Regenwolke im Sonnenuntergang
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„Katastrophenjahr“

Jede Region in Österreich betroffen

Trockenheit, orkanartige Stürme und Hochwasser – die negativen Folgen der Klimakrise bekommen auch Österreicher und Österreicherinnen immer deutlicher zu spüren. Die zunehmenden Naturkatastrophen führen nicht nur zu großem ökologischen, sondern auch wirtschaftlichen Schaden. Versicherer sprechen von einem „Katastrophenjahr“ – und fordern die Politik nun zum Handeln auf.

Das Jahr 2018 war geprägt von Extremwetterereignissen: „Jede Region Österreichs war betroffen“, sagte Othmar Ederer, Präsident des Verbandes der Versicherungsunternehmen Österreich (VVO), am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien. Ederer rechnete mit einem Gesamtschaden von rund 500 Millionen Euro – nur 300 Million davon waren versichert.

„Die langfristige Statistik zeigt: Naturkatastrophen und damit auch die gesamtwirtschaftlichen Schäden steigen deutlich. Von einer ‚drastischen Zunahme mit alarmierenden Zahlen‘ spricht international die UNO in ihrem kürzlich erschienenen Weltklimabericht“, so Ederer.

Anstieg von Naturkatastrophen erkennbar

Auch in Österreich ist der weltweite Trend zu einem Anstieg von Naturkatastrophen erkennbar: Die ersten schweren Schäden 2018 gab es bereits im April bedingt durch Hagel und Überschwemmungen. Ihren bisherigen Höhepunkt erreichten die Naturkatastrophenschäden im Oktober in Kärnten und Osttirol.

2018 wird zudem eines der beiden wärmsten Jahre in der 252-jährigen Messgeschichte. „Von April bis in den Oktober hinein hatten wir fast durchwegs sommerliche Wetterlagen, das ist sehr ungewöhnlich“, sagte ZAMG-Direktor Michael Staudinger. Die Zahl der Sommertage (mindestens 25 Grad, Anm.) war doppelt so hoch wie in einem durchschnittlichen Jahr. „In den meisten Regionen gab es sogar neue Rekorde“, so Staudinger. Außergewöhnlich war auch die Kombination von langen trockenen Phasen und einigen extremen Regenereignissen.

„Temperaturextreme in Zukunft Normalität“

Die Prognosen lassen laut Hagelversicherung keine Veränderungen erkennen. Im Gegenteil: Diese rekordbrechenden Temperaturen werden, sofern die Kohlendioxidemissionen weiter steigen, in Zukunft keine Spitzen mehr darstellen, sondern Normalität sein.

"Der Wandel – nämlich der Klimawandel – hat längst begonnen. Es braucht aber einen gesellschaftspolitischen Wandel. Schnelle, weitreichende und beispiellose Änderungen über alle Bereiche hinweg sind erforderlich, um die Erderwärmung in den Griff zu bekommen“, sagte Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung.

Bewusstsein bei Bevölkerung für Klimakrise

In der Bevölkerung sind die Gefahren durch den Klimawandel inzwischen angekommen. Othmar Thann, Direktor des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV), zitierte aus einer aktuellen Umfrage, der zufolge 50 Prozent der Österreicher vor allem Unwetter, Hagel und Stürme als „große Gefahr“ einstufen. „2013 war das nur ein Viertel“, sagte Thann. Auch Hochwasser ist ein Thema: 2013 fühlten sich noch 50 Prozent „nicht gefährdet“, 2018 war das nur noch ein Drittel.

Was jeder und jede tun kann

Es gibt viele kleine Schritte, die jeder und jede auf einem möglichen Weg aus der Klimakrise gehen kann. Neben dem Verzicht auf Flugreisen und dem Umstieg auf erneuerbare Energien spielt auch der Fleischkonsum eine große Rolle – mehr dazu in Kleine Schritte gegen die Klimakrise.

Nachdem durch die fortschreitende globale Erwärmung auch die Zahl der Katastrophen steigen dürfte, müsse geklärt werden, wie die zukünftigen Schäden volkswirtschaftlich bewältigt werden können. „Rein privatwirtschaftlich ist das Thema für die Zukunft nicht zu lösen, und der Katastrophenfonds leistet zu geringe Summen im Schadensfall“, sagte der Leiter des Zentrums für Klima, Energie und Gesellschaft (LIFE) der Joanneum Research, Franz Prettenthaler. Ederer sprach sich dabei erneut für eine generelle Durchversicherung gegen Unwetterschäden aus. Dabei liege der Ball aber derzeit „bei der Politik“.

Demonstranten vor dem Ort des Klimagipfels
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Demonstrierende bei der UNO-Klimakonferenz fordern von der Politik drastische Maßnahmen gegen die Klimakrise

Umweltdachverband appelliert an Politik

Auch der Umweltdachverband forderte die Politik in einer Aussendung von Dienstag zum Handeln auf – und richtet sich dabei nicht nur an das Umweltministerium, sondern auch an den Bundeskanzler sowie das Finanz-, Verkehrs- und das Wirtschaftsministerium.

„Wir fordern, dass alle mehr Verantwortung übernehmen und verbindliche Maßnahmen zur Abwendung des Klimawandels zusagen – was zudem die deutlich günstigere Variante wäre, als später Strafzahlungen in Milliardenhöhe zu verbuchen“, so Reinhold Christian, Vizepräsident des Umweltdachverbandes und Präsident des Forums Wissenschaft und Umwelt, der bei der Klimakonferenz in Katowice im Rahmen der österreichischen Delegation an Ort und Stelle ist.

Regelbuch zur Umsetzung der Pariser Klimaziele

Ziel der UNO-Klimakonferenz ist es, das Pariser Klimaabkommen von 2015 umzusetzen. Dort sagte die Weltgemeinschaft zu, die Erderwärmung deutlich unter zwei Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Dafür soll ein eigenes Regelwerk geschrieben werden, mit dem die Leistungen der Staaten zur Eindämmung des CO2-Ausstoßes transparent und vergleichbar gemacht werden.

Christian zeigt sich trotz der schwierigen Verhandlungen zuversichtlich, dass das Regelbuch zustande kommt – „mit einheitlichen Vorgaben und nicht als Minimalkonsens, aber mit Erleichterungen für wenig entwickelte Staaten“. Unbedingt brauche es aber das Bekenntnis, die Klimaziele nachzuschärfen.

Österreich trat „High Ambition Coalition“ bei

„Hier gibt es eine erfreuliche Initiative, der Österreich heute beigetreten ist: die High Ambition Coalition“, sagte Christian gegenüber ORF.at. Die Unterzeichner versicherten, dass sie die Absicht hätten, ihre nationalen Zusagen im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommens bis 2020 nachzuschärfen und im Kampf gegen die Erderwärmung auch kurzfristig nachzulegen.

Sie betonten die Aussage eines kürzlich veröffentlichten Berichts des UNO-Klimarats, dass es möglich und ratsam sei, mit radikalen Maßnahmen die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen. „Das heißt natürlich, dass auch zu Hause mehr geschehen muss und die gesamte Regierung wirkungsvolle Maßnahmen setzt“, so Christian. Die nationalen Erfordernisse können seiner Meinung nach jedoch zeitgerecht 2019 in die derzeit „noch sehr lückenhafte österreichische Energie- und Klimastrategie“ eingearbeitet werden.

Klimakonferenz in Polen
Reuters/Kacper Pempel
Klimaschützer kritisieren die Fortschritte bei der Klimakonferenz als unzureichend und fordern drastischere Maßnahmen

Der Ex-Präsident des vom Untergang im Ozean bedrohten Inselstaats Malediven zieht hingegen eine vernichtende Bilanz der seit einem Vierteljahrhundert laufenden Weltklimakonferenzen. „Nichts haben wir erreicht“, sagte Mohamed Nasheed am Donnerstag mit Blick auf die voranschreitende Erderwärmung. „Der Kohlendioxidausstoß steigt und steigt und steigt. Und wir reden, reden und reden.“