Bei „hartem“ Brexit: Irland will EU um Nothilfen bitten

Irland will die EU im Falle eines „harten“ Brexits um Nothilfen in Millionenhöhe bitten. „Wir sprechen hier von Hunderten von Millionen“, sagte der irische Landwirtschaftsminister Michael Creed der Zeitung „Irish Independent“ von heute. In der Rindfleisch- und Fischereiindustrie gehe es um „riesige Geldsummen“.

Großbritannien will zum 29. März aus der EU austreten. Bisher gibt es noch keinen gültigen Austrittsvertrag. Für einen von Premierministerin Theresa May mit der EU ausgehandelten Vertragsentwurf gibt es bisher keine Mehrheit im britischen Parlament. Damit wächst die Gefahr, dass das Vereinigte Königreich die EU ohne Abkommen verlässt. Dann droht die Wiedereinführung von Grenzkontrollen zwischen dem EU-Mitglied Irland und Großbritannien.

Irland stark auf britischen Markt angewiesen

Ein großer Teil der irischen Exporte, vor allem in der Rindfleisch-, Molkerei- und Fischereiindustrie, gehen nach Großbritannien. Irland sei sehr stark auf den britischen Markt angewiesen, sagte Landwirtschaftsminister Creed. Aber es gebe immer noch die Hoffnung, dass in London am Ende „ein gewisses Maß an Vernunft vorherrschen“ und der Brexit-Vertragsentwurf angenommen werde.

Am Donnerstag wollte das irische Kabinett Notfallpläne für den Fall eines „harten“ Brexits diskutieren. Bis zu 45 neue Gesetze müssten dann im Eilverfahren durchs Parlament gebracht werden – sämtliche anderen Gesetzesvorhaben müssten vorerst auf Eis gelegt werden.

Ryanair sichert sich mit britischer Lizenz ab

Die irische Billigfluggesellschaft Ryanair sicherte sich mit einer Lizenz für ihre britische Tochter für den Fall eines „harten“ Brexits nun ab. Ryanair bestätigte heute in Dublin, dass die Gesellschaft Ryanair UK die erforderliche Genehmigung erhalten habe. Damit könnten „falls nötig“ auch nach einem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union ohne ein Austrittsabkommen Flüge innerhalb Großbritanniens oder von Großbritannien zu Zielen außerhalb der EU angeboten werden.

Britische Wirtschaft vor Brexit in „Schockstarre“

Die Unsicherheit über die künftigen Handelsbeziehungen zu Europa schlägt indessen verstärkt auf die Konjunktur durch. „Die Wirtschaft des Vereinigten Königreichs ist in einer Schockstarre“, sagte der Chef der britischen Handelskammern (BCC), Adam Marshall, heute.

Da die Unternehmen noch immer keine Klarheit über den künftigen Status der Handelsbeziehungen mit Europa hätten, scheuten sie vor wichtigen Investitions- und Zukunftsentscheidungen zurück, so Marshall. Zugleich ist der Umsatz in dem in Großbritannien dominierenden Dienstleistungssektor laut BCC Ende 2018 so langsam gewachsen wie seit zwei Jahren nicht mehr.

Die britische Notenbank erwartet für das vierte Quartal 2018 eine Abschwächung des Wirtschaftswachstums auf 0,2 Prozent. Im Sommer war noch ein Plus von 0,6 Prozent herausgesprungen. In etwa zwei Wochen sollen die britischen Abgeordneten über die Pläne von Premierministerin Theresa May zum Austritt aus der EU abstimmen, der am 29. März über die Bühne gehen soll. Der Ausgang des Votums ist ungewiss.