Sitzungsraum während der Regierungsklausur 2018 in Mauerbach
Reuters/Heinz-Peter Bader
Zweitägige Klausur

Regierung nimmt sich neuer Reformen an

Bei der Präsentation ihrer ersten Jahresbilanz im Dezember des Vorjahres hatten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) mehrfach den von der Regierung gestarteten „rot-weiß-roten Reformzug“ gepriesen – bei einer zweitägigen Klausur am 10. und 11. Jänner soll dieser nun neue Fahrt aufnehmen. Die zentralen Themen: Steuerreform, Pflege und Digitalisierung.

Austragungsort der Klausur ist das niederösterreichische Mauerbach – schon im Mai des Vorjahres hatte sich die Regierung hier zwei Tage lang beraten und unter anderem die Reform der Mindestsicherung besiegelt. Diesmal stehen drei Schwerpunkte an, wobei die meiste Beachtung wohl die für 2020 geplante Steuerreform finden wird. Bei der Klausur sollen zumindest das Volumen bekanntgegeben und der genaue Zeitplan fixiert werden – voraussichtlich am 15. Oktober wird dann das entsprechende Budget beschlossen.

Bisher bekannt ist lediglich, dass die Regierung eine schrittweise Senkung der Steuer- und Abgabenquote in Richtung 40 Prozent anstrebt. „Besonders Bezieher von kleinen und mittleren Einkommen sollen ab 2020 entlastet werden“, hieß es. Geplant sind aber auch Entlastungen für die Wirtschaft – diesbezügliche Wünsche präsentierte Harald Mahrer, Präsident der Wirtschaftskammer (WKÖ), am Donnerstag.

Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer
ORF.at/Roland Winkler
WKÖ-Chef Mahrer hat etliche Wünsche bei der Steuerreform

„Darf keine Micky-Maus-Reform sein“

„Wenn die Regierung von der größten Steuerreform aller Zeiten spricht, dann darf das keine Micky-Maus-Reform sein“, sagte Mahrer. „Die steuerliche Entlastung muss für alle im Land spürbar ausfallen.“ Und bei der Körperschaftssteuer (KÖSt), so Mahrer, „muss ein Einser vorne stehen“. Er sprach sich damit, anders als die Industriellenvereinigung (IV), für eine lineare Senkung der KÖSt auf höchstens 19 Prozent aus. Die IV will den bisherigen Satz bei 25 Prozent belassen, jenen für nicht entnommene Gewinne aber auf 12,5 Prozent halbieren. Das hält Mahrer für zu komplex, angestrebt sei schließlich eine Vereinfachung – dies wäre auch international ein klareres Signal.

Kritik der Arbeiterkammer und des Gewerkschaftsbundes an einer KÖSt-Senkung konnte Mahrer nicht nachvollziehen. Es werde schließlich mehr Geld für Investitionen frei, wodurch „Jobs, Jobs, Jobs entstehen“. Die Gewerkschaft hielt am Donnerstag allerdings erneut dagegen: Einer Rechnung zufolge würden „etwa fünf Prozent der gewinnstärksten Kapitalgesellschaften etwa 80 Prozent des KÖSt-Aufkommens zahlen“. Eine allgemeine Senkung der KÖSt „würde daher nur den Wirtschaftseliten zugutekommen“, sagte Barbara Teiber, Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp).

Fünf Milliarden Euro Volumen, Details noch unklar

Das Volumen der Steuerreform soll fünf Milliarden Euro ausmachen, der Familienbonus ist hier aber schon eingerechnet – er wird ab heuer bis zu 1,5 Mrd. kosten. Regierungsintern diskutiert wurde zuletzt die Senkung sowohl der Steuertarife als auch der Sozialversicherungsbeiträge. Letzteres würde auch kleine Einkommen entlasten, die keine Lohnsteuer bezahlen und somit von einer reinen Steuersenkung nichts hätten. Im Gegenzug würden den Krankenkassen, die durch die Sozialversicherungsreform bereits von Einsparungen betroffen sind, zusätzlich Einnahmen entgehen.

Gruppenfoto während der Regierungsklausur 2018 in Mauerbach
Reuters/Heinz-Peter Bader
Schon im Mai des Vorjahres kam die – bis dato unveränderte – Regierungsmannschaft in Mauerbach zusammen

Der Spitzensteuersatz von 55 Prozent für Topverdiener soll nach dem Willen von Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) bestehen bleiben. Der Satz wurde 2016 für Einkommensteile von über einer Mio. Euro jährlich von 50 auf 55 Prozent angehoben. Gleichzeitig war eine Befristung bis ins Jahr 2020 beschlossen worden, die Anhebung hätte also danach automatisch geendet. Das werde laut Löger nun aber „nicht in Betracht gezogen“.

Digitalsteuer und Pflegereform als Ziele

Nächster Punkt im Klausurprogramm ist die Digitalisierung beziehungsweise die Einführung einer Digitalsteuer. Nachdem die Pläne für eine EU-weite Digitalsteuer gescheitert sind, will die Regierung diese nun im nationalen Alleingang einführen. „Es ist nur gerecht, wenn die Internetgiganten in Europa ordentlich Steuer zahlen. Wir werden (…) zusätzlich zum europäischen Vorgehen einen nationalen Schritt setzen“, sagte der Kanzler zu Jahresende im ZIB2-Interview. Wie hoch die Steuer sein wird, ist noch offen, die Rede war zuletzt von drei Prozent. Weiters plant man einen gesamthaften Digitalauftritt der Bundesregierung, die Beschleunigung des 5G-Ausbaus und die Einführung des „digitalen Klassenzimmers“.

Schließlich will die Regierung in Mauerbach noch den Startschuss für die angestrebte Neuorganisation des Pflegebereichs vorbereiten. Es wird erwartet, dass im Frühjahr eine Enquete unter Einbindung aller Beteiligten stattfindet. Im Regierungsprogramm vorgesehen ist eine Erhöhung des Pflegegelds ab Stufe vier, ÖVP-Klubchef August Wöginger zeigte sich vergangene Woche auch diskussionsbereit, alle Stufen zu erhöhen. Gefordert hatten das in der Vergangenheit unter anderem die Arbeiterkammer sowie die Seniorenvertreter von SPÖ und auch ÖVP.

SPÖ-Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner
APA/Roland Schlager
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hat als Oppositionsführerin keinen leichten Stand

Nach der Regierung ziehen sich auch – mit Ausnahme der FPÖ – die Parlamentsparteien einzeln zu Klausuren zurück. Die ÖVP trifft sich von 21. bis 23. Jänner in St. Wolfgang im Salzkammergut zu einer nicht öffentlichen Arbeitsklausur. Auch hier stehen Steuerreform, Pflege und Digitalisierung im Mittelpunkt. Die Freiheitlichen haben für den 19. Jänner lediglich ein Neujahrstreffen in der Messe Wien geplant.

SPÖ feiert und tagt

Auch die Opposition versucht im neuen Jahr wieder Tritt zu fassen. Die SPÖ hat für 24. und 25. Jänner eine Klubtagung in Wien angesetzt. Hauptthema soll dabei „leistbares“ Wohnen sein. Schon am 8. Jänner feiert die SPÖ ihren 130. Geburtstag in Hainfeld, wo zum Jahreswechsel 1888/89 der Gründungsparteitag stattgefunden hat, bei dem Victor Adler die zersplitterten Lager der Arbeiterbewegung geeint hat. Bei NEOS treffen sich Partei und Parlamentsklub am 14. Jänner in Wien zu einer Klausur, die Liste Jetzt plant eine Zusammenkunft für 11. und 12. Jänner.