Der österreichische Journalist Max Zirngast
APA/AFP/Ipek Yuksek
Fall Zirngast

Österreicher wartet auf Anklage in Türkei

Im Falle des seit September in der Türkei inhaftierten österreichischen Journalisten Max Zirngast soll es nun eine Anklageschrift geben. Deren Inhalt werde aber geheim gehalten, sagte sein Anwalt Murat Yilmaz. Den Vorwurf, dass Zirngast Kontakt mit einer Terrorgruppe gehabt habe, wies er zurück. Indes wurde auch Kritik an der mangelnden Hilfe der österreichischen Regierung laut.

„Max hat mit keiner Organisation, schon gar nicht mit einer bewaffneten Terrororganisation irgendeine Verbindung“, sagte Zirngasts Anwalt am Dienstag im Ö1-Morgenjournal. Ihm werde die Mitgliedschaft in einer linksgerichteten „terroristischen Vereinigung“ vorgeworfen – bei einer Verurteilung drohen Zirngast zehn Jahre Haft.

„Ginge es darum, dann hätte ihn der Staatsanwalt in dieser Richtung befragt. Aber die Fragen, die ihm gestellt wurden, haben sich bisher nur darauf bezogen, was Max erforscht und worüber er geschrieben hat“, so Yilmaz weiter. Zirngast selbst nannte bereits einen Artikel, in dem er den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan offenbar beleidigt habe, als Gegenstand seiner Befragung. In der Türkei steht Präsidentenbeleidigung unter Strafe – für Aufsehen sorgte etwa die Anzeige gegen den deutschen Satiriker Jan Böhmermann 2016.

„Niederknien vor Erdogan muss Ende haben“

Der österreichische Journalist und Politikwissenschaftler wurde am 11. September festgenommen und sitzt seither ohne Anklage im Hochsicherheitsgefängnis Sincan in Ankara ein. Sein Anwalt sagte, die Behörden hätten mit Sicherheit nichts gegen Zirngast in der Hand, sonst hätten sie ihre Vorwürfe längst an die Regierung in Wien übermittelt. Die „stille Diplomatie“ Wiens habe bisher aber nichts erreicht – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Auch die frühere grüne Nationalratsabgeordnete Berivan Aslan sagte gegenüber Ö1, dass die Regierung zu wenig tue: „Das Niederknien vor Erdogan muss ein Ende haben.“ Der Präsident des Österreichischen Journalistenclubs (ÖJC), Fred Turnheim, schlug in dieselbe Kerbe: „Österreich tut zu wenig, hier ist eine gemeinsame Solidarität zwischen Politik, Diplomatie und Öffentlichkeit notwendig“, forderte er in Ö1. Der Kritik schloss sich am Dienstag in einer Aussendung auch Andreas Schieder, außenpolitischer Sprecher der SPÖ, an.

Max Zirngast
ORF
Zirngast wurde am 11. September verhaftet

Nach Informationen Aslans sitzt nicht nur der Journalist nach wie vor in der Türkei im Gefängnis, auch vier weitere Österreicher seien offenbar dort in Haft, so Aslan weiter. Anderen seien die Pässe abgenommen worden. Das Außenministerium bestätigt diese Zahlen nicht.

Solidaritätskampagne auf globaler Ebene

FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl hatte erst vor Kurzem bestätigt, dass es in der Causa Zirngast ein Gespräch zwischen Bundespräsident Alexander Van der Bellen und dem türkischen Präsidenten gegeben habe, an dem auch sie und ihr türkischer Amtskollege teilgenommen hätten. „Was gefordert wird, ist ein möglichst rascher Prozessbeginn und ein fairer Prozess“, sagte sie – allerdings gelte: „Solange etwas in Gerichtshänden ist, egal wo auf der Welt, können Sie sich politisch nicht einmischen.“

Mittlerweile organisiert eine Solidaritätskampagne für Zirngast Veranstaltungen auf globaler Ebene: Den Auftakt bildet laut einer Aussendung am 12. Dezember eine Diskussionsveranstaltung in New York, in Zürich findet am 15. Dezember ein Vortragsabend über politische Repression statt.

Am 16. Dezember steht in Wien eine Veranstaltung im Schauspielhaus statt, an der neben Aslan und Turnheim auch der Präsident des Landesgerichts Wien, Friedrich Forsthuber, der Dramatiker und Autor Thomas Köck und die Präsidentin von Reporter ohne Grenzen Österreich, Rubina Möhring, teilnehmen werden. Den Abschluss der Solidaritätswoche bildet am 18. Dezember die Verleihung des Karl-Renner-Solidaritätspreises an Zirngast im Wiener Rathaus.

Zirngast kritisierte Erdogan-Regierung scharf

In einem Artikel für die „Washington Post“ Ende November schrieb Zirngast über seine Inhaftierung und analysierte die Regierung des türkischen Präsidenten. „Meine Verhaftung war eine perverse Bestätigung des Autoritarismus, den ich in den vergangenen paar Jahren aufgezeichnet habe und gegen den ich aufgetreten bin“, so Zirngast.

Der Text mit dem Titel „Ich bin ein Journalist in einem türkischen Gefängnis. Warum hat Erdogan Angst vor Menschen wie mir?“ fasst Briefe des Steirers zusammen, die er nach Österreich an die Kampagne geschickt hat, die sich für seine Freilassung einsetzt. Darin kritisierte auch die Haftbedingungen im Sincan-Gefängnis.