Eheringe auf einem Polster mit Schleife
Getty Images/Eyeem/Dannie Anne Bulohan
Ende einer Odyssee

Ehe nun wirklich für alle

Eine der größten Neuerungen, die seit 2019 gilt, ist die „Ehe für alle“: Nun dürfen homosexuelle Paare an heimischen Standesämtern heiraten sowie heterosexuelle Paare eine eingetragene Partnerschaft eingehen. Für die ÖVP-FPÖ-Regierung war die Öffnung der Ehe einer ihrer bisher größten Rückschläge – beide Parteien hatten sich im Nationalratswahlkampf 2017 dagegen positioniert.

Ganz ohne Probleme konnte die „Ehe für alle“ nicht umgesetzt werden. Für Aufregung sorgte die Öffnung der Ehe noch in den Tagen vor dem Jahreswechsel. Grund dafür war, dass bei den Standesämtern noch mehrere offene Fragen in puncto Umsetzung der Regelung bestanden. Das Innenministerium versuchte daraufhin, mit einem Informationsschreiben für Klarheit zu sorgen.

So muss eine Verpartnerung zwischen zwei Homosexuellen nicht aufgelöst werden, bevor im neuen Jahr eine Ehe geschlossen wird. Ebenso könne ein verheiratetes Paar eine eingetragene Partnerschaft begründen, ohne dass zuvor die Ehe aufgelöst werden muss. Nähere Informationen zur technischen Umsetzung kämen in einem gesonderten Schreiben, hieß es weiter. Scharfe Kritik kam aus Wien. Die Bundesregierung agiere „höchstgradig unprofessionell“, hieß es aus dem Büro des Stadtrats Peter Hanke (SPÖ) vor den Weihnachtsfeiertagen. Angedeutet wurde auch, dass das Schreiben viel zu spät komme.

Paar kämpfte seit 2015 um Gleichstellung

Zwei Steirerinnen hielt das jedoch nicht ab. Sie konnten alle Hürden rechtzeitig beseitigen und schlossen am Dienstag wenige Minuten nach Mitternacht in Kärnten die erste reguläre Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern – mehr dazu in kaernten.ORF.at. Den Weg ebneten ihnen zuvor mehrere Paare, die sich im Kampf um Gleichstellung an den Verfassungsgerichtshof (VfGH) wandten. Im Dezember 2017 bekamen sie Recht – der Weg für die „Ehe für alle“ war somit frei. Der Gerichtshof begründete diesen Schritt damals mit dem Diskriminierungsverbot des Gleichheitsgrundsatzes.

Eines der Paare schloss daraufhin im Oktober die erste Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern in Österreich – damals war das allerdings nur aufgrund des VfGH-Erkenntnisses möglich. Alle anderen gleichgeschlechtlichen Paare mussten noch abwarten, bis die Regelung 2019 in Kraft trat.

Regierung findet keine Verbündeten

Trotzdem pochte die Regierung auf Betreiben der FPÖ auch dann noch darauf, eine Lösung zu finden, um die Ehe heterosexuellen Paaren vorzubehalten. Sie scheiterte aber: Eine einfachgesetzliche „Reparatur“ hätte dem VfGH-Spruch nicht standgehalten, für eine Zweidrittelmehrheit gegen die „Ehe für alle“ konnten sie weder SPÖ noch NEOS für sich gewinnen.

Die Regierung habe mit ihrer einfachen Mehrheit im Nationalrat die Entscheidung des VfGH zu akzeptieren, hieß es im Oktober in einer Aussendung der Klubobmänner August Wöginger (ÖVP) und Walter Rosenkranz (FPÖ).

Justizminister Josef Moser
APA/Herbert Neubauer
Justizminister Moser (ÖVP) sprach sich im Herbst für den VfGH-Spruch aus

Zuvor hatte sich bereits ÖVP-Justizminister Josef Moser nach einer längeren Prüfung des VfGH-Spruchs dafür ausgesprochen. Denn wenn man die – bisher Homosexuellen vorbehaltene – eingetragene Partnerschaft wegfallen ließe, „würde das bedeuten, dass ich Menschen, die die eingetragene Partnerschaft als aus ihrer Sicht modernere Variante der Partnerschaft eingegangen sind, zwinge, eine Ehe einzugehen“, sagte er damals der „Presse“. Die Oppositionsparteien reagierten daraufhin erfreut, übten aber Kritik an der „rückwärtsgewandten“ Regierung. Die Kirche sah in der Debatte die Sicherung der Generationenfolge durch „Mann und Frau“ in Gefahr.

„Ehe für alle“ spaltet Europa

Österreich wird 2019 somit das 16. Land in Europa, das die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern ermöglicht. Im Jahr 2001 erlaubten die Niederlande als erstes Land weltweit gleichgeschlechtlichen Paaren die standesamtliche Eheschließung. Es folgten Belgien, Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Finnland, Frankreich, Island, Irland, Luxemburg, Malta, Norwegen, Portugal, Spanien und Schweden.

Einige Länder lassen nach wie vor nur eingetragene Partnerschaften zu. Zu ihnen gehören Kroatien, Zypern, Tschechien, Griechenland, Ungarn, Italien und die Schweiz. Als erste frühere Sowjetrepublik führte Estland im Jahr 2014 eingetragene Partnerschaften für Homosexuelle ein. Auch Slowenien lässt solche Partnerschaften zu.

Viele Länder in Osteuropa dagegen

Im Juni erklärte die tschechische Regierung ihre Unterstützung für einen Gesetzesentwurf, der das Land zum ersten ex-kommunistischen EU-Mitglied machen würde, das die „Ehe für alle“ einführt. Die meisten osteuropäischen Länder hingegen akzeptieren weder gleichgeschlechtliche Partnerschaften noch Ehen – dazu zählen Bulgarien, Lettland, Litauen, Polen und die Slowakei. In Rumänien scheiterte jüngst ein Referendum über ein Verbot der Ehe für Homosexuelle, auch ein Regierungsvorstoß für eingetragene Partnerschaften wurde auf Eis gelegt.