„Gelbwesten“-Demonstrant bei Marseille
APA/AFP/Sylvain Thomas
„Gelbwesten“-Proteste

Macron kündigt Rede an Nation an

Nach den Protesten der vergangenen Wochen reagiert nun auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron auf die „Gelbwesten“. Er kündigte für Montagabend eine Rede an die Nation an. Schon davor will er sich mit Opposition, Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften treffen, nachdem der Druck auf ihn zuletzt deutlich gestiegen ist.

Der Staatschef werde um 20.00 Uhr sprechen, teilte der Elysee-Palast am Sonntagabend in Paris mit. Zuvor hatten unter anderen Vertreterinnen und Vertreter der „Gelbwesten“ und die Opposition Antworten des Präsidenten gefordert, der bisher vor allem Premierminister Edouard Philippe das Wort überlassen hatte.

Vor seiner Rede will Macron Vertreterinnen und Vertreter von Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden sowie von Nationalversammlung und Senat empfangen. Premierminister Philippe hatte nach den jüngsten, von Ausschreitungen begleiteten Massenprotesten am Samstag einen „Dialog“ angekündigt. Er stellte neue Vorschläge des Präsidenten in Aussicht, die es der Nation ermöglichen sollten, „auf der Höhe der Herausforderungen zu sein“.

„Konkrete Maßnahmen“

Arbeitsministerin Muriel Penicaud kündigte an, Macron werde „konkrete und sofortige Maßnahmen“ vorstellen. Dazu würden aber keine Verbesserungen beim Mindestlohn gehören. Macrons Sprecher Benjamin Griveaux räumte am Sonntag ein, dass die Regierung offenbar das Bedürfnis der Französinnen und Franzosen unterschätzt habe, sich Gehör zu verschaffen.

In Pariser Ministerien werde überlegt, die Sozialausgaben zu erhöhen oder Steuererleichterungen einzuräumen, berichtete die Sonntagszeitung „Le Journal de Dimanche“ („JDD“) unter Berufung auf Insider. Für Macron und die Philippe-Regierung ist der Konflikt allerdings eine Gratwanderung – denn sie hatten Europa versprochen, die Staatsfinanzen zu sanieren und die Maastrichter Defizitgrenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung dauerhaft einzuhalten. Allein der Verzicht auf das Anheben der Treibstoffsteuer schlage im kommenden Jahr mit etwa vier Milliarden Euro zu Buche, so das „JDD“.

Rund 2.000 Festnahmen bei Protesten

Die Proteste eskalierten am Wochenende erneut. Landesweit wurden knapp 2.000 Menschen festgenommen, wie verschiedene Medien unter Berufung auf das Innenministerium berichteten. Mehr als 1.700 Menschen kamen in Gewahrsam, sie können nach französischem Recht damit bis zu 24 Stunden festgehalten werden.

Festnahme bei bei Demonstration der Gelbwesten
Reuters/Stephane Mahe
Laut Angaben des Innenministeriums standen 136.000 Protestierenden 89.000 Sicherheitskräfte gegenüber

Mehr als 250 Menschen wurden früheren Angaben des Innenministeriums zufolge verletzt, darunter rund 30 Sicherheitskräfte. Bei Polizei und Gendarmerie ist die Zahl der Verletzten damit im Vergleich zu den vorangegangenen Protesten deutlich gesunken: Nach Angaben von Innenminister Christophe Castaner hatte es in ihren Reihen am 1. Dezember 284 Verletzte gegeben – rund siebenmal so viele wie jetzt.

In ganz Frankreich waren laut offiziellen Schätzungen rund 136.000 Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die Regierungspolitik und steigende Lebenshaltungskosten zu demonstrieren. Ihnen standen insgesamt 89.000 Sicherheitskräfte gegenüber. Die Proteste der „Gelbwesten“ („Gilets jaunes“) dauern seit Wochen an, immer wieder kommt es dabei zu gewaltsamem Auseinandersetzungen.

Minister: „Katastrophe für Wirtschaft“

Wirtschaftsminister Bruno Le Maire bezeichnete die Gewalt bei den Protesten der „Gelbwesten“ am Sonntag als „Katastrophe für den Handel, sie ist eine Katastrophe für unsere Wirtschaft“. Gleichzeitig sprach er von einer „sozialen Krise“ und von einer Krise der Demokratie und der Nation.

Auch Außenminister Jean-Yves Le Drian zeigte sich besorgt. „Ich weiß, wie zerbrechlich die Demokratie ist“, sagte er den Sendern RTL und LCI. Es sei gefährlich, wenn „unsere Institutionen, unser Zusammenleben infrage gestellt“ würden. Dass einige Demonstranten zu einem „Aufstand“ aufrufen, beunruhige ihn.

Scharfe Kritik nach Trump-Tweet

Le Drian kritisierte in seinem Fernsehinterview auch US-Präsident Donald Trump. Dieser begründete die Proteste in einem Tweet unter anderem mit den Inhalten des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015, das die USA inzwischen aufgekündigt haben. „Das Pariser Abkommen geht für Paris nicht so richtig auf“, schrieb Trump am Samstag auf Twitter. Le Drian sagte in Richtung des US-Präsidenten: „Wir nehmen nicht Teil an den amerikanischen Debatten, lassen Sie uns unser Leben als Nation leben!“