Zuckerbäcker belegt Törtchen mit Früchten
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Rot-Weiß-Rot-Karte

Eigene Mangelberufe für sieben Länder

Die ÖVP-FPÖ-Regierung hat sich auf eine Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte verständigt. Damit einher geht die bereits im September angekündigte und teils kontrovers diskutierte „Regionalisierung“ der Mangelberufsliste. Zugleich sollen bundesweit die Zugangshürden für qualifizierte Zuwanderinnen und Zuwanderer sinken.

Bei der Mangelberufsliste wird künftig unterschieden zwischen einer Bundesliste und einer lokalen, die auf die regionalen Bedürfnisse eingehen soll. Gegen die zweite Liste lief vor allem die Gewerkschaft in den vergangenen Monaten Sturm. Der Regierungsvorschlag sieht nun vor, über die regionale Liste maximal 300 Plätze pro Jahr verfügbar zu machen. Zwei Bundesländer sind von der „Regionalisierung“ überhaupt ausgenommen: Weder für das Burgenland noch für Wien wurden separate Mängellisten aufgesetzt.

In Kärnten findet sich mit dem Maurer nur ein „regionalisierter“ Mangelberuf, in Oberösterreich sind es gleich 18, etwa Fleischer, Buchhalter und Zuckerbäcker. In Salzburg, Tirol und Vorarlberg ist unter anderem auch der Kellner auf den Regionallisten gelandet. Der Koch wiederum hat es neu auf die bundesweit geltende Mangelliste geschafft, die von 27 auf 45 Berufe aufgestockt wurde. Insgesamt finden sich auf der Liste zahlreiche technische und handwerkliche Berufe. Aber auch die Gehaltsverrechnung wurde als Mangelfeld definiert. Einen einfacheren Zugang auf den Arbeitsmarkt bekommen auch diplomierte Krankenpflegerinnen und -pfleger.

Vergabehürden gesenkt

Die Mangelberufe sind Teil der Rot-Weiß-Rot-Karte, die aber auch besonders hoch qualifizierte Zuwanderer bzw. Schlüsselkräfte anziehen soll. Das hat bisher nicht im gewünschten Ausmaß geklappt. Die Koalition schraubte deshalb die Voraussetzungen nach unten. So werden etwa die geforderten monatlichen Gehaltsuntergrenzen deutlich gesenkt. Waren für unter 30-Jährige bisher 2.565 Euro gefordert, sind es ab kommendem Jahr nur noch 2.052. Bei den über 30-Jährigen wird die geforderte Gehaltssumme von 3.078 auf 2.565 Euro gesenkt.

Als Voraussetzung ganz abgeschafft wird überdies das Vorliegen eines Mietvertrags. Bisher war ein gültiges Mietverhältnis eine Bedingung, um sich überhaupt für eine Rot-Weiß-Rot-Karte bewerben zu können, auch wenn bei Antragstellung noch offen war, ob das Ansuchen überhaupt positiv beschieden wird.

Regierung verweist auf Bedürfnisse der Wirtschaft

Von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) hieß es in einer Stellungnahme gegenüber der APA, dass Österreich qualifizierte Zuwanderung brauche, wo Schlüsselarbeitskräfte fehlten. Mit der Entbürokratisierung der Rot-Weiß-Rot-Karte orientiere man sich an den Bedürfnissen der Wirtschaft. Ein weiterer wichtiger Schritt sei die Regionalisierung der Mangelberufsliste. Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) zeigte sich erfreut, dass die Mangelberufsliste für den Beruf des Gaststättenkochs nun österreichweit unbegrenzt gelte.

Auch die FPÖ scheint mit der Reform gut leben zu können: „Wir brauchen qualifizierte Zuwanderer nur dort, wo es nicht genug ausreichend qualifizierte österreichische Arbeitskräfte gibt. Alleine daran orientiert sich die Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte“, so Innenminister Herbert Kickl (FPÖ). Arbeitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) nannte als Ziel, dass Firmen vermehrt in den Standort Österreich investierten, wenn die notwendigen Fachkräfte vorhanden seien.

SPÖ kritisch, NEOS erfreut

Kritisch äußerte sich am Montag die SPÖ. „Die neue Regelung der Rot-Weiß-Rot-Karte hat gravierende Auswirkungen auf das Lohnniveau der ArbeitnehmerInnen und ist nicht zu verantworten“, so SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda in einer Aussendung. Er warf der Regierung vor, sie öffne „unterer dem Deckmantel, den österreichischen Fachkräftemangel bekämpfen zu wollen“, den heimischen Arbeitsmarkt „für Arbeitskräfte aus aller Welt“ und drücke „die Löhne aller ArbeitnehmerInnen in den betroffenen Branchen“. Er forderte stattdessen „gerechtere Löhne, von denen man gut leben kann, und bessere Arbeitsbedingungen“. Die Kritik teilte auch der Chef der Gewerkschaft Bau-Holz (GBH) Josef Muchitsch (SPÖ).

Vorsichtig erfreut reagierte hingegen NEOS-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn. „Spät, aber doch will die Regierung nun jene überfälligen Reformen angehen, auf die NEOS seit Jahren drängen. Das ist sehr zu begrüßen“, meinte Schellhorn in einer Aussendung. Vor allem die niedrigeren Hürden sowie die Regionalisierung der Mangelberufsliste begrüßte er. Es dürfe aber „nicht wieder nur bei reiner Showpolitik bleiben“, so Schellhorn.

Wirtschaftskammer: „Wichtiger Baustein“

Für Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer sind die Regierungspläne zur Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte und der Mangelberufsliste unterdessen „ein ganz wichtiger Baustein im Kampf gegen den Fachkräftemangel“. Positiv findet er vor allem, „dass sich die Umsetzung künftig näher an der betrieblichen Praxis orientiert“.

Die Regionalisierung der Mangelberufsliste für einzelne Bundesländer und Branchen wie etwa die Tourismusbetriebe in Westösterreich hält Mahrer für einen ganz wichtigen Schritt. Als einzigen Wermutstropfen erkannte er in einer Aussendung, dass die Anzahl jener Jobs, die aufgrund von regionalen Mangelberufen mit Bewerbern aus EU-Drittländern besetzt werden dürfen, mit 300 begrenzt ist.

Auch die Präsidentin der Hoteliervereinigung, Michaela Reitterer, freute sich über die Ankündigung. „Das rettet zweifellos Arbeitsplätze in Tourismusbetrieben wie auch in vor- und nachgelagerten Bereichen.“ Der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Christoph Neumayer, spricht ebenfalls von einem „wichtigen Schritt“: Qualifizierte Zuwanderung schaffe Neumayer zufolge „neue, zusätzliche Arbeitsplätze und erhält den Wohlstand“.