Ungarn sieht Proteste „ohne Unterstützung im Volk“

Ein Sprecher der rechtsnationalen ungarischen Regierung hat die jüngsten Proteste in dem Land als bedeutungslos abgetan. Die Massenkundgebungen hätten „ganz klar keine Unterstützung im Volk“, sagte Zoltan Kovacs, der für internationale Kommunikation zuständige Staatssekretär im Kabinett von Ministerpräsident Viktor Orban, der „New York Times“ (Dienstag-Ausgabe).

Die Anführer der Proteste seien „verzweifelte“ Oppositionspolitiker und „Promiaktivisten“ und nicht Leute aus dem einfachen Volk, fügte er hinzu.

In Ungarn protestieren seit einer Woche immer wieder Tausende Menschen gegen die Regierung. Anlass war ein neues Gesetz, das die Zahl der möglichen Überstunden auf 400 pro Jahr erhöht. Die Proteste richten sich auch gegen eine zur selben Zeit beschlossene Justizreform, die die Schaffung einer neuen, von der Regierung kontrollierten Verwaltungsgerichtsbarkeit vorsieht, und gegen andere Missstände unter der Orban-Regierung.

Demonstranten vor dem Ungarischen Staatsfernsehsender MTVA
AP/MTVA/Balazs Mohai

Am Sonntag verlagerten sich die Demonstrationen vor den Sitz des staatlichen Fernsehens MTV. Kritiker werfen dem Sender Regierungspropaganda vor. Eine Gruppe von Oppositionsabgeordneten hatte sich in der Nacht auf gestern Zutritt zum Fernsehgebäude verschafft und fast 24 Stunden darin ausgeharrt.

Die Verlesung einer Petition der Demonstrierenden konnten die Politiker allerdings nicht durchsetzen. Die Proteste sollen am Freitag vor dem Fernsehgebäude fortgesetzt werden.

Amnesty: Übertriebene Gewalt gegen Demonstranten

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warf der ungarischen Polizei vor, gegen Demonstranten mit „unnötiger und übermäßiger Gewalt“ vorzugehen. Die Demonstranten würden lediglich ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrnehmen. Die Polizei dürfe nur dann Gewalt anwenden, wenn alle anderen Mittel ausgeschöpft seien, forderte AI Österreich heute in einer Aussendung.