Kramp-Karrenbauer erhielt 450 Stimmen, Merz 392 Stimmen und Spahn 157. Für einen Sieg im ersten Wahlgang wären 500 Stimmen notwendig gewesen. Jetzt kommt es darauf an, wem die Anhänger von Spahn in der zweiten Runde ihre Stimme geben. Es war das erste Mal seit 1971, dass die CDU-Delegierten bei der Wahl ihres Vorsitzenden zwischen mehreren Kandidaten entscheiden konnten.
Im Parteistatut heißt es: „Bei allen Wahlen ist die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen erforderlich.“ Bekommt also im ersten Wahlgang einer der Kandidaten mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen, ist die Wahl entschieden. Ist das nicht der Fall, kommt es zu einer Stichwahl zwischen den beiden Kandidaten, die im ersten Wahlgang die meisten Stimmen erhalten haben.
Über Merkels Nachfolger stimmen die rund tausend Delegierten in geheimer Wahl ab, dafür erhielten sie aufklappbare Tischwahlkabinen aus Pappe. Diese lagen auf den Plätzen der Delegierten aus. Zuvor hatten die drei Kandidaten in Bewerbungsreden für sich geworben und Fragen der Delegierten beantwortet.
Kramp-Karrenbauer: „Mut zum neuen Aufbruch “
Dabei machte Generalsekretärin Kramp-Karrenbauer den Anfang vor Ex-Unionsfraktionschef Merz und Gesundheitsminister Spahn. In ihrer Bewerbungsrede rief Kramp-Karrenbauer ihre Partei auf, den „Mut“ für die Aufgaben der Zukunft zu haben. Die CDU müsse den Mut haben, „nicht den Schwarzmalern hinterherzulaufen“, sagte die Generalsekretärin.
Die CDU müsse die Digitalisierung vorantreiben, einen starken und konsequenten Staat durchsetzen und Verantwortung für das Gemeinwohl auch mit einem Gesellschaftsjahr schaffen. Die CDU müsse mit ihren Ideen eine Strahlkraft entwickeln und daraus ihre Stärke ziehen und nicht, weil sie den stärksten Angriff auf den politischen Gegner fahre, sagte Kramp-Karrenbauer. „Das reicht mir für eine Volkspartei wie die CDU nicht aus.“ Die Partei müsse stark sein und „unzweideutig“ zu ihrem Wertekompass stehen.
Die Saarländerin stellte sich als erste der drei Bewerber für den Parteivorsitz den rund 1.000 Delegierten am Parteitag vor. „Keiner der drei Kandidaten wird der Untergang der Partei sein“, sagte Kramp-Karrenbauer unter lautem Applaus der Delegierten. Sie dankte zudem ausdrücklich der scheidenden Parteichefin Merkel.
Merz verlangt Erneuerung
Merz forderte in seiner Bewerbungsrede für den CDU-Vorsitz die Partei zu einer Erneuerung auf. „Von diesem Parteitag muss ein Signal des Aufbruchs und der Erneuerung unserer Partei ausgehen“, sagte Merz. Es brauche einen „Strategiewechsel“ im Umgang mit Themen, in der Auseinandersetzung mit dem politischen Wettbewerber sowie in der Kommunikation mit den Bürgern.
Während der Zuspruch zu den Volksparteien abnehme, seien die Populisten von links und rechts „immer lauter und immer erfolgreicher“, sagte Merz. Die AfD sitze inzwischen im Bundestag und allen 16 Landesparlamenten, während die CDU viele Wähler auch an die Grünen verliere. Dieser Zustand sei für ihn „einfach unerträglich“, sagte der frühere Unionsfraktionschef.
Merz erneuerte seine Forderung nach einer „Agenda für die Fleißigen“. Er sprach sich zudem für einen starken Staat aus und sagte im Hinblick auf die Einwanderungspolitik: „Es gibt auch Grenzen unserer Möglichkeiten.“
Spahn: „Kein Weiter so“
Jens Spahn, will nach eigenen Worten kein „Weiter So“ und „kein Zurück in die Vergangenheit“. Notwendig sei eine Vision für die Zukunft, die er von einem sicheren, innovativen und anpackenden Deutschland 2040 entwarf. „Ich will, dass wir unsere Freiheit verteidigen, gegen alle Feinde der Freiheit heute und in Zukunft jeden Tag.“ Er selbst laufe nicht weg, wenn es eng werde und er sei auch bereit gegen den Strom zu schwimmen.
Die CDU müsse unterschiedliche Positionen aushalten. Vor allem aber, so Spahn, müsse sich Leistung wieder lohnen und all jene, die arbeiten mehr bekommen als jene, die nichts täten.
Merkel rief zu Geschlossenheit auf
Merkel hatte zuvor in ihrer Rede ihre Parteifreunde zur Geschlossenheit aufgerufen. Sie sagte, die CDU könne auch in Zeiten von Polarisierung und AfD gute Ergebnisse erringen, „wenn wir geschlossen und entschlossen kämpfen“. Sie sagte: „Wohin uns nicht enden wollender Streit führt, dass haben CDU und CSU in den letzten Jahren bitter erfahren.“
Merkel, die nach mehr als 18 Jahren an der CDU-Spitze nicht mehr für den Vorsitz antreten wollte, wurde von den 1001 Delegierten mit knapp zehn Minuten Applaus verabschiedet. Viele hielten Schilder mit der Aufschrift „Danke, Chefin“ hoch.
Merkel hatte Ende Oktober nach Kritik und Wahlschlappen in Bayern und Hessen ihren Rückzug von der CDU-Spitze erklärt. Den Parteitag nutzte sie auch für eine Blick zurück. Sie sagte, die CDU habe nach der Parteispendenaffäre unter Bundeskanzler Helmut Kohl nicht klein beigegeben, sondern „wir haben es allen gezeigt“. Sie betonte, die Aussetzung der Wehrpflicht 2011 sei richtig gewesen, und verteidigte ihre Entscheidung von 2015, Flüchtlinge von der Balkan-Route in Deutschland aufzunehmen.
Schwarz (ORF) über Merkels Abschiedsrede
In ihrer Abschiedsrede als Parteichefin hat Angela Merkel ihre Partei zu Geschlossenheit aufgerufen. ORF-Korrespondentin Birgit Schwarz berichtet vom CDU-Parteitag.
Neben dem Vorsitzenden, den fünf Stellvertretern, dem Schatzmeister und fünf weiteren Präsidiumsmitgliedern werden in Hamburg auch 26 Mitglieder des Bundesvorstands sowie 19 Beisitzer gewählt. Außerdem soll der Parteitag nach dem Willen des Bundesvorstands einen Beschluss zum umstrittenen UNO-Migrationspakt fassen. Dazu wird es aber voraussichtlich erst am Samstag kommen.