Rechnungshof
ORF.at/Julia Hammerle
Jahresbilanz

Rechnungshof ruft nach mehr Rechten

91 Prüfungen hat der Rechnungshof (RH) dieses Jahr abgeschlossen – Präsidentin Margit Kraker hält aber mehr für erforderlich. Im RH-Tätigkeitsbericht 2018 deponierte sie den Wunsch nach „echten Prüfungsrechten“ für Parteifinanzen und Zuständigkeit für Unternehmen ab 25 Prozent Staatsbeteiligung. Kritik setzte es wegen vielfach zu kurzer Begutachtungsfristen bei Gesetzesentwürfen.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) versetzte dem Anliegen unlängst aber einen Dämpfer: In einem Erkenntnis vom 11. Dezember 2018 hielt das Höchstgericht fest, dass der RH seit 1. Juni 2017 nicht mehr für den Flughafen Wien prüfungszuständig ist. Und das, obwohl die öffentliche Hand zu 40 Prozent beteiligt ist.

Kraker hält dazu in dem Bericht fest: „Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes (…) bedeutet, dass große Projekte des Flughafens – in der Vergangenheit etwa das Projekt Skylink, in der Zukunft z. B. Planung und Bau der dritten Piste – nicht geprüft werden könnten. Damit wäre eine Kontrolle des Flughafens ausgeschlossen, was etwa beim Projekt Skylink dazu geführt hätte, dass weder die Öffentlichkeit noch die Landtage von Wien und Niederösterreich über die Kostensteigerung und Baumängel informiert, noch die Empfehlungen des Rechnungshofes zur Reduktion der Baumängel und Mehrkosten umgesetzt worden wären.“

Flughafen Wien
ORF.at/Christian Öser
Beispiel Skylink: Der Rechnungshof deckte Missstände auf und verhinderte, dass der finanzielle Schaden noch größer wurde

Lücken im System

Das sei eine „Kontrolllücke“, so Kraker, sie werde sich beim Nationalrat um deren Schließung durch eine klare gesetzliche Regelung bemühen. Infrastrukturunternehmen sollten umfassend kontrolliert werden – zumal an die RH-Zuständigkeit etwa auch geknüpft ist, dass die Bediensteten den strengeren Antikorruptionsregeln der „Amtsträger“ unterliegen.

Keine Einschau nehmen darf der RH auch in die Finanzen der Parteien. Von ihnen muss er jährlich die Bilanzen einsammeln und diese dann veröffentlichen, aber er darf nicht prüfen, wie sie die – aus der Parteiförderung erhaltenen – öffentlichen Mittel verwenden. „Es wäre wünschenswert, wenn sich die maßgeblichen politischen Entscheidungsträger dazu durchringen könnten, das System der Parteienfinanzierung zu reformieren und dem Rechnungshof echte Prüfungsrechte zu gewähren“, so Kraker in der Bilanz.

Dem Nationalrat – dessen Kontrollorgan er ist – legte der RH insgesamt 66 Berichte vor. Prüfungsaufträge aus dem Parlament gab es 2018 keine. Die Prüfberichte zeigen recht gute Wirkung: Von im Jahr davor 2.739 deponierten Anregungen hatten die 111 betroffenen Stellen 2018 insgesamt 1.285 umgesetzt, in 884 Fällen wurde die Umsetzung zugesagt, das macht in Summe 79 Prozent.

Fehlkalkulationen im Finanzministerium

Aber es gibt auch „immer wiederkehrende Empfehlungen“ – die wiederholt werden müssen, weil sie häufig nicht befolgt werden: nämlich dass Vertragsschablonen (vor allem bei Bezugsobergrenzen) und das Vergaberecht einzuhalten sind und dass bei jedem Gesetzesvorhaben die Folgekosten realistisch abgeschätzt werden müssen.

Diesbezüglich fällt besonders das – von Hartwig Löger (ÖVP) geführte – Finanzministerium negativ auf: Nur fünf seiner Folgekostenabschätzungen 2018 waren aus Sicht des RH plausibel, doppelt so viele nicht. Bloß ein anderes Ressort – Beamte und Sport in Verantwortung von Heinz-Christian Strache (FPÖ) – legte noch mehr unplausible (nämlich drei) als plausible (eine) Kostenschätzungen vor. In Summe aller Ministerien überwogen die plausiblen Darstellungen – mit 104 zu 48 – bei Weitem.

Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker
APA/Georg Hochmuth
Kraker bezeichnete den RH in dem Bericht „als Botschafter des oft Unangenehmen“

Begutachtungsfrist vielfach zu kurz

Anlass zu einer kritischen Anmerkung im Tätigkeitsbericht gab die Gesetzgebungspraxis in diesem Jahr: Bei 16 von ÖVP und FPÖ vorgelegten Entwürfen wurde die – vom Kanzleramt empfohlene – sechswöchige Frist zur Begutachtung teils erheblich unterschritten. So standen zum Beispiel für das Gesetz zur Errichtung der neuen Beteiligungs AG (ÖBAG) nur vier Tage zur Verfügung, beim Budgetbegleitgesetz ließ man gar keine Stellungnahmen zu.

Breiter Raum wird in dem Bericht auch dem vieldiskutierten, im Dezember 2018 beschlossenen Sozialversicherungs–Organisationsgesetz gewidmet. Dazu heißt es: „Der Rechnungshof befürwortete das Ziel einer Effizienzsteigerung und Vereinheitlichung von Leistungen im Bereich der Sozialversicherungen, sah jedoch eine Reihe von Problemen.“ Zusammengefasst sind diese in folgendem Punkt: „Wesentliche Fragen der vorgeschlagenen Reform, insbesondere die Leistungsharmonisierung und die Verwendung der Mittel der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), blieben unbeantwortet.“

Opposition geht konform

Bei der Opposition stößt Krakers Forderung nach stärkeren Prüfungsrechten auf offene Ohren. Irmgard Griss von NEOS unterstützt auch ihr Begehr, die Kontrolle der Parteifinanzen neu zu regeln: Derzeit sei die „Prüfung“ durch den RH nicht mehr als eine „Scheinlegitimation“, die diesen Ressourcen koste. Wolfgang Zinggl, RH-Sprecher von Jetzt, verwies darauf, bereits im Februar einen Entschließungsantrag eingebracht zu haben, der die Prüfkompetenz des RH auf Unternehmen mit mindestens 25 Prozent Staatsbeteiligung ausweiten soll. „Passiert ist natürlich nichts“, so Zinggl.