Regierungsbank im Parlament
APA/Herbert Neubauer
Volksbegehren

Parlamentsdebatte ohne Regierungsspitze

Im Parlament sind am Dienstag die drei Volksbegehren zu den Themen Frauenpolitik, Nichtraucherschutz und ORF-Gebühren debattiert worden. Ein Appell der Opposition, das gekippte Rauchverbot in der Gastronomie doch noch einzuführen, stieß auf taube Ohren – auch trotz knapp 900.000 Unterschriften. Für Kritik sorgte die Abwesenheit von Regierungsspitze und Ministern während der Debatte.

Die Koalitionspartner ÖVP und FPÖ lehnten auch eine Volksabstimmung nach dem „Don’t smoke“-Volksbegehren mit exakt 881.692 Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern ab. Der ÖVP-Abgeordnete Gabriel Obernosterer etwa verteidigte die österreichische Regelung. Mit ihr liege man in Europa im Mittelfeld, auch in Italien und Teilen Deutschlands gebe es entsprechende Ausnahmen beim Rauchverbot, argumentierte er.

Der SPÖ-Abgeordnete Philip Kucher übte Kritik an der Bundesregierung. Diese zeige keinen Respekt vor der direkten Demokratie, stellte er fest – unter Verweis darauf, dass weder Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) noch Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) zur Debatte erschienen waren. Wenn die Regierung „zu feig ist, selbst zu entscheiden“, sollte sie doch wenigstens die Bevölkerung abstimmen lassen, so Kucher.

„Die Geschichte läuft sich tot“

Für die FPÖ verteidigte der Abgeordnete Peter Wurm die Parteilinie. Den Freiheitlichen sei direkte Demokratie selbstverständlich wichtig, das (von Ärztekammer und Krebshilfe initiierte) Nichtrauchervolksbegehren sei allerdings politisch beeinflusst gewesen – weil „stark von der SPÖ“ getragen –, und es habe keine sachliche Information gegeben. Die „Geschichte läuft sich tot“, sagte Wurm, weil mittlerweile „für die Leute Rauchen kein Thema mehr“ sei.

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger übte vor allem Kritik an der Kanzlerpartei ÖVP. Die habe das bereits beschlossene Gesetzespaket zugunsten der FPÖ wieder aufgeschnürt, „mit der man sich ins Bett gelegt hat, in ein ungesundes Bett“. Meinl-Reisinger appellierte dennoch: „Springen Sie über Ihren Schatten und lassen Sie eine Volksabstimmung zu.“

Appelle an abwesende Regierung

Daniela Holzinger von Jetzt (vormals Liste Pilz) wandte sich an Vertreterinnen und Vertreter der ÖVP, die der Aufhebung des Rauchverbots kritisch gegenüberstehen: „Warum ertragen Sie diese Situation“, fragte sie und forderte sie auf, angesichts des sechsterfolgreichsten Volksbegehrens der Republik doch eine Volksabstimmung zuzulassen. Weiter diskutiert wird jetzt im Gesundheitsausschuss, dem das Volksbegehren zugewiesen wurde.

SPÖ will „Verräumen“ nicht zulassen

Unterschiedliche Standpunkte trafen naturgemäß auch beim Thema Frauenvolksbegehren aufeinander. Kritik gab es aber auch hier am Fehlen von Ministern und Staatssekretären. Das Volksbegehren wurde von knapp 482.000 Personen unterzeichnet und hatte die Hürde von 100.000 Unterschriften für eine Behandlung im Parlament damit locker genommen. SPÖ-Frauenchefin Gabriele Heinisch-Hosek sicherte den Initiatorinnen zu, dass man nicht zulassen werde, dass deren Forderungen „verräumt“ würden. Auch NEOS-Frauensprecherin Claudia Gamon und Stephanie Cox von Jetzt versprachen Unterstützung.

„Moderner Feminismus“ und „Mainstream“

ÖVP-Frauensprecherin Barbara Krenn erklärte sich mit vielen Forderungen des Begehrens einverstanden, „aber leider nicht mit allen“. Grundsätzlich forderte sie Frauen zu Solidarität auf. FPÖ-Frauensprecherin Carmen Schimanek äußerte die Befürchtung, dass das Volksbegehren „dem Kampf für Gleichberechtigung geschadet“ haben könnte. „Das Frauenvolksbegehren enthält sehr sinnvolle und wichtige Punkte der Frauenpolitik, die Unterstützung verdienen. Leider haben sich Unterstützer des Volksbegehrens mit ihrer Unterschrift auch für ‚queere Pädagogik‘, Quotenpolitik und Abtreibungen auf Krankenschein ausgesprochen“, sagte sie. Daran sehe man, „wie der moderne Feminismus seine teils abstrusen Forderungen durch die Hintertüre in den politischen Mainstream rückt“.

Zu den Forderungen des Frauenvolksbegehrens gehörten etwa eine 50-prozentige Frauenquote in Leitungsgremien staatlicher und börsennotierter Unternehmen, eine nach Geschlechterparität ausgerichtete Parteienförderung, eine 30-Stunden-Woche oder aber ein gesetzlicher Mindestlohn von 1.750 Euro. Auch das Frauenvolksbegehren wandert nun nach der „Ersten Lesung“ am Dienstag weiter in den zuständigen Ausschuss, wo es in mehreren Sitzungen weiter debattiert werden soll.

Das Volksbegehren zu den ORF-Gebühren war das dritte, das am Dienstag im Plenum debattiert wurde. Reformbedarf im öffentlich-rechtlichen Rundfunk sehen alle Fraktionen, Sympathie für das Volksbegehren kam aber nur von der FPÖ. Es war von rund 320.000 Personen unterstützt worden. Dabei wurde nicht nur die Abschaffung der GIS-Gebühren, sondern auch eine Entpolitisierung der Gremien eingefordert.

Unterschiedliche Standpunkte auch beim ORF

FPÖ-Mandatar Wendelin Mölzer, selbst ein Unterzeichner, forderte eine Strukturreform ein, der freiheitliche Mediensprecher Hans-Jörg Jenewein blieb beim Ziel ORF ohne GIS. Ein klares Plädoyer für die ORF-Gebühren kam von SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda. Nur durch sie werde die Unabhängigkeit des Unternehmens entsprechend abgesichert, was bei einer Finanzierung über Steuern nicht der Fall wäre.

ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer plädierte für eine Zusammenarbeit des ORF mit den Privatsendern, mehr österreichisches Programm, außerdem sei bedingungslose Konkurrenz ohnehin „eine Geschichte von gestern“. NEOS und Jetzt kritisierten, dass die Regierung keines ihrer Vorhaben aus dem Medienkapitel bisher umgesetzt habe. Rasche Anstrengungen braucht es nach Ansicht der beiden Fraktionen speziell bei der Digitalisierung.