Mindestsicherung: Kritik in Begutachtung reißt nicht ab

Der von der Bundesregierung geplante Rückbau der bedarfsorientierten Mindestsicherung zur „Sozialhilfe“, der Einschnitte etwa für Mehrkindfamilien und Zuwanderer mit schlechten Deutschkenntnissen bringt, stößt weiter auf vielstimmige Kritik. Vor der morgen zu Ende gehenden Begutachtung sprachen sich nun auch SOS-Mitmensch, das Rote Kreuz und die Kinder- und Jugendanwaltschaften dagegen aus.

„Der Gesetzesentwurf in seiner vorliegenden Form bedeutet die Abschaffung von sozialen Mindeststandards und damit die Abkehr vom Gedanken einer menschenwürdigen Mindestsicherung für bedürftige Menschen“, protestierte etwa SOS Mitmensch in seiner Stellungnahme. Es drohten die Verschärfung von Armut in Österreich und ein Fleckerlteppich unterschiedlich niedriger Sozialhilfeniveaus je nach Bundesland.

Scharfe Kritik vom Roten Kreuz und SOS-Kinderdorf

Scharfe Kritik kam auch vom Österreichischen Roten Kreuz, das sich gegen das erklärte Regierungsziel wandte, die Zuwanderung in das österreichische Sozialsystem zu dämpfen: „Sozialhilfe (Mindestsicherung, Anm.) als Steuerungsmittel für fremdenpolizeiliche Ziele zu nutzen, ist dem Grundgedanken des österreichischen Sozialstaates bis dato nicht immanent und erscheint dem ÖRK daher befremdlich und systemwidrig.“

Jugendanwaltschaften: Missachtung der Kindeswohlvorrangigkeit

Noch schärfer formulierten es die Kinder- und Jugendanwaltschaften der Bundesländer in einer gemeinsamen Stellungnahme. Der Entwurf stelle „in seiner Gesamtheit eine Missachtung des Prinzips der Kindeswohlvorrangigkeit dar“.

Der Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern rügte: „Menschenwürdiges Leben muss unabhängig von Alter, Geschlecht, Familienkonstellation, Herkunft, Behinderung und Fähigkeit zur Teilnahme am Arbeitsmarkt möglich sein.“

Gerhard Jelinek, der Präsident des Oberlandesgerichts Wien, ging auf den geplanten Ausschluss verurteilter Straftäter von der Sozialhilfe ein. „Die davon betroffenen Personen geraten in eine Lage der Perspektivlosigkeit, womit sich das Gefährdungspotenzial, neuerlich in die Kriminalität abzugleiten, signifikant erhöht.“

Sozialvereine Tirols gegen Reform

Starke Kritik an der neuen Sozialhilfe kommt auch vom Tiroler Bündnis gegen Armut und Wohnungsnot. Die Sozialpolitik der Bundesregierung verstärke Kinderarmut und Wohnungsnot. Das kritisierte auch das SOS Kinderdorf.

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Kaiser gegen unterschiedliche Bewertung

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), seit heute Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz, schließt sich der allgemeinen Kritik, etwa an der unterschiedlichen Bewertung von Kindern, an. Er will gemeinsam mit den anderen Landeshauptleuten das Gespräch mit der Bundesregierung suchen.

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Bischof Bünker: "Zurück an den Start“

Auch die evangelische Kirche in Österreich übt massive Kritik. Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker fordert einen Neustart der Überlegungen.

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