Der im September in der Türkei festgenommene österreichische Journalist und Student Max Zirngast, der zu Weihnachten unter Auflagen freigelassen worden ist, sieht sich selbst als politischen Gefangenen – wenn auch als „Kollateralschaden“, so Zirngast in einem heute veröffentlichten Interview mit dem Magazin „Datum“ (Onlineausgabe).

Die Türkei gehe gegen die demokratische Opposition vor, er sei wie „Zehntausende“ andere festgenommen worden. „Zu sagen, dass ich besonders sei, wäre eine Ungerechtigkeit gegenüber allen anderen politischen Gefangenen, Journalisten und Akademikern in der Türkei.“
In der Türkei selbst ortet Zirngast „Faschistisierungstendenzen“. Staat und Gesellschaft würden „zunehmend autoritärer“ werden, gesellschaftlich finde eine „Verrohung“ statt, die sich etwa im „weiteren Anstieg der ohnehin schon enorm hohen Rate an Frauenmorden“ zeige, so Zirngast gegenüber „Datum“. In der Türkei lebe man „immer mit der Angst, dass etwas passiert“.
Zirngast erwartet keinen fairen Prozess
Einen fairen Prozess erwartet der 29-Jährige für sich nicht. Die Beweise der Anklage seien schwammig, auch wenn sein Telefon sowie die von drei weiteren Personen fünf Monate lang abgehört worden seien. Die türkische Justiz wirft Zirngast vor, Mitglied einer Terrororganisation, der „illegalen bewaffneten Organisation TKP/K“, zu sein. Insgesamt geht Zirngast von „mindestens vier bis fünf“ Prozessterminen aus.
Er wolle jedenfalls, dass die Auflagen aufgehoben werden. Bis zum Prozessbeginn am 11. April ist Zirngast die Ausreise aus der Türkei verboten, einmal pro Woche muss er sich bei der Polizei melden. Von der Bundesregierung erwartet Zirngast weiterhin konsularische Betreuung. Bei einer Verurteilung drohen dem Österreicher bis zu zehn Jahre Haft.