Der italienische Innenminister Matteo Salvini
AP/Czarek Sokolowski
Vor EU-Wahl

Salvini treibt rechtes Bündnis voran

Italiens Innenminister Matteo Salvini hat seine Pläne, bei der Wahl des EU-Parlaments im Mai eine Allianz zu bilden, am Mittwoch in Polen in Fahrt gebracht. Dort schlug er der rechtsnationalen PiS von Jaroslaw Kaczynski einen „Pakt für Europa“ vor. PiS und Salvinis Lega sind vor allem in Sachen Migration mit Brüssel auf Konfrontationskurs. Doch sie trennt auch einiges – voneinander und auch von anderen Rechtspopulisten in Europa.

Zunächst traf Salvini in Warschau mit seinem polnischen Amtskollegen Joachim Brudzinski und mit dem Chef der nationalkonservativen Regierung, Mateusz Morawiecki, zusammen. Dort gab sich Salvini optimistisch: „Polen und Italien werden Teil des neuen europäischen Frühlings sein, der Renaissance europäischer Werte“, sagte der Lega-Chef. „Das Europa, das im Juni Gestalt annehmen wird, wird uns alle führen, statt jenes, das heute existiert und von Bürokraten regiert wird.“

Die beiden Länder sollen nach Salvinis Ansicht Hauptakteure einer „neuen europäischen Achse“ sein werden. „Da man seit Jahren in der EU von einer deutsch-französischen Achse spricht, arbeiten unsere beiden Länder an einer neuen Achse, die Europa neue Energie verleihen wird.“ Italien und Polen würden gemeinsame Werte in Sachen Familie, Entwicklung und Wirtschaftswachstum teilen, so Salvini bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Brudzinski. Den polnischen Medien sagte Salvini nach dem Treffen mit Morawiecki, er habe die Gründung einer „italienisch-polnischen Achse“ vorgeschlagen.

„Vertrag mit klaren Verpflichtungen“

Mit Kaczynski, dem Chef von Polens Regierungspartei PiS, wurde schließlich auch ein Bündnis zur Europawahl Ende Mai besprochen. „Ich habe Kaczynski einen Pakt für Europa vorgeschlagen, einen Vertrag mit klaren Verpflichtungen. Dabei handelt es sich um eine Plattform aus zehn Punkten nach Modell des Koalitionsvertrags, den wir in Italien unterschrieben haben. Wir wollen eine Allianz zur Rettung Europas aufbauen“, so Salvini.

Man teile Ansichten in Sachen Sicherheit und Kampf gegen die illegale Einwanderung. Das gemeinsame Programm soll Themen wie Sicherheit, Förderung der Familie und des Wirtschaftswachstums sowie Verteidigung der christlichen Wurzeln Europas betreffen. Auch der Kampf gegen europäische Bürokratie sei ein Hauptanliegen.

Ein funktionierendes Bündnis ist ein lang gehegter Traum der europäischen Rechtspopulisten. Doch neben der Konfrontation mit Brüssel und Einigkeit im Antimigrationskurs gibt es viel Trennendes. Auch PiS-Sprecherin Beata Mazurek twitterte am Mittwoch, die Gespräche hätten den Weg zu weiteren Kontakten eröffnet, es seien aber auch Differenzen zwischen Lega und PiS hervorgehoben worden. Experten zufolge könnte etwa Salvinis Pro-Moskau-Kurs eine Zusammenarbeit der Parteien erschweren.

Jaroslaw Kaczynski
AP/Alik Keplicz
Jaroslaw Kaczynski: Beim Thema Migration nicht immer auf Salvinis Linie

Verschiedene Fraktionen

Für alle rechtspopulistischen Parteien im EU-Parlament gilt: Ihr Einfluss ist in Relation gering, weil sie sich auf unterschiedliche Fraktionen verteilen. So sitzt die PiS derzeit in der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), der allerdings wegen des Ausscheidens der britischen Konservativen aus dem EU-Parlament durch den Brexit eine ungewisse Zukunft nach der kommenden EU-Wahl bevorsteht. Zudem gibt es die EFFD, Europa der Freiheit und der direkten Demokratie, deren Vorsitzender der britische EU-Gegner Nigel Farage ist.

Europawahl

Die Europawahl findet von 23. bis 26. Mai 2019 in den voraussichtlich dann 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union statt. Österreich wählt am 26. Mai 2019. Gewählt werden insgesamt 705 Abgeordnete.

Die Lega gehört der Europafraktion Europa der Nationen und der Freiheit (ENF) an, an der auch die FPÖ beteiligt ist. Etliche EU-Kritiker sind fraktionslos. Und die ungarische FIDESZ-Partei von Premier Viktor Orban wird zwar auch von Salvini als Partner umworben, gehört aber zur Europäischen Volkspartei und will das offiziell auch weiter so halten.

Salvini denkt über EU-Spitzenjob nach

Manche der Parteien, die für ein Bündnis im Sinne Salvinis in Frage kämen, lehnen die EU ab, manche wollen sie reformieren. Auch in anderen Zielen sind sie unterschiedlich, ebenso wie im Ton. Und gerade in der Flüchtlingspolitik gibt es Gegensätze. Italien pocht auf eine Umverteilung von Ankömmlingen, gegen die sich etwa Polen strikt wehrt.

Käme es aber tatsächlich zur geeinten Rechten, sähe das EU-Parlament nach der Wahl wohl vollkommen anders aus. Nach jüngeren Schätzungen könnten EU-Skeptiker bei der Wahl im Mai 155 von künftig 705 Sitzen gewinnen und somit zweite Kraft hinter der Europäischen Volkspartei werden. Salvini selbst schloss auch eine Kandidatur als Präsident der EU-Kommission schon einmal nicht aus. „Freunde in mehreren europäischen Ländern bitten mich darum“, sagte er der Zeitung „La Repubblica“. „Ich hatte noch keine Zeit, den Vorschlag zu bewerten. Bis Mai ist es ja noch lang hin. Schauen wir mal, ich denke drüber nach.“