Barbara Helige
APA/Roland Schlager
Liga für Menschenrechte

„Kein gutes Jahr“ für Österreich

Die Österreichische Liga für Menschenrechte zeichnet ein düsteres Bild der menschenrechtlichen Kultur in Österreich. 2018 sei für diese „kein gutes Jahr“ gewesen, sagte Präsidentin Barbara Helige in einer Pressekonferenz am Montag. Pessimistisch zeigte sich auch EX-ÖVP-Nationalratspräsident Heinrich Neisser, und das über die Grenzen des Landes hinaus.

Helige bezeichnete vor allem die Nichtunterzeichnung des UNO-Migrationspakts als „schweren Schlag“ für die menschenrechtliche Kultur in Österreich. Es sei das ein „verheerendes Zeichen der Entsolidarisierung gegenüber der Staatengemeinschaft“, meinte sie. Der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung warf sie aber auch generell das Dulden von Diffamierung vor, samt einer Gesetzgebung, die Verstöße gegen Diskriminierungsverbote in Kauf nehme. Immerhin gebe es aber noch Gerichte wie den Verfassungsgerichtshof, der die schlimmsten Verstöße verhindern könne.

Die Präsidentin erinnerte an jüngste Fälle wie jenen des niederösterreichischen FPÖ-Asyllandesrats Gottfried Waldhäusl. Der Fall Drasenhofen zeige, wie sich ein menschenverachtender Vollzug über rechtsstaatliche Vorgänge hinwegsetze. Als „Silberstreif“ bezeichnete sie, dass es zunehmend die Bereitschaft der Bevölkerung gebe, sich dagegen zu sträuben. Helige erinnerte da an den Widerstand in Vorarlberg gegen die Abschiebung von Flüchtlingen. „Man kann sagen, Widerstand wirkt. Ablehnung und Diskriminierung kann sehr wohl überwunden werden.“

„Rückfall in nationalistisches Denken“

Neisser zeigte sich weit von Optimismus entfernt. Er stimme jenen zu, die in der internationalen Diskussion eine immer stärkere Erosion der Menschenrechte konstatierten. „Es ist eine gewisse Mode geworden, internationales Recht und Völkerrecht abzulehnen“, verwies er auf die USA und auch Italien. Er bedaure es, dass die österreichische Ratspräsidentschaft in der EU hier keine klaren Aussagen mache.

Die Berufung auf die Souveränität etwa beim Menschenrechtspakt kritisierte er. Das sei „quasi ein Rückfall in ein nationalistisches Denken“ und in „nationalen Egoismus“. Der ÖVP warf er vor, das Nichtscheitern der Koalition mit der FPÖ zum obersten Prinzip gemacht zu haben. „Wenn Sie anfangen, Menschenrechtspolitik mit der innenpolitischen Konzession innerhalb der Regierung zu kombinieren, haben Sie eine völlig andere Ausgangssituation“, so sein Befund.

Kritik an Mittelkürzung

Eine „traurige Bilanz“ zog auch Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF). Frauen und Frauenrechte würden weiter nicht ernst genommen, Österreich komme seinem internationalen Handlungsauftrag beim Gewaltschutz nicht nach, sondern kürze sogar die Mittel in diesem Bereich.

Dieter Schindlauer von der Anti-Rassismus-Beratungsstelle ZARA kritisierte, dass im öffentlichen Diskurs, aber auch in privaten Auseinandersetzungen der Anstand abhandengekommen sei. Vor allem in Internetforen und Sozialen Netzwerken sehe man „völlig schrankenlosen Hass“ und Mordaufrufe von Menschen, die unter dem Eindruck handelten, dass sie das aus einem Gefühl der Selbstverteidigung heraus tun müssten. „Es klingt zynisch, aber die Menschen sollten sich vor den richtigen Sachen fürchten“, meinte er: „Was tatsächlich verbreitet wird, ist Angst vor denen, die keine Lobby haben.“