Einsatzkräfte in Straßburg
APA/AFP/Murielle Kasprzak
Straßburg

Tote bei Anschlag auf Weihnachtsmarkt

In der französischen Stadt Straßburg hat ein Mann Dienstagabend in unmittelbarer Nähe des bekannten Weihnachtsmarkts drei Menschen erschossen und zwölf weitere teils schwer verletzt. Die Behörden gehen von einem Terroranschlag aus. Der mutmaßliche Schütze war einschlägig bekannt. Er wurde vor seiner Flucht von Soldaten angeschossen.

Die Identität des mutmaßlichen Attentäters war bereits kurz nach den Schüssen bekannt gewesen. Frankreichs Innenminister Christophe Castaner sagte gegenüber dem Sender Franceinfo, der Tatverdächtige sei bei den Behörden wegen – nicht näher bezeichneter – krimineller Taten kein unbeschriebenes Blatt gewesen.

Er sei aber auch als potenzieller Gefährder geführt worden, hieß es in mehreren Medienberichten. Für ihn sei ein entsprechender Akt – eine „Fiche S“ – angelegt gewesen. Darin verzeichnen die Sicherheitsbehörden potenzielle Verdächtige wie etwa gewaltbereite Islamisten, von denen eine Gefahr für den Staat ausgehen könnte.

Laut der Tageszeitung „Le Figaro“ soll es sich um einen 29-Jährigen namens Cherif C. handeln. Der Mann hätte angeblich Dienstagfrüh wegen Raubüberfällen festgenommen werden sollen, sei aber nicht an seiner Adresse angetroffen worden. Er stammte aus Straßburg.

Innenstadt hermetisch abgeriegelt

Augenzeugen hatten nach dem Attentat berichtet, es seien zahlreiche Schüsse gefallen, erst einzeln, dann auch in kurzen Salven. Am Tatort sei Panik ausgebrochen. Die Polizei habe mehrere Straßenzüge um den Weihnachtsmarkt im Zentrum der Stadt nahe der Place Kleber abgeriegelt, Straßenbahnen und Busse seien angehalten worden.

Laut offiziellen Angaben hatte der Schütze gegen 20.00 Uhr das Feuer auf Passanten bzw. Besucher des Marktes im Zentrum von Straßburg eröffnet. Der Weihnachtsmarkt ist einer der ältesten und größten in Europa.

Polizeikräfte
Reuters/Vincent Kessler
Soldaten schossen den mutmaßlichen Täter vor seiner Flucht an

ORF-Korrespondent als Augenzeuge

ORF-Korresponten Peter Fritz wurde zum Augenzeugen der Schießerei. Er berichtete bereits unmittelbar nach dem Vorfall im Kurznachrichtendienst Twitter von Schüssen und einer Evakuierung, dann von dramatischen Szenen – auch per Telefon aus Straßburg.

Bericht vom Anschlagsort

Peter Fritz berichtete der ZIB2 per Telefon aus Straßburg, wie er Zeuge der Schießerei im Zentrum der Stadt wurde und sich die Ereignisse überschlugen.

Aufruf zu erhöhter Vorsicht

Das Innenministerium in Paris hatte anfangs lediglich knapp von einem „schweren Zwischenfall“ gesprochen und die Bewohner der Stadt im Elsass aufgerufen, zu Hause zu bleiben. Nach Angaben der Präfektur des Departements Bas-Rhin lief eine Großfahndung. Die Grenzübergänge zu Deutschland, besonders Kehl, wurden intensiv überwacht.

Kurz vor 1.00 Uhr gab das Innenministerium in Paris die Evakuierung der Innenstadt bekannt – samt Anweisungen, wie das Gebiet zu verlassen ist. Dabei wurde die Bevölkerung angewiesen, einen Teil des Stadtzentrums unbedingt zu meiden. In Paris wurde ein Krisenstab eingerichtet, auch Präsident Emmanuel Macron war anwesend. Franceinfo sendete bis spät in die Nacht auf Mittwoch Livebilder, auf denen schwer bewaffnete Einsatzkräfte und unzählige Blaulichter in den Straßen Straßburgs zu sehen waren.

Notfallplan verfügt

Die französische Tagezeitung „Le Monde“ (Onlineausgabe) hatte erst namentlich nicht genannte Quellen bei der Polizei mit den Worten zitiert, es sei noch nicht klar, ob es sich um einen kriminellen oder möglichen terroristischen Hintergrund handelt. Kurz darauf hieß es bereits, man gehe von einem Terroranschlag aus. Jedenfalls hätten die Behörden den „Plan blanc“ („weißen Plan“) verfügt, einen Notfallplan, mit dem die Krankenhäuser in Alarmbereitschaft versetzt werden.

Einsatzkräfte in Straßburg
APA/AFP/Frederick Florin
Der Weihnachtsmarkt in Straßburg ist weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt und zieht zahlreiche Gäste an

Nach dem mutmaßlichen Anschlag wurde auch das Europaparlament, das aktuell tagt, abgeriegelt. Niemand dürfe das Gebäude verlassen, Mitarbeiter seien per Handy-Kurznachricht oder E-Mail gewarnt worden, teilte eine Parlamentssprecherin mit. Innenminister Castaner rief die Bevölkerung via Twitter dazu auf, keine Gerüchte zu verbreiten und den Anweisungen der Behörden Folge zu leisten. „Unsere Sicherheitskräfte sind mobilisiert.“.

Die Pariser Anti-Terror-Staatsanwaltschaft leitete noch am Abend eine Untersuchung wegen des Verdachts auf „Mord und Mordversuch im Zusammenhang mit einer terroristischen Unternehmung“ ein. Auch der Inlandsgeheimdienst DGSI wurde eingeschaltet.

Weihnachtsmärkte immer wieder Terrorziel

Der Straßburger Weihnachtsmarkt sollte schon einmal Ziel eines Attentats werden: Im Jahr 2000 wurde ein geplanter Sprengstoffanschlag einer algerischen Gruppe rechtzeitig verhindert. Täglich sind auf dem Markt mit rund 300 Ständen etwa 300 Polizisten und 160 private Sicherheitskräfte im Einsatz. Die Zufahrt für Autos ist stark eingeschränkt, Betonblöcke sollen Autoattentäter abhalten.

Generell waren Weihnachtsmärkte in den letzten Jahren immer wieder Terrorziele. Im Dezember 2016 steuerte der Islamist Anis Amri einen Lkw in den Markt am Berliner Breitscheidplatz. Es gab elf Tote, Amri wurde auf der Flucht in Italien erschossen. Ebenfalls im Dezember 2016 misslang ein Bombenattentat auf den Weihnachtsmarkt im deutschen Ludwigshafen, zuvor hatten die französischen Behörden einen Anschlag auf den Markt auf den Pariser Champs-Elysees verhindert.