Pressefreiheit: Warnung vor ungarischen Verhältnissen

Zum Tag der Menschenrechte hat die Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen (ROG) gestern Abend im Rahmen einer Podiumsdiskussion versucht, der derzeitigen Situation der Pressefreiheit in Österreich auf den Grund zu gehen.

Die ungarische Medienexpertin Krisztina Rozgonyi zeichnete dabei ein ernüchterndes Bild der Pressefreiheit in ihrem Heimatland und warnte vor derartigen Entwicklungen in Österreich. In den drei Jahren, in denen sie nun in Österreich ist, habe sich auch hier viel verändert, so Rozgonyi. Der größte Feind der Pressefreiheit ist für sie eine „Normalisierung“ fragwürdiger Entwicklungen.

Florian Klenk, Michael Nikbakhsh, Rubina Möhring, Krisztina Rozgonyi und Anthony Mills bei der Podiumsdiskussion zum Thema „Medien und Rechtsstaat“
ORF.at/Peter Prantner
Florian Klenk, Michael Nikbakhsh, Rubina Möhring, Krisztina Rozgonyi und Anthony Mills (v. l. n. r.)

ROG-Österreich-Präsidentin Rubina Möhring hatte Vertreterinnen und Vertreter zur Diskussion ins APA-Pressezentrum geladen. Neben Rozgonyi saßen France24- und AP-Korrespondent Anthony Mills, „Falter“-Chefredakteur Florian Klenk und „profil“-Wirtschaftsressortleiter Michael Nikbakhsh am Podium. Laut den Diskutanten ist Österreich zwar noch weit von ungarischen Verhältnissen entfernt, neue Herausforderungen gebe es aber auch hierzulande mehr als genug.

„Noch knapp im weißen Bereich“

Wie Möhring dazu im gestern veröffentlichten „Befund 2018“ der Österreichischen Liga für Menschenrechte anmerkte, konnte sich Österreich im letzten internationalen ROG-Ranking zwar „noch knapp im weißen Bereich und damit im Bereich ungefährdeter Presse- und Informationsfreiheit halten“. Doch seit der Angelobung der neuen Regierung im Dezember 2017 „mehren sich rapide die Anzeichen, dass in Österreich Medien- und Informationsfreiheit eingeschränkt wird“.

Im Fokus der Diskussion stand somit die seit einem Jahr im Amt befindliche ÖVP-FPÖ-Koalition, die Nikbakhsh zufolge selbst wie ein Medienunternehmen agiere. Medien „würden nur mehr in Form von Zuckerlschluckern“ benötigt, sagte Klenk. Der „Falter“-Chefredakteur merkte an, es fehle der heimischen Presse zunehmend an kritischer Distanz.

„Völlig unterschätzt“

Thematisiert wurde auch die Rolle der Sozialen Netzwerke, die von der Regierung intensiv als Kommunikationskanal genutzt würden. Mills erinnerte hier an die breitenwirksamen Twitter-Aktivitäten von US-Präsident Donald Trump, der damit Journalisten vielfach gar „nicht mehr braucht“.

Den etablierten Medien bescheinigte Mills dennoch eine „gewisse demokratische Macht“. Als aktuelles Beispiel wurde bei der Podiumsdiskussion die Causa Waldhäusl um das nach Medienberichten wieder geschlossene Flüchtlingsheim Drasenhofen hervorgehoben. Rozgonyi mahnte dennoch zur Wachsamkeit. Sie selbst habe vor acht Jahren die anstehenden Entwicklungen unter der Regierung von Premier Viktor Orban jedenfalls noch „völlig unterschätzt“.