Arbeiter eines Paketdiensts
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Weihnachtsgeschenke

Der harte Job der Paketzusteller

Schlechte Arbeitsbedingungen, niedrige Löhne und ein zunehmender Effizienzdruck – der Job der Zusteller und Zustellerinnen ist hart, vor allem in der Vorweihnachtszeit, wenn die Paketflut bis auf das Doppelte steigt.

Bei der Österreichischen Post sind derzeit 11.000 Zusteller und Zustellerinnen im Einsatz. Denn: Der Onlinehandel boomt. Über 200 Millionen Pakete wurden im vergangenen Jahr allein in Österreich verschickt – um 27 Millionen mehr als im Jahr zuvor. Bei der Post geht man auch für 2018 von einem steigenden Wachstum aus.

Auf die Einstellung von Saisonkräften für das Weihnachtsgeschäft werde zwar verzichtet, sehr wohl greife man in dieser Spitzenzeit aber auf Subunternehmen zurück. „Wir wissen natürlich, dass in dieser Zeit mehr zu tun ist, aber da bereiten wir uns dementsprechend vor“, so der Post-Sprecher David Weichselbaum im Gespräch mit ORF.at.

Fahrradbote auf Schneefahrbahn
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Zusteller wie dieser Fahrradbote sind oft prekären Arbeitsverhältnissen ausgeliefert

AK: Ausbeutung der Selbstständigen

Laut einer Studie der Arbeiterkammer (AK) Steiermark werden von einem Zusteller zwischen 130 und 150 Pakete pro Tag zugestellt. Damit und mit ständig wachsendem Druck „geht eine immer stärker werdende psychische Belastung einher“, so die AK. Die Studie zeigt einen „steigenden Effizienzdruck in der Branche, der üblicherweise auf den Schultern der Subunternehmer und der Zusteller lastet“.

Die Einkommen der Zusteller und Zustellerinnen seien zwar immer noch besser als in anderen Niedriglohnsektoren, das sei aber auf eine hohe Anzahl an Überstunden zurückzuführen. „Die Paketzustellung funktioniert auch durch zumindest temporäre Selbstausbeutung der Selbstständigen, insbesondere bei den Einpersonenunternehmen“ so die AK.

Von Ausbeutung spricht auch der Wiener Arbeitssoziologe Benjamin Herr. In seinem Buch „Ausgeliefert“ beschreibt er die prekären Arbeitsbedingungen der Fahrradboten, die ihre Arbeitsmittel, Fahrrad und Smartphone, selbst stellen müssten und aufgrund einer „Scheinselbstständigkeit“ weder Recht auf bezahlten Krankenstand noch Urlaub hätten.

„Mafiaähnliche Strukturen“ in Paketbranche?

Die deutsche Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat in der Vorweihnachtszeit die „dramatisch schlechten“ Arbeitsbedingungen bei Paketdiensten kritisiert und fordert ein Eingreifen der Politik. „Wir sind der Auffassung, dass die großen Paketdienstleister haften müssen“, sagte ver.di-Vorstandsmitglied Andrea Kocsis. Die Auftraggeber müssten mitverantwortlich gemacht werden für die Arbeitsbedingungen der Subunternehmer.

Die großen Anbieter setzten auf ein Unternehmensmodell, das darauf abziele, dass „man das nicht kontrollieren kann“, sagte Kocsis. In den Subunternehmen gebe es oft keine Tarifverträge, keine Betriebsräte, der Mindestlohn werde nicht gezahlt, und es würden keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Außerdem holten manche der Firmen Arbeiter aus dem Ausland, die sie dann in „mafiaähnlichen Strukturen“ ausbeuteten. „Da herrscht ein sehr unfairer Wettbewerb auf dem Rücken der Beschäftigten“, so die ver.di-Logistikexpertin Sigrun Rauch.

Auch der deutschen Satiriker Jan Böhmermann griff die Thematik der Subunternehmer auf. In seinem „Arbeiterlied“ werden die Zusteller als Versandsoldaten bezeichnet und die Arbeitsbedingungen für „Scheinselbstständige“ beklagt. Im Refrain heißt es etwa: „Er ist kein Mensch, er ist kein Tier. Nein, er ist Paketkurier.“

Aufruf zum Streik bei Amazon

Anfang Dezember rief ver.di in Deutschland zum alljährlichen Streik beim Versandhändler Amazon auf. „Amazon weigert sich, rechtsverbindliche Tarifverträge einzugehen“, sagt ver.di-Sprecher Günter Isemeyer. Die Gewerkschaft verlangt eine Vereinbarung nach den Bedingungen des Einzel- und Versandhandels. Amazon betont dagegen, man könne auch ohne Kollektivvertrag ein guter Arbeitgeber sein.

Verpackungs- und Logistikzentrum von Amazon in Kent, Washington
Reuters/Lindsey Wasson
Hier werden die Pakete versandfertig gemacht – zwischen 130 und 150 von ihnen liefert ein Zusteller pro Tag aus

In den vergangenen Jahren geriet Amazon immer wieder in die Schlagzeilen, da gerade Saisonkräfte laut Medienberichten mit schlechten Arbeitsbedingungen und Niedriglöhnen zu kämpfen hatten.

Stichtag 20. Dezember

Sowohl die Post als auch Amazon geben den 20. Dezember als Stichtag an, damit die Pakete pünktlich am 24. Dezember unter dem Christbaum liegen.

Auf die Frage von ORF.at, wie viele zusätzliche Arbeitskräfte in der Weihnachtssaison bei Amazon Österreich eingestellt wurden, hieß es vonseiten des Unternehmens: „Das Wichtigste für uns: Wir wollen, dass unsere Kunden tolle, entspannte und fröhliche Weihnachten haben. Und wir sind gut vorbereitet: mit einer optimalen Logistik, Zehntausenden Deals und Unterstützung beim Geschenkefinden. Und: Unsere Mitarbeiter freuen sich auf die Weihnachtszeit.“

Insgesamt wurden allein in Deutschland 23.000 zusätzliche Saisonarbeiter und Saisonarbeiterinnen eingestellt – 10.000 bei der Deutsche-Post-Tochter DHL. Um Tagesspitzen auszugleichen und das Sendungsvolumen zu bewältigen, würden oftmals auch Springer eingesetzt, hieß es seitens des Unternehmens gegenüber ORF.at. In den letzten Tagen vor Weihnachten sei es auch selbstverständlich, dass das Management bei Zustellungen unterstützt. Zu Spitzenzeiten bediene DHL in Österreich rund 1.400 Zustellrouten pro Tag.