Fernsehbild zeigt Untersuchung der Frequenzen
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„Havanna-Syndrom“

Neuer Fall von mysteriöser Krankheit

Die Serie mysteriöser Erkrankungen, die offenbar nur Diplomaten und Diplomatinnen sowie Botschaftsangehörige aus Kanada und den USA in Kuba treffen, geht weiter. Vergangene Woche wurde erneut ein kanadischer Diplomat mit einer Gehirnverletzung unbestimmter Ursache in Kuba ins Krankenhaus eingeliefert. Die Hintergründe dieses „Havanna-Syndroms“ sind weiter unklar.

Es ist der 13. Fall des „Havanna-Syndroms“, der einen Mitarbeiter der kanadischen Botschaft in der kubanischen Hauptstadt Havanna betrifft, berichtet der kanadische Sender CBC. Kanada hat es seinen Botschaftsmitarbeitern freigestellt, auf eigenen Wunsch zurückzukehren. Bereits zuvor wurde ein Teil der Botschaftsmitarbeiter ausgewechselt. Die Regierung untersucht aktuell die Hintergründe der mysteriösen Erkrankung. Dahinter werden Angriffe vermutet, die laut offiziellen Stellen noch nicht näher erklärbar sind.

Bisher ist vor allem etwas über die Symptome bekannt, wenig über die Ursache. Betroffene berichten, dass sie bei Angriffen eine Art Druckwelle in ihrem Kopf spüren. Viele hören auch laute Geräusche, vergleichbar mit Zikaden, die sie innerhalb des jeweiligen Gebäudes verfolgen, beim Öffnen einer Tür nach draußen aber nicht mehr zu hören sind. Einige Betroffene beschreiben zudem eine Art unsichtbaren Energiering.

Einsatzkräfte untersuchen Frequenzen
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Kuba beteiligte sich ebenfalls an den Untersuchungen der mysteriösen Erkrankungen

Die Opfer leiden im Anschluss unter anderem unter Kopfweh, Schwindel, Schlafstörungen und Tinnitus. Bei Untersuchungen wurden Verletzungen gefunden, die mit einem Schädel-Hirn-Trauma, wie sie Soldaten durch Bomben im Irak oder Afghanistan erleiden, vergleichbar sind, wie etwa Hirnschwellungen. Allerdings gibt es laut Ärzten keinerlei Anzeichen einer Verletzung oder eines Angriffs, so der „New Yorker“.

Erster Fall wurde Ende 2016 bekannt

Der erste Fall wurde Ende 2016 bekannt, schreibt der „New Yorker“. Ein CIA-Mitarbeiter und erfahrener Spion berichtete damals, dass er in seinem Haus in Kuba ungewöhnliche Geräusche in seinem Kopf und ein Druckgefühl gespürt habe, gefolgt von Kopfweh und Schwindel. Er wird als erfahrener Spion beschrieben, der auch darauf trainiert wurde, Gegenspionage zu erkennen. Im Gegensatz zu Russland oder China war körperliche Gewalt gegen Agenten in Kuba bis dahin allerdings nicht an der Tagesordnung.

Rund zehn Tage später meldete derselbe CIA-Agent einen weiteren Vorfall. Als Anfang Februar zwei weitere CIA-Agenten von vergleichbaren Symptomen berichteten, die sie in ihren Häusern erlebt hätten, begann die US-Regierung, die Fälle näher zu untersuchen. Sie rief die Mitarbeiter ihrer Botschaft in Kuba auf, sich untersuchen zu lassen – es kamen dabei immer mehr Fälle ans Tageslicht. Mittlerweile sind es über 20 gemeldete Fälle.

Viele CIA-Mitarbeiter betroffen

Vor allem CIA-Mitarbeiter waren zu Beginn von der sonderbaren Erkrankung betroffen, sie machten rund die Hälfte der bis Frühling 2017 gemeldeten 16 Fälle aus. Die Angriffe wurden bis dahin immer in den Wohnungen und Häusern der jeweiligen Opfer durchgeführt. Im April 2017 wurde schließlich auch ein Arzt im Auftrag der US-Regierung in einem Hotel in Kuba Opfer eines solchen Angriffs.

US-Botschaft in Havanna
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Die Belegschaft der US-Botschaft in Havanna ist mittlerweile deutlich dezimiert

Im Sommer 2017 informierten die USA Botschaftsmitglieder anderer Staaten über die mysteriöse Erkrankung. Daraufhin meldeten sich die ersten Betroffenen aus Kanada, darunter ein Diplomat und seine Familie. Im März 2018 schließlich wurde der erste Fall aus China gemeldet, der jenen aus Kuba sehr ähnlich war.

Kanada reagierte auf die Angriffe, indem es die Botschaftsmitarbeiter an einem gemeinsamen, sicheren Ort statt vieler verstreuter privater Unterkünfte unterbrachte. Auch die USA brachten ihre mittlerweile deutlich reduzierten Botschaftsmitarbeiter in gesicherten Häusern unter. Zwischenzeitlich wurde sogar die Schließung der US-Vertretung überlegt, obwohl sich kurz zuvor die Beziehungen entspannt hatten.

Wer, warum und wie, ist unklar

Wie genau die Angriffe durchgeführt werden, ist ebenso unklar wie die Frage, von wem und warum. Offizielle Stellen aus den USA und Kanada geben an, dass die Angriffe nicht auf bisher bekannte Waffen oder Technologien zurückzuführen seien. Die erste Vermutung lautete, dass die Schäden durch Schallwaffen ausgelöst wurden, dann waren Mikrowellen im Verdacht. Diese sind aber eigentlich nicht präzise genug.

Die jüngste These lautet laut „New Yorker“, dass bestimmte Frequenzen oder elektromagnetische Impulse, die direkt durch das Ohr der Opfer eingetreten sind, für die Schäden verantwortlich sind. Im Innenohr lösen diese eine Art Blasenbildung aus. Die Blasen können beim Explodieren entweder das Gleichgewichtsorgan beschädigen oder, sofern sie ins Gehirn gelangen, dort zu kleinen Schlaganfällen führen.

Kuba weist jede Verantwortung für die Vorfälle von sich und beteiligte sich an den Untersuchungen – ohne Erfolg. Vermutungen, dass Russland hinter den Angriffen steckt, haben sich nicht bestätigt. Mittlerweile beteiligt sich die US-Bundespolizei FBI neben dem CIA und dem Außenministerium an der Untersuchung – ebenfalls bisher ohne Erfolg.