Demonstrant in gelber Weste
Reuters/Stephane Mahe
„Gelbwesten“

Proteste verlieren an Kraft

Bei Protesten der „Gelbwesten“ („gilets jaunes“) sind in Frankreich wieder Zehntausende auf die Straße gegangen. Es hätten sich aber weniger Menschen beteiligt als an den vergangenen Wochenenden, berichtete der Radionachrichtensender Franceinfo am Samstag. Zusammen seien in Paris nur rund 2.000 Menschen auf die Straße gegangen, berichteten französische Medien.

Vor einer Woche hatten noch 4.000 Menschen in der Hauptstadt gegen die Politik von Präsident Emmanuel Macron demonstriert, vor zwei Wochen gar 10.000. Außerhalb der Hauptstadt gingen am Samstag in den Regionen etwa 39.000 Menschen auf die Straße. Am vergangenen Wochenende hatten noch rund 66.000 Menschen im ganzen Land protestiert.

„Das ist eine sehr schwache Bilanz, was die Mobilmachung der Demonstranten angeht“, sagte der Staatssekretär im Innenministerium, Laurent Nunez, am Samstagabend im Sender BFMTV. Trotz weniger Demonstranten gab es mehrere Vorfälle: Es seien insgesamt 220 Menschen festgenommen worden, 81 wurden in Polizeigewahrsam genommen. Es seien inzwischen besonders gewalttätige Demonstranten unterwegs, beklagte der Staatssekretär.

Wortführer festgenommen

In Paris wurde unter anderen einer der Wortführer der Bewegung, Eric Drouet, festgenommen. Auf der Prachtstraße Champs-Elysees, wo es in den vergangenen Wochenenden immer wieder schwere Ausschreitungen gegeben hatte, kam es am Abend zu Spannungen, TV-Bilder zeigten den Einsatz eines Wasserwerfers der Polizei.

Demonstrant in gelber Weste
Reuters/Christian Hartmann
Ein Demonstrant bei Protesten am Samstag vor dem Pariser Triumphbogen

Tödliches Unglück

An einer Autobahnmautstelle südlich von Perpignan unweit der Grenze zu Spanien kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften, wie France Info berichtete. In Versailles, wo die „Gelbwesten“ eine großen Demonstration angesetzt hatten, folgten nur wenige Menschen dem Aufruf.

In Straßburg versammelten sich laut Regionalsender France Bleu Alsace am Samstag rund 100 Menschen bei der Europabrücke, die nach Deutschland führt. Sicherheitskräfte nahmen sieben Menschen in Gewahrsam, ein Polizist wurde verletzt. In Perpignan sei ein 36-jähriger Autofahrer bereits am Freitagabend tödlich verunglückt. Er war auf einen Lastwagen gefahren, der an einer Straßensperre der „Gelbwesten“ stand. Damit stieg die Zahl der Todesopfer bei den seit Mitte November anhaltenden Protesten auf zehn.

Zugeständnisse reißen Loch ins Budget

Entzündet hatten sich die Proteste Mitte November an Ökosteuerplänen und damit verbundenen Benzinpreiserhöhungen. Sie wuchsen sich aber schnell zu Massendemonstrationen gegen Macrons Wirtschaftspolitik aus. Dabei kam es auch zu gewaltsamen Ausschreitungen, vor allem in Paris. Macron lenkte daraufhin ein. Unter anderem kippte er die Ökosteuer und erhöhte den Mindestlohn.

Am Freitagabend segnete der Senat die letzten Teile des Sozialpakets ab. Macrons Zugeständnisse reißen allerdings ein Milliardenloch in die Staatskasse. Frankreich dürfte deswegen wohl im nächsten Jahr über die EU-Defizitgrenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung hinausschießen.