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Überdimensionale Euromünze
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Reform

Euro-Zone sichert sich gegen Finanzkrisen ab

Europas Finanzminister haben sich nach einer nächtlichen 16-stündigen Marathonsitzung auf eine Reform der Währungsunion verständigt. Wie Euro-Gruppen-Chef Mario Centeno am Dienstag sagte, einigten sich die Mitgliedsstaaten auf ein Sicherungsnetz zur Abwicklung von Krisenbanken und eine Stärkung des Euro-Rettungsfonds ESM.

Beim Budget für die Euro-Zone und dem gemeinsamen Sicherungssystem für Sparguthaben gehen die Debatten weiter. Die Minister bereiteten mit dem Kompromiss Beschlüsse für den Gipfel zur Euro-Zone in der kommenden Woche vor.

Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) sieht darin einen Erfolg der österreichischen Ratspräsidentschaft. Es sei ein wichtiger Schritt in der Vertiefung der Bankenunion gelungen. Der Abschluss sei ein für den Finanz- und Kapitalmarkt nicht zu unterschätzender Erfolg. „Mindestens genauso wichtig ist allerdings, dass die EU am heutigen Tag auch ein Signal der Einigkeit absenden kann. Diese Handlungs- und Kompromissfähigkeit erwarten sich die Bürgerinnen und Bürger auch in anderen Fragen“, so Löger am Dienstag.

Folge der Finanzkrise

Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz sprach sogar von „großen Durchbrüchen“. Einerseits werde es „mehr Sicherheit“ im Bankensektor geben, und andererseits werde der Rettungsfonds ESM „zu so etwas wie einem Europäischen Währungsfonds“ weiterentwickelt.

Die EU-Staaten – abgesehen vom Vereinigten Königreich, das die Gemeinschaft voraussichtlich im kommenden Jahr verlassen wird – diskutieren seit Längerem über Reformen in der Währungsunion. Grund ist, dass die schwere Finanzkrise Europa vor allem ab 2010 weitgehend unvorbereitet getroffen hatte.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die EU-Kommission hatten weitreichende Ideen präsentiert, unter anderem für ein Euro-Zonen-Budget, einen EU-Finanzminister und zum Ausbau des Euro-Rettungsschirms ESM zu einem Europäischen Währungsfonds. Das meiste davon ist nach wie vor Zukunftsmusik, doch nun gibt es zumindest erste Schritte.

Keine zentrale Rolle mehr für IWF

Der ESM, der bisher vor allem Kredite an Staaten in Not vergeben kann, soll künftig auch früher einschreiten können. Außerdem soll er gemeinsam mit der EU-Kommission beim Management von Hilfsprogrammen stärker beteiligt sein. Damit soll vor allem sichergestellt werden, dass Schulden eines Landes tragfähig bleiben. Das heißt, dass sie realistischerweise zurückgezahlt werden können.

In der Vergangenheit – etwa bei den Rettungspaketen für Griechenland – spielte der Internationale Währungsfonds (IWF) noch eine zentrale Rolle. Zwischen dem IWF und der EU gab es jedoch vor allem in der Frage der Schuldenbewertungen teils erhebliche Differenzen.

„Nötige Feuerkraft für große Probleme“

Darüber hinaus soll der ESM auch als Letztsicherung beim europäischen Bankenabwicklungsfonds SRF zum Einsatz kommen. In den SRF zahlen die Banken selbst ein, bis zum Jahr 2024 sollen etwa 55 Milliarden Euro bereitstehen. Sollte der Abwicklungsmechanismus aber überfordert sein, könnte der ESM einspringen. „Damit bekommt der Bankenabwicklungsfonds die nötige Feuerkraft für große Probleme“, meinte ESM-Chef Klaus Regling.

Die Letztsicherung soll nun bereits vor dem Jahr 2024 verfügbar sein – vorausgesetzt, es gibt weitere Fortschritte bei der Senkung von Risiken im Bankensektor. Dazu müssten unter anderem ausfallgefährdete (faule) Kredite in den Bilanzen reduziert werden.

Kein eigenes Budget für Euro-Zone

Offene Fragen gibt es noch bei der Einführung eines Euro-Zone-Budgets innerhalb des gesamten EU-Haushalts. Auf einen solchen Vorstoß hatten sich Deutschland und Frankreich verständigt. Damit könnten wirtschaftliche Unterschiede zwischen den Staaten verringert und Investitionen und Strukturreformen gefördert werden.

Die EU-Staats- und -Regierungschefs könnten nun bei ihrem Gipfel am 13. und 14. Dezember in Brüssel ein Mandat für weitere Verhandlungen erteilen, erklärte Euro-Gruppe-Chef Centeno. Details wie etwa das finanzielle Volumen eines solchen Budgets sind noch offen.

Bei der von der EU-Kommission 2015 vorgeschlagenen Einführung eines gemeinsamen Einlagensicherungssystem für Banken gab es hingegen kaum Fortschritte. Eine Arbeitsgruppe solle nun Möglichkeiten ausloten, hieß es. Vor allem in Deutschland gibt es Bedenken, solange Risiken in den Banken anderer Länder nicht deutlich reduziert sind. Geldinstitute hierzulande fürchten, im Krisenfall haften zu müssen.