Buenos Aires City
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G-20-Gipfel

Regierungschefs einigen sich auf Erklärung

Beim G-20-Gipfel in Buenos Aires haben sich die Staats- und Regierungschefs auf eine gemeinsame Abschlusserklärung verständigt. Bei wichtigen Themen wie Handel, Klimaschutz und Migration mussten starke Meinungsunterschiede allerdings hinter Kompromissformeln versteckt werden.

Bereits Samstagfrüh hätten Streitpunkte ausgeräumt werden können, sagte ein ranghoher EU-Beamter. Als größter Erfolg der Verhandlungen wurde von EU-Seite verbucht, dass sich die Staats- und Regierungschefs dazu verpflichten würden, die Reform der Welthandelsorganisation (WTO) voranzutreiben, um eine bessere Einhaltung von gemeinsamen Spielregeln zu ermöglichen.

Erhebliche Zugeständnisse mussten allerdings bei Themen wie Migration und Handel gemacht werden. So konnten sich die G-20-Staaten zum Beispiel nicht darauf einigen, sich erneut zum Kampf gegen Protektionismus zu bekennen. Grund sei die US-amerikanische Weigerung gewesen, eine solche Formulierung ohne den Zusatz zu verwenden, dass gleichzeitig auch Handelsschutzinstrumente zum Einsatz kommen können, um unfaire Handelspraktiken zu bekämpfen.

USA stellte bei Migration Bedingungen

Beim Thema Klimawandel musste erneut festgehalten werden, dass die USA aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen wollen. Beim Thema Migration bestanden die USA darauf, auf inhaltliche Aussagen zu verzichten und lediglich auf einen OECD-Bericht und geplante Arbeiten unter der kommenden japanischen G-20-Präsidentschaft zu verweisen. „Wir verbergen unsere Enttäuschung nicht“, hieß es von EU-Seite. Aber immerhin sei das Thema überhaupt erwähnt.

Im Gegenzug setzten die Europäer gemeinsam mit anderen durch, sich noch einmal klar zur internationalen Kooperation zu verpflichten. „Wir erneuern unser Bekenntnis zusammenzuarbeiten, um die regelbasierte internationale Ordnung zu verbessern, die in der Lage ist, effektiv auf eine sich rasch verändernde Welt zu reagieren“, heißt es demnach in der Erklärung. Die US-Amerikaner bestanden dabei offensichtlich nur darauf, auf das Wort „multilateral“ zu verzichten und gleichzeitig eine Verbesserung der derzeitigen Ordnung anzustreben.

Angesichts des politischen Kurses von US-Präsident Donald Trump wird das von Diplomaten schon als Erfolg gewertet. Trump hatte sich zuletzt selbst als Nationalisten bezeichnet. Zudem kündigte er den Ausstieg der USA aus multilateralen Abkommen wie dem Pariser Klimavertrag oder dem Atomdeal mit dem Iran an.

Ukraine und Syrien auf der Agenda

Unterdessen fanden am Rande des G-20-Gipfel mehrere bilaterale Treffen zwischen einzelnen Staats- und Regierungschefs statt. Dabei kamen allen voran die Lage in Syrien und der jüngste Konflikt zwischen der Ukraine und Russland zur Sprache. Über beide Konflikte soll in naher Zukunft beraten werden – in der Ukraine das sogenannte Normandie-Format.

Der russische Präsident Wladimir Putin schüttelt der deutschen Kanzlerin Angela Merkel die Hand
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Russlands Präsident Wladimir Putin mit Angela Merkel, der deutschen Bundeskanzlerin, am Rande des Gipfels

Darauf einigten sich die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der russische Präsident Wladimir Putin am Samstag. Bei einem Gespräch in Buenos Aires, wo die Staatschefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer für zwei Tage zusammengetroffen sind, hätten beide am Samstag vereinbart, dass außenpolitische Berater Deutschlands, Russlands, der Ukraine und Frankreichs über die Situation im Asowschen Meer sprechen sollten, hieß es.

Die Bezeichnung Normandie-Format geht auf ein Vierertreffen von Merkel, dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, Putin und dem damaligen französischen Präsidenten Francois Hollande im Juni 2014 anlässlich der Gedenkfeiern zum 70. Jahrestag der Alliiertenlandung in der nordfranzösischen Normandie (1944, Anm.) zurück. Damals trafen sich Poroschenko und Putin zum ersten Mal seit Ausbruch des Ukraine-Konflikts, der zuletzt wieder angespannter war.

Trump sagte Treffen mit Putin ab

Die russische Marine hatte am vergangenen Sonntag in der Meerenge von Kertsch im Osten des Schwarzen Meeres drei ukrainische Schiffe geentert. Insgesamt 24 Besatzungsmitglieder wurden festgenommen und von einem Gericht auf der Krim zu zweimonatiger Untersuchungshaft verurteilt. Russland und die Ukraine schieben sich gegenseitig die Schuld für die jüngste Konfrontation zu. Als Reaktion verhängte Kiew ein 30-tägiges Kriegsrecht in den Küsten- und Grenzregionen und schränkte die Einreise von Russen drastisch ein.

Der russische Präsident stellte bei einer Pressekonferenz am Gipfel aber auch klar, dass er einen Frieden mit der derzeitigen ukrainischen Regierung für ausgeschlossen hält. „Der Krieg wird weitergehen, solange sie an der Macht bleibt“, sagte Putin. Er machte der Führung in Kiew schwere Vorwürfe. Diese habe kein Interesse daran, den Konflikt beizulegen, „schon gar nicht mit friedlichen Mitteln“, sagte Putin.

US-Präsident Trump hatte wegen der Eskalation und der Rolle Russlands ein Vieraugengespräch mit Putin kurz vor Gipfelbeginn am Freitag abgesagt. Merkel hingegen sprach mit dem russischen Präsident über die anhaltende Krise. Aber auch die Lage in Syrien sei im Mittelpunkt des Gesprächs mit Putin gestanden. Man sei sich einig gewesen, dass man weiter versuchen müsse, den Krieg durch einen politischen Prozess zu beenden.

Vierergipfel zur Lage in Syrien

Etwas konkreter wurde da schon der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Auch er traf sich mit Putin und bekam jene Stunden zugeschlagen, die eigentlich für Trump vorgesehen waren. Deshalb dauerte das Gespräch länger als üblich. Das geplante Treffen mit dem türkischen Staatschef werde ausgedehnt, weil es zu Syrien viel zu besprechen gebe, teilte der Kreml mit.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan schüttelt dem russischen Präsidenten Wladimir Putin die Hand
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Putin und Erdogan sprachen über die Lage in Syrien

Erdogan schlug bei dem Gespräch mit Putin vor, noch einen Vierergipfel zur Lage in der syrischen Rebellenhochburg Idlib einzuberufen. Das meldete die russische Agentur TASS. Putin, Erdogan, Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatten sich Ende Oktober in Istanbul getroffen. Sie versuchten, den stockenden Friedensprozess für das vom Bürgerkrieg zerstörte Land wieder in Gang zu bringen.

Zuletzt rief Putin die Schwellenländer der BRICS-Gruppe zu Wiederaufbauhilfe im kriegszerstörten Syrien aufgerufen. Russland versuche mit seinen Partnern Iran und Türkei rasch eine syrische Verfassungskommission zu bilden für eine politische Lösung. In der BRICS-Gruppe arbeiten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika zusammen. „Ich hoffe, dass die BRICS-Staaten sich den humanitären Hilfsprogrammen für dieses Land anschließen“, sagte Putin.

Handschlag für Kronprinz Mohammed

Im Mittelpunkt des G-20-Gipfels stand freilich auch die Tötung des Journalisten Jamal Khashoggi, der als Kritiker der saudischen Regierung gilt. Obwohl der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman verdächtigt wird, den Mord in Auftrag gegeben oder zumindest davon gewusst zu haben, konnte er den Gipfel für einen großen Auftritt auf der Weltbühne nutzen. Demonstrativ herzlich und mit einem kumpelhaften Handschlag empfing Russlands Präsident Putin den Kronprinzen zu Beginn der formellen Gespräche lachend vor laufenden Kameras.

G-20: Handschlag zwischen Putin und Mohammed bin Salman

Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman und Russlands Präsident Wladimir Putin gaben sich mit einem High Five amikal.

Trump, der weiter zu seinem Verbündeten steht, tauschte nach Angaben aus dem Weißen Haus Freundlichkeiten mit dem saudischen Kronprinzen aus – „wie mit fast jedem anderen der Teilnehmer auch“. Trump selbst sagte: „Es kann sein, dass wir eine Diskussion führen werden, aber wir haben es noch nicht getan.“ Auch Frankreichs Präsident Macron hat sich mit Mohammed bin Salman unterhalten.