Polizisten auf dem Dach eines Terminalgebäudes auf dem Londoner Flughafen Gatwick
APA/AFP/Ben Stansall
Erste Flüge in Gatwick

Intensive Suche nach Drohnenpiloten

Rund 36 Stunden ist London-Gatwick, der zweitgrößte Flughafen Großbritanniens, lahmgelegt gewesen. Drohnenflüge im Luftraum hatten Starts und Landungen aus Sicherheitsgründen unmöglich gemacht. Seit Freitagfrüh fährt der Flughafenbetrieb langsam wieder an – unter intensiver Beobachtung der Polizei. Auch die Suche nach dem verantwortlichen Drohnenpiloten läuft auf Hochtouren.

Auf Dächern von Flughafengebäuden sind Einsatzkräfte postiert, um mögliche weitere Störungen des Flugbetriebs sofort im Blick zu haben. Seit Donnerstag verstärkt die Armee mit Spezialgerät die Polizei bei der Sicherung des Flughafens und bei der Suche nach dem oder den Drohnenpiloten. Es sei noch völlig unklar, wer dahinter stecke, sagte der britische Verkehrsminister Chris Grayling. Es sei aber „unwahrscheinlich“, dass ein anderer Staat dafür verantwortlich sei.

Es gebe mehrere Ermittlungsstränge, so die Polizei gegenüber BBC. Eine Möglichkeit sei, dass hinter der Störaktion ein Umweltaktivist stecke. Als „ausgeklügelt“ bezeichnete der auf Technologie von Flugverkehrsmanagement spezialisierte Richard Parker die Aktion – „nicht in technologischer Hinsicht, aber es ist organisiert“: „Menschen luden zahlreiche Batterien auf und versuchen absichtlich, nicht gefasst zu werden. Wahrscheinlich weil sie sich von einem Ort zum nächsten bewegen.“ Auch Gatwick-Manager Stewart Wingate hatte von einer „präzisen, geplanten“ Aktivität gesprochen.

Diskussion über Drohnenabschuss

Bei den gesichteten Drohnenflügen handelte es sich nach Einschätzung der Polizei nicht um Hobbyfluggeräte. Sie seien vielmehr für den professionellen Einsatz bestimmt. Jason Tingley von der Polizei Sussex hatte einen Abschuss der Drohne als „taktische Option“ nicht ausgeschlossen. Der Flughafenbetreiber hatte zuvor noch erklärt, dass ein Abschuss der Drohnen zu gefährlich sei. Freitagfrüh wollte Gatwick-Chef Chris Woodroofe ebenfalls nicht auf diese Frage eingehen. Auch der Verkehrsminister gibt sich zurückhaltend: Man könne nicht einfach in einer bebauten Gegend eine Drohne abschießen. Die Erfolgsaussichten seien sehr gering.

Ein Flugzeug von Easyjet landet auf dem Londoner Flughafen Gatwick
AP/PA/John Stillwell
Freitagfrüh nahm der Flughafen Gatwick allmählich den Flugverkehr wieder auf

Nach britischem Recht ist es verboten, Drohnen in der Nähe von Flugzeugen und Flughäfen fliegen zu lassen, außerdem dürfen sie eine Höhe von 122 Metern nicht übersteigen. Wird dagegen verstoßen, droht eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren.

Gatwick erwartet Normalität bis Samstag

Etwa 700 Flüge sollen am Freitag in Gatwick abgefertigt werden. Rund 150 weniger, als ursprünglich geplant gewesen wären. Es ist weiterhin mit Ausfällen und Verspätungen zu rechnen. Entsprechend sollten sich Reisende über jeden Flug gesondert informieren. Bis zum Ende des Samstags soll die Normalität jedenfalls wiederhergestellt werden, hoffte Gatwick-Chef Chris Woodroofe.

Er konnte aber auch nicht ausschließen, dass es ohne militärische Unterstützung nicht zu weiteren Störungen durch Drohnen kommen könne. Es gebe derzeit keine gewerblich erhältliche Technologie, diese Bedrohung einzudämmen: „Das ist kein Gatwick-Problem. Das ist nicht einmal ein Problem von Großbritannien. Das ist ein internationales Thema“, betonte Woodroofe.

„Schadensbegrenzende Maßnahmen“

Die Herausforderung der Fluglinien sei nun, diese lange Unterbrechung aufzuholen, denn zahlreiche Maschinen seien nicht am richtigen Platz, erklärte der Gatwick-Chef. Durch die lange Sperre von Gatwick mussten einige Maschinen auf andere Flughäfen etwa Amsterdam und Paris ausweichen. Es seien über Nacht von Polizei, Militär und Regierungsagenturen zusätzliche „schadensbegrenzende Maßnahmen“ gesetzt worden, die eine Wiederöffnung des Flughafens ermöglicht hätten, erklärte Woodroofe Freitagfrüh. Details darüber wollte er aber keine bekanntgeben.

Passagiere auf dem Londoner Flughafen Gatwick
AP/Kirsty Wigglesworth
Rund 700 Flüge sind für heute in Gatwick geplant, etwa 140 werden gestrichen

Der britische Verkehrsminister Chris Grayling ergänzte gegenüber der BBC, dass als vorläufige Sicherheitsmaßnahme militärische Technologien eingesetzt worden seien. Das Fliegen sei sicher, beruhigte Grayling. Es gebe keinen Hinweis auf einen terroristischen Hintergrund. Es sei aber eine Art der Störung, „wie wir sie bisher noch nicht gesehen haben“. Es gebe jedenfalls einige Lehren, die aus diesem Vorfall gezogen werden müssten. Laut Grayling gab es während der Sperre des Flughafens 40 Drohnensichtungen.

Die Britische Pilotenvereinigung (British Airline Pilots’ Association, BALPA) vermutet, dass nun im Umfeld von Gatwick eine Ausrüstung installiert wurde, die Drohnen entdeckt und verfolgen könne, berichtete der „Guardian“. Sobald es erneut Anzeichen von Drohnen gebe, würde der Flughafen sofort wieder geschlossen werden. Doch die Pilotenvertretung bleibt extrem beunruhigt wegen des möglichen Risikos einer Drohnenkollision.

Kurze Öffnung von 45 Minuten

Tausende Passagiere waren in Gatwick gestrandet. Allein am Donnerstag waren 115.000 Reisende betroffen. Für Donnerstagabend hatte der Flughafen gebeten, nicht nach Gatwick zu kommen. Für Freitag werden wieder rund 126.000 Menschen auf dem Flughafen erwartet. Diese sollten aber zunächst Informationen zu ihrem Flug abfragen. Seit Mittwochabend mussten ankommende Maschinen umgeleitet werden und teils Hunderte Kilometer entfernte Airports wie Amsterdam und Paris ansteuern.

Drohnen auf Flughafen Gatwick

Nach mehreren Drohnensichtungen und eingestelltem Flugbetrieb haben wieder Tausende Passagiere die Nacht von Donnerstag auf Freitag auf dem Londoner Flughafen Gatwick verbracht. (Videoquelle: EBU/BBC)

Schon in der Nacht auf Donnerstag verbrachten rund 10.000 Menschen die Nacht auf dem Flughafen. Nach einer kurzen Öffnung der Start- und Landebahn musste diese nach 45 Minuten wegen einer neuerlichen Sichtung eines Flugroboters wieder geschlossen werden. Um die chaotische Lage zu entschärfen, waren Nachtflugverbote für andere Flughäfen vorübergehend aufgehoben worden. Der irische Billigflieger Ryanair hatte angekündigt, auf den Flughafen Stansted, nordöstlich von London, auszuweichen.

Kritik an mangelnder Information

Laut der Flughafenleitung müssen sich Passagiere darauf einstellen, dass es auch am Freitag zu Verzögerungen kommt. Auch wenn bereits einige Maschinen laut Berichten des „Guardian“ gestartet und gelandet sind, sollten sich Reisende vorab über konkrete Flüge informieren, so die Empfehlung des Flughafens, da es weiter zu Verspätungen und Ausfällen kommen werde.

Der Flughafenbetreiber musste sich indes Kritik gefallen lassen, dass während der Nachtstunden über den offiziellen Gatwick-Twitter-Account keine Informationen weitergegeben wurden, obwohl Tausende Menschen die Nacht wieder auf dem Flughafen verbrachten.

Flüge Gatwick – Salzburg fast planmäßig

Die Sperre hatte auch Auswirkungen auf den österreichischen Luftverkehr. Auf den Flughäfen Wien-Schwechat, Salzburg und Innsbruck kam es zu Verspätungen bzw. Annullierungen von Flügen nach und von London-Gatwick. Am Freitag funktionierte der Flugverkehr zwischen Gatwick und Salzburg wieder nahezu planmäßig – mehr dazu in salzburg.ORF.at.