Plenarsaal
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Standortgesetz

Schnellere Verfahren für Großprojekte

Am Mittwochabend ist die Gesetzesnovelle, die Verfahren für Großprojekte deutlich verkürzen soll, im Nationalrat beschlossen worden. Die Kritik war scharf – die Regierung vernachlässige den Umweltgedanken im Interesse der Wirtschaft, so der Vorwurf. Zuvor passierte in der Marathonsitzung bereits das Pädagogikpaket den Nationalrat.

Viele Stunden dauerte die Sitzung des Nationalrats am Mittwoch schon an, als die Standortnovelle beschlossen wurde. Nach den Bestimmungen des Standortentwicklungsgesetzes muss spätestens nach 18 Monaten Klarheit über standortrelevante Großprojekte herrschen. So werden Vorhaben von überregionaler Bedeutung kategorisiert, mit einem maßgeblichen Investitionsvolumen, die außerordentlich positive Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort und die Beschäftigung erwarten lassen. Ist ein Projekt standortrelevant, soll es schwerer wiegen als verschiedene andere gesetzliche Bestimmungen.

Welche Projekte das sind, entscheiden Wirtschafts- und Infrastrukturressort nach Anhörung eines von ihnen besetzten Beirats. An die Zuerkennung der Standortrelevanz knüpfen sich dann diverse verfahrensbeschleunigende Maßnahmen.

Opposition sieht Umwelt unterliegen

Die Novelle war von Umweltorganisationen heftig bekämpft worden. Nach Protesten wurde sie modifiziert, doch auch am Mittwoch sparte die Opposition nicht an Kritik daran: SPÖ-Mandatarin Cornelia Ecker sah am Mittwoch die Schaffung höchst bedenklicher Parallelstrukturen, um Umweltgesetze auszuhebeln. Zudem ortete sie sowohl verfassungs- als auch europarechtliche Probleme. Jetzt-Klubobmann Bruno Rossmann übte ebenfalls deutliche Kritik. Die Motivation des Gesetzes sei, Wirtschafts- vor Umweltinteressen zu stellen.

Ganz anders sah das die Koalition. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) wies auf zahlreiche überlange Verfahren hin, etwa beim Semmering-Tunnel oder beim West-Ring in Linz, die Änderungsbedarf signalisierten. Man zwinge die Behörden zu rascheren Entscheidungen und schaffe schneller Klarheit. Für die FPÖ sah Mandatar Wolfgang Klinger einen Meilenstein für die österreichische Wirtschaft gesetzt.

Ziffernnoten in der Volksschule

Zuvor hatte die zweite Marathonsitzung vor der Weihnachtspause bereits das Pädagogikpaket beschlossen, das verpflichtend Ziffernnoten an Volksschulen bringt. ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann hatte die Maßnahmen im Nationalrat einmal mehr verteidigt. Vor der Abstimmung sprach er von einem insgesamt „runden Paket“. Eine „klare Notensystematik“ sowie transparente Leistungskriterien würden wieder eingeführt. Dabei gebe es kein „Entweder-oder“, sondern ein „Sowohl-als-auch“, sagte er und erwähnte individuelle Beurteilungen, die ebenso stattfänden. Die Klassenwiederholung sei „manchmal auch sinnvoll“.

Die Reform sei ein „sehr notwendiger Schritt“ in Richtung mehr individuelle Förderung, hatte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zuvor gesagt. In den vergangenen Jahren habe es im Bildungsbereich viele Veränderungen gegeben, die allerdings zu Verwirrung geführt hätten – das beende man nun.

Strache kritisiert „linke“ Experimente

Schülerinnen und Schüler brauchten Bewertung, Leistung solle sich lohnen, sagte Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ). Es sei ja auch wichtig, dass sich die Eltern orientieren können. Die „linken bildungspolitischen Experimente der letzten Jahre“ hätten das Schulsystem nicht weitergebracht, so Strache.

Bildungsminsiter Heinz Faßmann (ÖVP) bei einer Sitzung des Nationalrates
APA/Roland Schlager
Faßmann verteidigte das Pädagogikpaket im Nationalrat vehement

Das Pädagogikpaket bringt an Volksschulen die Wiedereinführung von Ziffernnoten und des Sitzenbleibens ab der zweiten Klasse. An den Neuen Mittelschulen (NMS), die das „Neue“ aus dem Namen verlieren, wird es ab der sechsten Schulstufe zwei unterschiedliche Leistungsniveaus geben, und zwar mit zwei einander überlappenden Notenskalen. Schulautonom erhalten die NMS die Möglichkeit, zur Leistungsdifferenzierung ab der sechsten Schulstufe in Deutsch, Mathematik und Englisch dauerhafte Gruppen einzurichten.

Nicht genügend der Opposition

Bei der Opposition fiel das Paket ebenfalls durch. Als „Rückschritt ins 20. Jahrhundert“ bezeichnete die SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid das Paket mit Verweis auf Kritik von Fachleuten sowie Eltern. „Was sagt Ihnen Befriedigend? Nicht wirklich viel“, sagte sie. Dem schloss sich NEOS-Bildungssprecher Douglas Hoyos-Trauttmansdorff an: Er sah darin „inhaltsleere Symbolpolitik“, vielmehr müsse man den Pädagoginnen und Pädagogen Autonomie geben.

Noten kommen zurück in die Volksschule

Der Nationalrat hat am Mittwoch das Pädagogikpaket beschlossen. Es bringt unter anderem verpflichtende Ziffernnoten an Volksschulen. Experten sehen das kritisch.

NEOS machte die Bildungspolitik am Nachmittag im Nationalrat zum Thema einer Dringlichen Anfrage an Faßmann. Der Bildungsstandort gerate zunehmend in Bedrängnis, so NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger und Hoyos-Trauttmansdorff – Faßmann wies die Vorwürfe jedoch zurück. Der Klub Jetzt forderte zudem Empathie, Kreativität und Lösungskompetenz ein.

Regierung lobte Ratspräsidentschaft

Ein weiteres bestimmendes Thema war am Mittwoch die auslaufende österreichischen Ratspräsidentschaft. Über deren Erfolg sind sich Koalition und Opposition – wenig überraschend – uneins. Der Bundeskanzler, der seine Rede mit einer Trauernote angesichts des Anschlags in Straßburg eröffnete, nannte vorweg die schwierigen Rahmenbedingungen, die Österreich angesichts des anstehenden „Brexit“ vorgefunden habe. Der Ausstieg Großbritanniens reiße ein „riesiges Loch“ in die Europäische Union.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz Christian Strache (FPÖ) bei einer Sitzung des Nationalrates
APA/Roland Schlager
Die Koalition feierte die auslaufende österreichische EU-Ratspräsidentschaft bereits als Erfolg

Als Erfolg verbuchte er – wie auch Strache nach ihm – die Arbeit rund um das Migrationsthema. Bezüglich dessen schrieb Kurz Österreich zu, die Trendwende weg von der Verteilungsdebatte hin zum Außengrenzschutz eingeleitet zu haben. Ebenfalls vom Kanzler betont wurden die Initiativen gegen Antisemitismus, der Wunsch nach Verbesserung der Lebensbedingungen in Afrika sowie der Wunsch, die Westbalkan-Staaten in die Union zu bringen.

Viel Kritik dazu gab es von den Oppositionsparteien. SPÖ-Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner sah die Präsidentschaft dabei als „Mischung aus türkiser Taten- und freiheitlicher Mutlosigkeit“. „Noch nie hat eine Bundesregierung so viel versprochen und so wenig gehalten“, so Rendi-Wagner. Als Beispiel nannte sie die Digitalsteuer, die noch nicht umgesetzt worden ist, sowie den abgesagten Sozialministerrat. Als Ratsvorsitzland sei man aus dem UNO-Migrationspaket ausgestiegen, und die effektive Hilfe für jene Länder, aus denen Flüchtlinge kämen, seien auch noch gekürzt worden, kritisierte Rendi-Wagner.