Desiginierter brasilianischer Präsident Jair Bolsonaro
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Bolsonaro

„Brasiliens Trump“ wird vereidigt

Am Neujahrstag tritt der ultrarechte Jair Bolsonaro das Amt des Staatschefs in Lateinamerikas größtem Land Brasilien an. Damit ist der langjährige Abgeordnete auf dem Gipfel der Macht angekommen.

Wenige Tage vor seiner Amtseinführung besiegelte der 63-Jährige mit dem aus Israel angereisten Regierungschef Benjamin Netanjahu eine ungewöhnliche Partnerschaft, die sich unter anderem aus der gemeinsamen Wertschätzung für US-Präsident Donald Trump speist. Netanjahu wird, so wie der Rechtspopulist und ungarische Regierungschef Viktor Orban, an der Amtseinführung teilnehmen.

57 Millionen Brasilianer, 55 Prozent, hatten den rechtsradikalen Kandidaten Ende Oktober in der Stichwahl zum Präsidenten gewählt. Seine Anhänger sehen in ihm eine Art Retter des Vaterlandes, seine glühendsten Fans nennen ihn gar „o mito“ (der Mythos).

Rückschlag für Kampf gegen Erderwärmung

Noch ist nicht genau abzusehen, welche Folgen Bolsonaros Präsidentschaft haben wird. Im eigenen Land fürchten vor allem Minderheiten wie die Indigenen und am gesellschaftlichen Rand Stehende große Nachteile. Global wird sich der Rechtsruck des größten Staates Lateinamerikas ebenfalls auswirken: Die Beziehungen mit den USA dürften sich verbessern. Was Bolsonaro wirtschaftspolitisch vorhat, ist unklar – in vielem dürfte er sich aber am Kurs seines erklärten Vorbilds Trump orientieren. Auch im Kampf gegen die Erderwärmung wird Bolsonaro auf die Bremse steigen. Dabei ist Brasilien mit seinen riesigen Regenwaldgebieten ein ganz entscheidendes Land im globalen Kampf gegen die Klimaveränderung.

Demonstranten gegen Bolsonaro
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Proteste gegen Bolsonaro noch vor der Wahl

Schwere Vorwürfe von Gegnern

Seine Gegner prangern seine rassistischen, frauen- und homosexuellenfeindlichen Äußerungen an; sie kritisieren zugleich das unverblümte Lob des Rechtsaußenpolitikers für die Militärdiktatur in Brasilien (1964 bis 1985). Angesichts grassierender Korruption und Kriminalität in Brasilien gelang es dem Hauptmann der Reserve, sich als Saubermann zu präsentieren, der hart durchgreift. Seinen Landsleuten will er erlauben, Waffen zu tragen.

Erfolgreich verstand es Bolsonaro, den Unmut in der Bevölkerung über die bisher regierende Arbeiterpartei für sich zu nutzen. Dabei schreckte er auch nicht davor zurück, „Fake News“ einzusetzen und seine politischen Gegner zu verunglimpfen. Das Internet ist Bolsonaros bevorzugtes Medium, ein großer Redner ist er nicht.

Langzeitpolitiker wechselte mehrmals Seiten

Ein klares politisches Programm ist bei dem ehemaligen Fallschirmjäger ebenfalls schwerlich auszumachen. Kein Wunder, dass der Mann, der seit 27 Jahren im Abgeordnetenhaus sitzt, mehrmals die Parteien wechselte. Zu Bolsonaros Unterstützern zählen mächtige Lobbyisten, etwa aus der Agrarindustrie, und die in Brasilien einflussreichen evangelikalen Kirchen.

Dass er von Wirtschaft nichts versteht, bekennt Bolsonaro selbst. Dieses Thema überlässt er in seinem Kabinett den ultraliberalen Wirtschaftswissenschaftler Paulo Guedes, der als „Superminister“ für Finanzen, Planung, Entwicklung und Außenhandel zuständig sein wird.

Der stramme Antikommunist Ernesto Araujo, der den UNO-Migrationspakt aufkündigen will und den Klimawandel für eine „marxistische Verschwörung“ hält, wird Außenminister. Von den 22 Regierungsmitgliedern haben sieben beim Militär gedient, nur zwei sind Frauen.

Desiginierter brasilianischer Präsident Jair Bolsonaro
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Bolsonaro im November bei einem Besuch des Obersten Gerichtshofs

Ton zuletzt gemäßigt

Der für seine gehässige Sprache bekannte Bolsonaro mäßigte sich zuletzt im Ton. Am Abend seines Wahlsieges sagte der 63-Jährige, seine Regierung werde „die Verfassung, die Demokratie und die Freiheit verteidigen“.

Bolsonaro kam 1955 in Campinas bei Sao Paulo als Spross einer italienischstämmigen Familie zur Welt. Während seiner Zeit in der Armee galt er als aufmüpfig. In den 80er Jahren wurde ihm sogar ein versuchter Bombenanschlag zur Last gelegt, mit dem er einen höheren Sold erzwingen wollte.

Der Großteil seiner politischen Karriere spielte sich in Rio de Janeiro ab. Dort wurde er 1988 zum Gemeinderat und 1991 zum Abgeordneten im Bundesparlament gewählt.

Sexistische Pöbeleien im Parlament

Im Parlament tat sich Bolsonaro weniger durch Gesetzesinitiativen hervor – in fast drei Jahrzehnten brachte er nur zwei Initiativen durch – als vielmehr durch verbale und sexistische Pöbeleien. Zur linken Abgeordneten Maria do Rosario sagte er einmal: „Ich würde Sie nicht vergewaltigen, Sie verdienen es nicht.“ Darauf angesprochen bekräftigte Bolsonaro in einem Interview 2014, do Rosario sei „hässlich“ und „nicht sein Typ“.

Herablassend äußert sich Bolsonaro auch über Schwarze und Homosexuelle. Einen homosexuellen Sohn würde er „nicht lieben können“, sagte er 2011 in einem Interview mit dem „Playboy“ und fügte hinzu: „Mir wäre lieber, er würde bei einem Unfall sterben.“ Selbst die Folterpraktiken während der von ihm verherrlichten Militärdiktatur versuchte der Rechtsausleger zu rechtfertigen. Der Fehler der Diktatur sei es gewesen, „zu foltern, aber nicht zu töten“, befand Bolsonaro 2016 in einem Radiointerview.