Je vier Männer und vier Frauen in bunten Kleidern springen, drehen und schwingen sich bei brütender Hitze über den makellos gepflegten Garten des Schlosses Grafenegg in Niederösterreich. Wie ein mittelalterliches Ritterspiel mutet die Szene auf den ersten Blick an. Wären da nicht die Kamerateams. Und würden sich die Ritter nicht als Balletttänzer in locker sitzenden Kleidern anstatt schweren Rüstungen entpuppen. Der Designer der verspielten Kostüme ist heuer der 36-jährige Arthur Arbesser.
Der in Mailand lebende Wiener feiert mit dem Auftrag sein Neujahrskonzertdebüt. Konkret entwarf er die Kostüme für die im Sommer produzierten Balletteinlagen des Walzers „Künstlerleben“ von Johann Strauss Sohn sowie des Csardas aus Strauss’ einziger Oper „Ritter Pasman“. Die imposanten, üppigen Bauten – gedreht wurde in der Wiener Staatsoper sowie im Schloss Grafenegg – spielten für Arbessers Entwürfe eine ebenso wichtige Rolle wie die Musik und die Charaktere der Tanzpaare, wie er im ORF.at-Interview sagte.
Frischer Wind für die Oper
Als „Fest für die Augen“ wollte er die Arbeit im Frühling angehen. „Darum geht es beim Neujahrskonzert – es soll eine wunderschöne Visitenkarte von Österreich und Wien sein“, so der Designer, der mehrere Jahre für das italienische Modehaus Giorgio Armani arbeitete. Freilich wollte er bei den Kostümen für das vor Tradition strotzende Neujahrskonzert moderne Akzente setzen. Ergeben hat sich ein gelungenes Zusammenspiel der Tänzer, der Musik, der Kostüme und ihrer Umgebung. Gezeigt werden die TV-Aufnahmen der Balletteinlagen vom Wiener Staatsballett unter der Choreographie von Andrey Kaydanovskiy und der Regie von Henning Kasten in den Konzertpausen am Dienstag.
TV-Hinweis:
Das Neujahrskonzert wird am 1. Jänner um 11.15 Uhr in ORF2 und Ö1 live übertragen.
Während die sportlich geschnitten, bunten Kleider der Frauen für den Csardas an wehende Fahnen erinnern sollen, will Arbesser mit den transparenten, pastellfarbenen Tüllkleidern für den „Künstlerleben“-Walzer die Lebensphasen einer Künstlerin in Kleiderform erzählen. So schlüpfen die Tänzerinnen in unterschiedlichste Rollen: von der schönen Eisprinzessin zum frechen Harlekin bis hin zur feinen Dame.
Vom Opernnerd zum gefeierten Designer
„Besonders emotional“ war der Auftrag für ihn auch deswegen, weil die Staatsoper ob ihres 150. Jubiläums einer der Drehorte war. Denn mit 13 Jahren sei er ein „ziemlicher Opernnerd“ gewesen, so Arbesser. Seine Begeisterung für die Bühne und die Oper haben ihn unterbewusst dabei zur Mode geleitet. „Mit der Bühne lernt man, wie wichtig das Kostüm ist und wie sehr das die ganze Person unterstützen und den Charakter hervorheben kann.“ Eine Faszination, die ihm bis zu seiner Zeit bei Giorgio Armani erhalten blieb – dort nannte ihn der mittlerweile über 80-jährige Armani selbst im Scherz mehrmals „Ballerino“ (Anm. Balletttänzer).
Dass Arbesser Designer – und nicht wie von seinen Eltern gewünscht Arzt oder etwa Diplomat – werden wollte, sei ihm bereits als Jugendlicher bewusst gewesen, so der Wiener gegenüber ORF.at. So sei jedes Schulbuch vollgeschmiert mit Mustern, Zeichnungen und Kleidern gewesen. Er folgte daraufhin auch Vorbildern wie Alexander McQueen und John Galliano und studierte an der renommierten Kunstuniversität Central Saint Martins in London.
Sicherlich habe er mit dem Studium in London auch hervorstechen wollen, wie er sagt. Den Job als Juniordesigner in Mailand, den er nach dem Abschluss landete, gab Arbesser nach sieben Jahren auf – und gründete seine eigene Modelinie, die mitunter für ihre Bekenntnisse zu Wiener Künstlern wie Koloman Moser bekannt ist.
„Mein Weg ist doch eher ungewöhnlich“
„Mein 30. Geburtstag war ein Wendepunkt für mich, und da war mir klar, dass ich mein Leben in die Hand nehmen muss“, so Arbesser im ORF.at-Gespräch. Dass eine eigene Modelinie aber mit einer großen finanziellen Belastung verbunden ist, hinderte ihn nicht. Immerhin muss in Kollektionen, Modeschauen, wie auch Lookbooks und Mitarbeiter investiert werden. „Mein Weg ist doch eher ungewöhnlich“, so Arbesser weiter.
Arbesser-Kostüme beim Neujahrskonzert
Das Neujahrskonzert am 1. Jänner steht ganz im Zeichen des 150-Jahr-Jubiläums der Wiener Staatsoper. Dort wurden auch die Balletteinlagen gedreht, für die Arthur Arbesser die Kostüme entworfen hat.
In Mailand fand der junge Wiener mit seiner eigenen Mode bereits seit seiner ersten Show 2013 viele Anhänger. Bei den Modewochen kamen und lobten ihn neben Chefredakteuren von Modemagazinen auch die renommierte Journalistin Suzy Menkes – der er nach wie vor handgeschriebene Weihnachtskarten schickt. Mittlerweile unterrichtet Arbesser nicht nur an der Modeuniversität in Venedig, sondern ist seit über einem Jahr auch Kreativdirektor der italienschen Modemarke Fay.
Nebenbei werden zahlreiche kleine – oder große Projekte wie jenes rund um das Neujahrskonzert – untergebracht. Wie er das zeitlich schafft? „Die Woche ist immer vollgepackt, sie beginnt Montagfrüh mit einer Zugfahrt und endet Freitagabend in einer anderen Zugfahrt. Sehr viel von meiner Arbeit erledige ich im Zug oder im Flugzeug.“ Und deswegen hat der Designer bereits einen Neujahrsvorsatz: hin und wieder zu Projekten Nein sagen. Ruhiger werde das kommende Jahr, so Arbesser, aber keinesfalls.