Kerzen und ein Schild „Ich bin Straßburg“ beim Anschlagsort
AP/Christophe Ena
Straßburg

Zahl der Todesopfer steigt auf vier

Die Zahl der Todesopfer des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt in Straßburg ist von drei auf vier gestiegen. Ein weiterer Mensch ist hirntot. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft der Nachrichtenagentur dpa am Freitag in Paris. Nach dem Tod des mutmaßlichen Attentäters Cherif Chekatt begann die Polizei unterdessen auch die Suche nach möglichen Komplizen.

Bei dem vierten Todesopfer handelt es sich um einen italienischen Radiojournalisten. Das bestätigte das italienische Außenministerium am Freitagabend. Premierminister Giuseppe Conte kondolierte der Familie von Antonio M., der seinen Verletzungen erlegen war.

Der Zustand des 29-jährigen Süditalieners war von Anfang an von den Ärzten als hoffnungslos bewertet worden, berichteten italienische Medien. Die Kugel hatte ihn an der Schädelbasis nahe der Wirbelsäule getroffen. Wegen der schwierigen Position der Kugel in der Nähe des Rückenmarks habe der Journalist angeblich nicht operiert werden können, hieß es.

M. berichtete zuvor vom EU-Parlament

Er habe sich seit einigen Tagen in Straßburg aufgehalten, um über die Sitzung des Europäischen Parlaments zu berichten. M. war für ein Netzwerk von Universitätsinternetradios tätig, die die Sitzungen des EU-Parlaments übertragen. Am Dienstagabend war der Journalist mit zwei Kolleginnen unweit des Weihnachtsmarkts unterwegs gewesen, als der mutmaßliche Attentäter Chekatt einen Anschlag verübte. Eine Kugel aus dessen automatischer Pistole traf M. am Kopf, die beiden Frauen konnten entkommen.

Straßburg: Zahl der Todesopfer steigt auf vier

Die Zahl der Todesopfer des Anschlags auf dem Weihnachtsmarkt in Straßburg ist von drei auf vier gestiegen. Ein weiterer Mensch ist hirntot.

Unter den weiteren Todesopfern ist ein 45 Jahre alter Tourist aus Thailand, wie das Außenministerium in Bangkok bestätigte. Laut französischen Medienberichten wurde außerdem ein Franzose getötet, der gerade vor einem Restaurant auf seine Familie wartete. Unter den Opfern ist außerdem ein Straßburger mit afghanischen Wurzeln.

Macron dankte Sicherheitskräften

Am Freitagabend traf auch der französische Regierungschef Emmanuel Macron in Straßburg ein. TV-Bilder zeigten den 40-Jährigen am Freitagabend auf dem Place Kleber im Herzen der Stadt.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron legt eine weiße Rose am Anschlagsort in Straßburg nieder
APA/AFP/Jean-Francois Badias
Macron legte eine weiße Rose für die Opfer des Anschlags in Straßburg nieder

Macron legte unter dem Denkmal für den elsässischen General Jean-Baptiste Kleber eine weiße Rose nieder. Unter dem Denkmal standen viele Kerzen. Macron dankte anschließend den auf dem zentralen Platz versammelten Sicherheitskräften. Der Elysee-Palast hatte angekündigt, Macron wolle auch mit Familien der Opfer sprechen. Der Staatschef war vorher beim EU-Gipfel in Brüssel gewesen.

Polizei sucht Komplizen

Die Ermittler wollten unterdessen herausfinden, ob der 29-jährige Täter während seiner Flucht unterstützt worden sei, sagte der Pariser Anti-Terror-Staatsanwalt Remy Heitz am Freitag bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz in Straßburg. Sieben Menschen befänden sich derzeit in Polizeigewahrsam, so Heitz. Dabei handle es sich um vier Familienangehörige und drei der Familie nahestehende Personen. Zwei von ihnen seien in der Nacht auf Freitag festgenommen worden.

Nach einer zweitägigen Großfahndung hatte die Polizei Chekatt am Donnerstagabend erschossen. Er soll für den Terroranschlag auf dem Straßburger Weihnachtsmarkt verantwortlich sein. Gegen 21.00 Uhr hätten drei Polizisten den mutmaßlichen Attentäter im Stadtteil Neudorf auf der Straße ausgemacht, teilte der französische Innenminister Christophe Castaner noch Donnerstagnacht mit. Als sie den Verdächtigen hätten verhaften wollen, habe dieser das Feuer eröffnet. Die Polizei habe auf den Angriff geantwortet und den Täter getötet.

Weihnachtsmarkt wieder geöffnet

Der Weihnachtsmarkt in der Elsass-Metropole ist seit Freitag wieder geöffnet. Castaner und der Straßburger Bürgermeister Roland Ries gingen am Vormittag über den Markt in der Innenstadt und sprachen mit Verkäufern und Besuchern. Der Platz wurde abgesichert von Polizei und Soldaten. Hunderte Menschen kamen zur Wiedererröffnung und schlenderten über den Markt. An den Ständen konnte man wieder Glühwein und Essen kaufen.

Christophe Castaner
AP/Christophe Ena
Unter sehr hohem Polizeiaufgebot spazierte Castaner über den Weihnachtsmarkt

Chekatt sprach Frau am Donnerstag an

Laut Regionalzeitung „Les Dernieres Nouvelles d’Alsace“ war der 29 Jahre alte Tatverdächtige am Donnerstag mit einer Schusswaffe und einem Messer bewaffnet gewesen. Castaner machte dazu keine Angaben. „Meine Damen und Herren, ich bin stolz“, sagte der Ressortchef am späten Abend. Nach Angaben des Senders BFMTV hatte Chekatt am Donnerstag eine Frau angesprochen. Diese habe bemerkt, dass der Mann verletzt gewesen sei. Sie habe darauf die Polizei alarmiert.

Der Attentäter hatte am Dienstagabend mitten in der Weihnachtssaison das Feuer in der weihnachtlich geschmückten Straßburger Innenstadt eröffnet. Zeugen haben ihn nach Angaben von Heitz „Allahu akbar“ (Gott ist unvergleichlich groß) rufen hören. Die Terrormiliz IS reklamierte die Tat für sich. Anschließend war er auf der Flucht vor der Polizei von Soldaten verletzt worden. Chekatt ließ sich nach Ermittlerangaben unmittelbar nach dem Anschlag in Neudorf mit einem Taxi absetzen und verschwand danach. In der Nähe befand sich seine Wohnung, die durchsucht worden war.

1.300 Soldaten für Anti-Terror-Einsatz

Deutsche und französische Behörden hatten mit zahlreichen Beamten und einem Fahndungsaufruf nach dem polizeibekannten mutmaßlichen Attentäter gesucht. Die deutsche Bundespolizei fahndete im deutsch-französischen Grenzgebiet, auch Spezialkräfte waren im Einsatz. Die französische Polizei hatte ein Fahndungsfoto des radikalisierten Mannes samt Täterbeschreibung veröffentlicht.

Ermittler in Straßburg
Reuters/Christian Hartmann
Der mutmaßliche Täter soll nach Polizeiangaben während einer Großrazzia getötet worden seien

Die französische Regierung verstärkte indes die Soldaten im Anti-Terror-Einsatz. In den kommenden Tagen sollen sich rund 1.300 weitere Soldaten der „Operation Sentinelle“ anschließen, wie Premierminister Edouard Philippe am Mittwochabend ankündigte. Dabei handelt es sich um eine Einsatztruppe, die nach dem islamistischen Anschlag auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ im Jänner 2015 ihre Arbeit aufnahm. Dafür sind einige tausend Soldaten in Frankreich im Einsatz.

Bereits am Donnerstagnachmittag hatte es einen größeren Polizeieinsatz im Stadtteil Neudorf gegeben. Auf Fernsehbildern waren zahlreiche Einsatzfahrzeuge zu sehen. Der Anlass für die Aktion war zunächst unklar. Der mehrfach vorbestrafte mutmaßliche Angreifer soll sich im Gefängnis radikalisiert haben. Der gebürtige Straßburger mit nordafrikanischen Wurzeln saß wegen schweren Diebstahls auch in Deutschland in Haft.