Ägypter tragen gelbe Westen in Kairo
AP/Brian Rohan
Aus für gelbe Westen

Kairo will nicht Paris werden

In Ägypten verbieten Behörden nun präventiv den Verkauf gelb reflektierender Westen. Grund dafür scheint die Sorge vor Nachahmern der „Gelbwesten“-Proteste in Frankreich zu sein. Und auch der Jahrestag der Aufstände im Jänner des Jahres 2011 steht bereits vor der Tür. Massenproteste führten damals zu einem politischen Umbruch in Ägypten.

Händler industrieller Sicherheitsausstattung sollen angewiesen worden sein, keine gelben Westen an Laufkundschaft zu verkaufen. Zudem sollen nur verifizierte Unternehmen die Westen verkaufen dürfen – und auch nur dann, wenn sie über eine Berechtigung der Polizei verfügen. Das berichtete die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) am Montag aus Kairo mit Verweis auf anonyme Sicherheitsbeamte sowie Einzelhändler.

Einige dieser Händler kommentierten das Verbot nicht, andere nannten die „Gelbwesten“-Proteste als offensichtlichen Grund. Einer wurde mit den Worten zitiert: „Sie wollen offenbar nicht, dass jemand tut, was sie in Frankreich tun.“ Sicherheitsbeamten gaben auch an, dass die Beschränkungen bis Ende Jänner andauern sollen. Ihnen zufolge waren Importeure industrieller Sicherheitsprodukte und Großhändler diese Woche zu einem Treffen mit hochrangigen Polizeibeamten in Kairo einberufen sowie über die neue Regelung informiert worden. Eine Stellungnahme des ägyptischen Innenministeriums gab es bisher nicht.

„Preiserhöhungen könnten verschoben werden“

Der Menschenrechtsanwalt Negad Borai aus Kairo sagte laut AP, dass die Regierung sogar Preiserhöhungen für das kommende Jahr verschieben könnte, „um Proteste zu verhindern, die von dem, was in Frankreich passiert, inspiriert werden“. Immerhin lösten Preissteigerungen für Strom, Wasser und den öffentlichen Verkehr heuer bereits viel Unmut in Ägypten aus. Beschlossen wurden diese als Maßnahme gegen die Wirtschaftskrise in Ägypten – und zwar auf Druck des Internationalen Währungsfonds (IWF).

Scharfe Kritik am derzeitigen ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi, der das Land seit 2014 regiert und heuer wiedergewählt worden ist, gibt es von Menschenrechtsorganisationen. Grund dafür sei vor allem dessen autoritärer Regierungsstil. Amnesty International warf der ägyptischen Regierung vor, in den vergangenen Jahren Zehntausende Menschen willkürlich inhaftiert zu haben. Misshandlung und Folter in der Haft seien an der Tagesordnung.

Seit Wochen Proteste in Frankreich

In Frankreich hatten sich Mitte November die „Gelben Westen“ angesichts geplanter Steuererhöhungen auf Kraftstoffe formiert. Dieses Vorhaben hat die Mitte-Regierung wegen der wochenlangen Proteste mittlerweile auf Eis gelegt.

Demonstranten mit gelben Westen sehen sich im Fernsehen die Rede an die Nation des französischen Präsidenten Macron an
Reuters/Jean-Paul Pelissier
In einer TV-Ansprache kündigte Macron Zugeständnisse an die „Gilets Jaunes“ („Gelbwesten“) an

Die Forderungen der Demonstrierenden reichten jedoch schnell viel weiter – von Steuersenkungen über mehr Kaufkraft bis zum Rücktritt des französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Am Montag machte dieser dann einen Schritt auf die „Gelbwesten“ zu und kündigte größere Zugeständnisse in der Sozialpolitik an.

Jahrestag der Revolution von 2011 rückt näher

Ägyptische Medien hoben in ihrer Berichterstattung über die Proteste in Frankreich die damit einhergehende Gewalt laut AP besonders hervor. In den Berichten schwang demnach auch die Mahnung des derzeitigen Präsidenten mit, wonach Märsche zu Chaos führen würden. Auch die britische Tageszeitung „Guardian“ schreibt, dass der ägyptische Vorstoß zeige, wie tief die Sicherheitsbedenken der Regierung gehen würden. Sisi sagte schon mehrmals, dass seine strenge Hand notwendig sei, um Stabilität zu garantieren.

In Ägypten gingen Behörden in den vergangenen zwei Jahren gegen Regimekritiker vor, indem Proteste sowie Märsche verboten wurden. Zudem wurden im Vorfeld des achten Jahrestags der Aufstände, die am 25. Jänner 2011 begonnen hatten, Sicherheitsmaßnahmen im Land erhöht. Damals führten Massenproteste im Zuge des „arabischen Frühlings“ zu einer Revolution im Land sowie zum Rücktritt des Präsidenten Hosni Mubarak.