würde bald „niemand mehr etwas machen“. Deshalb sei ein Regelbuch auch so wichtig.

Umweltschützer fordern Taten

Da Österreich – das selbst zuletzt wieder mehr Treibhausgase ausgestoßen hat – während der Klimakonferenz den EU-Vorsitz führt, habe das Land eine besondere Verantwortung, stellte vor Kurzem die Allianz für Klimagerechtigkeit, eine Plattform von 25 österreichischen NGOs, fest.

Was jeder und jede tun kann

Es gibt viele kleine Schritte, die jeder und jede auf einem möglichen Weg aus der Klimakrise gehen kann. Neben dem Verzicht auf Flugreisen und dem Umstieg auf erneuerbare Energien spielt auch der Fleischkonsum eine große Rolle – mehr dazu in Kleine Schritte gegen die Klimakrise.

In Katowice müsse der Weg zum Ausstieg aus fossiler Energie freigeräumt werden, man brauche vor allem Zusagen über deutliche Nachbesserungen bei den Klimaschutzplänen, so Global 2000. WWF forderte „ein klares Bekenntnis aller Länder, die Klimaschutzlücke zu schließen. Fossile Energieträger müssen auf allen Ebenen ausgebremst werden. Umweltschädliche Subventionen müssen gestoppt werden. Auch Energiesparen darf sich nicht wieder nur in Floskeln erschöpfen“. Die Hilfsorganisation CARE forderte ein umfangreiches Aktionsprogramm und eine gerechtere Verteilung der Last bei den Klimafolgen. Der Klimawandel sei „sowohl zwischenstaatlich als auch auf der Ebene der Geschlechter eine Frage der Gerechtigkeit“.