Weihnachtsfestessen
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Karpfen oder Lachs?

Der beste Fisch für den Festtagsteller

Weihnachtszeit ist Fischzeit. Doch die Meere leiden unter ihrer Ausbeutung, und nur fünf Prozent des Fischbedarfs in Österreich können durch Produktion im Inland gedeckt werden. Will man nachhaltig genießen, gilt es also einiges zu beachten. Besonders eine Fischart ist dabei zu empfehlen – der (Bio-)Karpfen aus Österreich.

Der Weihnachtsklassiker bekommt in Ratgebern zum Fischkauf und von Fachleuten das mit Abstand beste Zeugnis. Sein Vorteil: Er ist ein Friedfisch, ernährt sich also nicht von anderen Fischen, sondern von Algen und kleinen Lebewesen am Teichboden. Als Zufutter wird nur Getreide eingesetzt. Das schont nicht nur Ressourcen, die Tiere nehmen auch weniger Schadstoffe auf. Weil er keine anderen Fische frisst, gilt der Karpfen als der nachhaltigste und ökologisch unbedenklichste Fisch, den man in unseren Breiten verspeisen kann.

„Ich bin ein Verfechter des Karpfens“, sagt dazu Martin Kainz von der Donau-Universität Krems, der in der Forschungsstation WasserCluster am Lunzer See unter anderem die Nahrungsketten von Fischen erforscht, gegenüber ORF.at. „Er ist ein Friedfisch, mager und nicht schadstoffbelastet.“ Dass der Karpfen oft als fett verschrien ist, lässt er nicht gelten: Mit einem Fettanteil von vier Prozent sei er magerer als Forelle und Saibling. Auch das berüchtigte „Grundeln“ bekommen die Tiere nur, wenn sie bestimmte Blaualgen fressen. Das kann durch entsprechende Haltung und ausreichendes Wässern vor der Schlachtung vermieden werden. „Außerdem lässt er sich köstlich zubereiten“, so Kainz.

Karpfen
Reuters/Herwig Prammer
Der Karpfen kommt in Österreich meist aus dem Waldviertel oder der Südsteiermark

Lage bei Saibling und Forelle komplizierter

Komplizierter ist die Lage schon bei den beliebten Fischsorten Saibling und Forelle, die geräuchert oder gebraten ebenfalls gerne auf dem Festtagstisch landen. Der Grund: Beide Fische sind Raubfische, die mittlerweile vor allem in Aquakulturen gezüchtet werden. Und dafür braucht es reichlich Futter, das wiederum aus anderen Fischen hergestellt wird.

Dieses Fischfutter besteht laut Kainz zu 20 bis 25 Prozent aus Fischmehl, das die Fische mit Proteinen und Nährstoffen versorgt. Als Faustregel gilt, dass für ein Kilo Raubfisch rund zwei Kilo Futterfisch benötigt werden. Die Tiere für das Futter kommen oft aus bereits überfischten Meeresbeständen, etwa aus Südamerika. Kalkuliert man Transport, die energieaufwendige Futterherstellung und die Zucht selbst ein, schneiden herkömmliche Aquakulturen in Sachen Nachhaltigkeit oft schlecht ab.

Herkunft und Futter zählen

Ob Forelle oder Saibling eine gute Wahl sind, hängt deswegen auch stark von der Herkunft und Zusammensetzung des Futters und der gegebenen Futtermenge ab. „Wenn es kein Karpfen sein soll, sind Saibling und Forelle schon empfehlenswert – vorausgesetzt, man weiß, wo die Fische gezogen wurden und ob das Fischfutter vertretbar ist“, empfiehlt Kainz.

Forellen im See
Reuters/Dominic Ebenbichler
Weltweit stammt mittlerweile jeder zweite Fisch aus Aquakulturen. In Österreich beträgt der Marktanteil rund 30 Prozent.

Umweltschutzorganisationen raten deswegen, zu Bioforellen und Biosaiblingen aus Österreich zu greifen. In der hierzulande streng regulierten Biofischzucht werden Raubfische etwa eher mit Resten aus der Fischfiletierindustrie gefüttert, zudem wird auf synthetische Zusatzstoffe im Futter verzichtet.

Kürbiskern statt Fischmehl

Kainz weist übrigens darauf hin, dass sich im Bereich Fischfutter in den vergangenen Jahren einiges getan habe. Der Anteil an Fischmehl sei kontinuierlich reduziert worden, dazu werde auch nach noch nachhaltigeren Alternativen gesucht. Kainz’ Team habe etwa erfolgreich damit experimentiert, Saiblinge mit Kürbiskernpresskuchen zu füttern. Dabei habe es ähnliche Wachstumserfolge wie bei der regulären Fütterung gegeben, und die Fische hätten fast ebenso viel Omega-3-Fettsäuren enthalten.

Experimente wie dieses bieten sich vor allem bei Süßwasserfischen an, weil diese Omega-3-Fettsäuren aus ihrem Futter effizienter umwandeln können als Meeresfische. Eine interessante Alternative zu Fischmehl sind übrigens laut Kainz auch Proteine aus Insekten. Man müsse aber darauf achten, dass diese die richtige Biomasse haben. Sprich: Futter aus Insekten muss den gleichen Kaloriengehalt haben wie etabliertes Futter. Daran tüftle man noch, so Kainz: „Zurzeit ist es noch etwas verfrüht für den Einsatz.“

Lachs nicht empfehlenswert

Nicht nur zu Weihnachten beliebt ist auch der Lachs. Doch der große, europaweite Gusto nach dem rosafarbenen Fischfleisch führt dazu, dass Lachs mittlerweile in ausufernden Maßstäben gezüchtet wird. Kainz spricht von einer „Massenindustrie, die zu ihrem Preis kommt“. Eines der Probleme ist, dass ein relativ kleiner Raum eine enorme Nachfrage decken muss. In Europa würden zu 80 bis 90 Prozent atlantische Lachse konsumiert, die vorrangig in Norwegen und Schottland gezüchtet werden.

Lachsfarm
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In Norwegen säumen Lachsfarmen die Küsten und Fjorde

Dabei würden „Tausende Tonnen“ an nicht nachhaltigem Fischfutter eingesetzt, das vielfach aus Gebieten kommt, die bereits überfischt sind oder sich an der Grenze ihrer maximalen Ausbeutung befinden. Die Fische werden auf sehr engem Raum gehalten und sind dadurch auch krankheitsanfällig, wogegen Antibiotika und Chemikalien eingesetzt werden. Der WWF empfiehlt in seinem Fischratgeber, Lachse aus Netzkäfiganlagen zu meiden. Auch auf Wildfang aus europäischen Beständen sollte verzichtet werden, weil diese bereits überbeansprucht sind. Müsse es unbedingt Lachs sein, sei nur Wildlachs aus Alaska wirklich zu empfehlen.

Fisch aus Österreich ist Trumpf

Grundsätzlich geben Fachleute und Umweltschutzorganisationen aber die Empfehlung, nicht nur zu Weihnachten Fisch aus Österreich zu kaufen, bei Meeresfisch besonders aufmerksam zu sein und auf Zertifizierungen zu achten. Allerdings gilt es auch hier, genau hinzuschauen. So sorgt etwa das MSC-Siegel für Debatten – mehr dazu in help.ORF.at. Wer sich über eine konkrete Fischart informieren will, kann den WWF-Fischratgeber konsultieren.

Bewussterer Konsum ist angesichts des wachsenden Fischhungers jedenfalls gefragt: Laut der UNO sind 90 Prozent der kommerziell genutzten Fischbestände bereits entweder bis an die Grenze genutzt oder überfischt. Mit 20 Kilogramm pro Kopf und Jahr konsumiert die Menschheit heute doppelt so viel Fisch wie noch vor 40 Jahren – und ein Ende ist nicht in Sicht.