Flugzeig in Anflug auf London Gatwick
APA/AFP/Ben Stansall
Drohnen-Störaktionen in London

Suche nach Tätern läuft neu an

Die vorweihnachtlichen Drohnenstöraktionen auf dem Londoner Flughafen Gatwick geben weiter Rätsel auf. Die Suche nach den Tätern muss wieder neu anlaufen: Ein Ehepaar, das die Ermittler als mutmaßliche Urheber der stundenlangen Drohnenflüge festgenommen hatte, kam am Sonntag wieder auf freien Fuß.

Der 47-jährige Mann und die 54-jährige Frau aus der benachbarten Stadt Crawley seien ohne Anklage freigelassen worden, teilte die Polizei von Sussex am Sonntag mit. Die beiden am Freitagabend Festgenommenen, die voll mit der Polizei kooperiert hätten, seien nicht länger verdächtig.

Der 47-Jährige sei Fenstermonteur und begeistert von Drohnen und ferngesteuerten Hubschraubern. Sein Arbeitgeber hatte aber bereits den Vorwürfen widersprochen: Der Mann habe während der Störaktionen gearbeitet und sei absolut zuverlässig. Nachbarn beschrieben ihn als hart arbeitenden, unauffälligen, zweifachen Vater. Britischen Medien zufolge wurde am Sonntag eine zerstörte Drohne entdeckt. Die Polizei wolle das Fluggerät nun genau untersuchen, hieß es. Es sei aber nicht klar, ob diese Drohne überhaupt im Zusammenhang mit den Störaktionen stehe.

1.000 Flüge ausgefallen

Wegen Drohnenflügen über dem Gelände von Gatwick war der Flugbetrieb ab Mittwochabend mehrfach unterbrochen worden – in den vergangenen Tagen waren rund 40-mal Drohnen über dem Airport gesichtet worden. Rund 1.000 Flüge fielen aus, etwa 140.000 Fluggäste waren von dem Chaos in der Vorweihnachtszeit betroffen. Viele Reisende waren auf dem Weg in die Weihnachtsferien auf dem zweitgrößten Flughafen Großbritanniens gestrandet.

Zwar konnte bereits am Freitag in der Früh der Flugbetrieb nach 36-stündigem Stillstand wiederaufgenommen werden, am Abend wurde aber erneut eine Drohne entdeckt. Das Flugfeld wurde daraufhin abermals gesperrt – diesmal nur für etwas mehr als eine Stunde. Danach gab es einige Starts und Landungen, allerdings noch keinen wirklich normalen Flugbetrieb. Am Samstag wurde der Flugbetrieb wieder aufgenommen.

Belohnung für Ergreifung der Täter

Britische Medien vermuteten hinter der Tat radikale Umweltaktivisten oder einen verärgerten Flughafen-Mitarbeiter. Der Flughafen von Gatwick stellte eine Belohnung von 50.000 Pfund (über 55.000 Euro) für jede Information in Aussicht, die zur Ergreifung der Täter führt. Die Polizei forderte die Bevölkerung auf, verdächtige Beobachtungen zu melden.

„Unsere Ermittlungen gehen weiter“, sagte Kommissar James Collins von der Polizei der Grafschaft Sussex. Von einem terroristischen Hintergrund gingen die Behörden bisher nicht aus. Es gebe auch keine Hinweise darauf, dass eine ausländische Regierung ihre Finger im Spiel habe, sagte ein Polizeisprecher.

Airport-Geschäftsführer Stewart Wingate sprach von einer „präzise geplanten Aktivität, die darauf ausgelegt wurde, den Flughafen lahmzulegen und maximale Behinderungen in der Vorweihnachtszeit zu bringen“. Für Luftfahrtbranche und Behörden sei das ein Warnschuss. „Es kann nicht sein, dass Drohnen einen essenziellen Teil unserer nationalen Infrastruktur auf diese Art lahmlegen“, sagte Wingate. „Das ist offenkundig eine relativ neue Technik, und wir müssen gemeinsam über richtige Lösungen nachdenken, um sicherzustellen, dass so etwas nicht noch einmal passieren kann.“

„Nette Ablenkung vom ‚Brexit‘“

Am Samstag sollten 757 Flüge mit über 124.000 Passagieren abgefertigt werden. Wegen des dichten Flugplans und Andrangs konnten zahlreiche Maschinen nicht pünktlich starten und landen – einige Flüge fielen sogar ganz aus. Überall bildeten sich lange Warteschlangen. Einige Passagiere und Passagierinnen nahmen die Situation trotzdem mit Humor: Das „Drohnen-Drama ist doch eine nette Ablenkung vom ‚Brexit‘“, scherzte ein Mann.

Passagiere auf dem Londoner Flughafen Gatwick
Reuters/Toby Melville
Zehntausende Passagiere mussten auf ihren Flug warten

Nach Polizeiangaben waren „erhebliche Kräfte mobilisiert“ worden, um die Drohnen und die Täter ausfindig zu machen. Doch die Störmanöver gingen trotz eines Großeinsatzes mit Hubschrauber, Scharfschützen und Spezialgerät der Armee viele Stunden lang weiter.

Die Sperre hatte auch Auswirkungen auf den österreichischen Luftverkehr. Auf den Flughäfen Wien-Schwechat, Salzburg und Innsbruck kam es am Freitag zu Verspätungen bzw. Annullierungen von Flügen nach und von London-Gatwick, der Europas siebentgrößter Flughafen ist.