Wahlplakate von Van der Bellen und Norbert Hofer zur Bundespräsidentenwahl 2016
ORF.at/Dominique Hammer
Hofburg-Wahl wiederholt

FPÖ klagt Republik auf 3,4 Mio. Euro

Die Hofburg-Wahl 2016 steht vor einem weiteren gerichtlichen Nachspiel: Die FPÖ, die die Stichwahl damals erfolgreich angefochten hatte, will jetzt die Republik auf 3,4 Millionen Euro Schadenersatz klagen, berichtete die „Kronen Zeitung“ (Montag-Ausgabe). Die Partei will sich auf diesem Weg die entstandenen Kosten für die Wahlwiederholung zurückholen.

Für die FPÖ ist der Präsidentschaftswahlkampf damit offenbar noch nicht abgeschlossen. Der Wahlkampf zur Bundespräsidentenwahl dauerte fast ein Jahr. Der erste Wahlgang erfolgte im April, im Mai kam es zur Stichwahl zwischen FPÖ-Kandidat Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen, die der frühere Grünen-Chef knapp gewann.

Die FPÖ brachte die Stichwahl damals wegen Unregelmäßigkeiten seitens der Wahlbehörden vor den Verfassungsgerichtshof, was die Wiederholung der Stichwahl zur Folge hatte. Der ursprünglich für Oktober anvisierte Termin konnte wegen Problemen bei den Briefwahlkuverts nicht eingehalten werden, schließlich wurde am 4. Dezember gewählt. Diesen Wahlgang entschied Van der Bellen mit 53,79 Prozent der Stimmen für sich.

Hafenecker: „Organe der Republik haben versagt“

Jetzt klagen ausgerechnet die Freiheitlichen die Republik auf Schadenersatz. Sie wollen jene Kosten ersetzt bekommen, die ihnen durch die Wiederholung der Stichwahl entstanden sind. „Es gibt eine Amtshaftungsklage, weil die Organe der Republik aus unserer Sicht versagt haben“, bestätigte FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker die Klage gegenüber der „Krone“. Hafenecker sieht die Republik in der Verantwortung, weil Unregelmäßigkeiten seitens der Behörden die Wiederholung der Stichwahl erst notwendig gemacht hätten.

Keine „angenehme Sache“

„Die Republik zu klagen ist nie eine angenehme Sache, das ist uns vollkommen bewusst“, so der FPÖ-General. Dennoch sei diese notwendig, „damit wir die zusätzlichen Kosten, die durch den zusätzlichen Wahlgang entstanden sind, refundiert bekommen“, sagte Hafenecker.

„Der Finanzreferent und Wirtschaftsprüfer der FPÖ haben gegenüber dem Parteivorstand und den Freiheitlichen insgesamt eine Verantwortung zu tragen, Schäden sind abzuwenden“, so Hafenecker in einer Aussendung. „Sachlichkeit und eine objektive Betrachtungsweise“ seien hierbei wichtig, so Hafenecker. „Wir sind uns sicher, dass unsere unabhängigen Gerichte korrekt entscheiden werden.“

Van der Bellen und Norbert Hofer im Wahlstudio zur Bundespräsidentenwahl 2016
ORF.at/Roland Winkler
Hofer unterlag bei der Wiederholung der Stichwahl im Dezember 2016 Van der Bellen

Er begründete die Klage damit, dass sich die FPÖ sonst dem Vorwurf der Untreue aussetzen könnte, da es sich bei den Wahlkampfmitteln um öffentliches Geld handle. Man sei als Partei in der Finanzgebarung rechtlichen Regeln unterworfen, so Hafenecker. Um sich selbst zu entlasten, habe der Parteivorstand den Beschluss gefasst zu klagen.

Peschorn bestätigt Einbringung

Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur, bestätigte die Einbringung der Klage durch die FPÖ. „Wir werden alles tun, um die Republik schadlos zu halten“, sagte er. Mögliche Ansprüche aus der aufgehobenen Präsidentschaftsstichwahl würden bekanntermaßen bereits seit Längerem geprüft. „Wir achten natürlich darauf, dass keine Verjährungen eintreten.“

Am Landesgericht Klagenfurt gab es zur aufgehobenen Wahl bereits einen Prozess. Im Strafverfahren gegen Verantwortliche in Villach, unter ihnen der Villacher Bürgermeister Günter Albel (SPÖ), hatte es keine Privatbeteiligten gegeben – weder die Republik noch die FPÖ. Villach ist einer jener Bezirke, in denen es zu Unregelmäßigkeiten gekommen war. Die FPÖ hatte sich im Verfahren, das auch eigene Wahlbeisitzer betraf, mit ihren Ansprüchen zunächst angeschlossen, diese aber kurz vor Prozessbeginn kommentarlos zurückgezogen.

Van-der-Bellen-Verein nimmt Abstand

Der Verein „Gemeinsam für Van der Bellen“, der die Präsidentschaftskandidatur Van der Bellens organisierte, lehnt die Klage unterdessen ab. Man wolle keinen jahrelangen Rechtsstreit auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Zudem könnten bei einer solchen Klage einfache Wahlbeisitzerinnen und -beisitzer zum Handkuss kommen.

„Wir haben bereits seinerzeit nach Aufhebung der ersten Stichwahl durch den Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit einer Schadenersatzforderung geprüft. Wir sind schon damals zu dem Ergebnis gekommen, dass wir von einem derartigen Schritt aus demokratiepolitischen, moralischen und juristischen Gründen Abstand nehmen“, so der Ex-Wahlkampfleiter Van der Bellens, Lothar Lockl.

„Mit einer derart strittigen Schadenersatzforderung ist ein jahrelanger Rechtsstreit mit enormen Kosten verbunden. Es geht um Steuergeld. Gerade in Zeiten von Kürzungen und Sparpaketen ist besonders sorgsam mit öffentlichen Geldern umzugehen“, so Lockl, der auch Obmann des Vereins „Gemeinsam für Van der Bellen“ ist.

SPÖ sieht „Schamlosigkeit“

Die Klage stieß bei der SPÖ auf scharfe Kritik. „Es ist eine Schamlosigkeit, in Zeiten von Kürzungen der Mindestsicherung und anderem Sozialabbau juristische Schritte zu setzen, um die Parteikassen aufzufetten“, so Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda. „Die FPÖ lässt jedweden Anstand vermissen.“

Interessant sei zudem, wer in dieser Causa wen klage. „Klagt der ehemalige FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl den nunmehrigen Innenminister Kickl oder der unterlegene Kandidat und jetzige Verkehrsminister Norbert Hofer den Innenminister? Oder klagen Kickls Nachfolger den früheren Innenminister und nunmehrigen Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP, Anm.)“, so Drozda. Fakt sei, „dass jede Klage und jedes Urteil von Steuergeldern bezahlt wird“, sagte Drozda.

Auch NEOS übte Kritik. Die Schadenersatzforderung der FPÖ sei zwar vielleicht rechtlich gedeckt, jedoch nicht redlich, so NEOS-Generalsekretär Nikola Donig in einer Aussendung. „Nicht alles, was rechtlich zu argumentieren ist, ist politisch und moralisch tragbar.“ Die FPÖ sehe die Republik „offenbar als Goldesel. Erst schamlos die Wahlkampfkostenbeschränkung bei der Nationalratswahl um 3,7 Millionen Euro zu überschreiten, um dann zu versuchen, sich fast die gleiche Summe von der Republik zu holen, ist ein allzu leicht durchschaubare Vorgehen, um die Parteifinanzen zu sanieren.“