Oppositionskandidat und nunmaliger Präsidentenwahl der Demokratischen Republik (DR) Felix Tshisekedi
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Kabila-Nachfolge

Überraschungssieger in DR Kongo

Große Überraschung bei der Wahl in der Demokratischen Republik (DR) Kongo: Wider Erwarten hat nicht der von Staatschef Joseph Kabila unterstützte Kandidat gewonnen. Vielmehr wurde Oppositionskandidat Felix Tshisekedi von der Wahlkommission zum Sieger erklärt. Der erste friedliche Machtwechsel seit rund 50 Jahren ist damit aber noch nicht gesichert.

Die Wahlkommission sagte am Donnerstag in Kinshasa unter Berufung auf die vorläufigen Endergebnisse, Tshisekedi habe mehr als sieben Millionen der 18 Millionen abgegebenen Stimmen bekommen. Knapp dahinter lag mit mehr als sechs Millionen Stimmen der zweite wichtige Oppositionskandidat Martin Fayulu. Der Kandidat der Regierungspartei, Emmanuel Ramazani Shadary, kam nur auf gut vier Millionen Stimmen. Für den Sieg bei der Präsidentenwahl vom 30. Dezember genügte eine einfache Mehrheit.

Die Opposition hatte vor der Bekanntgabe der Ergebnisse Wahlbetrug zugunsten Shadarys befürchtet. Viele Beobachter rechneten ebenfalls mit einem Sieg des Regierungskandidaten. Die in der DR Kongo sehr einflussreiche katholische Kirche hingegen hatte unter Berufung auf Tausende freiwillige Wahlbeobachter Fayulu zum Sieger erklärt. In den Straßen der Hauptstadt Kinshasa brachen viele Menschen in den frühen Morgenstunden in Jubel aus.

Tshisekedi zollt Kabila Anerkennung

Der Gewinner der historischen Präsidentschaftswahl bezeichnete seinen Vorgänger Kabila als „Partner im demokratischen Wandel“. „Ich zolle Präsident Joseph Kabila Anerkennung, und wir sollten ihn heute nicht länger als Feind sehen“, sagte Tshisekedi. In einer Siegesrede versprach er, der Präsident aller Bürger zu sein, „nicht der Präsident einer politischen Organisation … Ich werde nicht der Präsident eines Stammes sein.“

Männer betrachten ein Foto des verstorbenen Etienne Tshisekedi und weinen
Reuters/Olivia Acland
Anhänger weinen vor Freude und huldigen dem verstorbenen Vater des Wahlsiegers, Etienne Tshisekedi

Fayulu: „Wahlputsch“

Da die Regierung die Wahlkommission de facto kontrolliert, ist davon auszugehen, dass Kabila den Machtwechsel wohl nicht verhindern wird. Fayulu nannte die Ergebnisse dagegen „fingiert und erfunden“ und sprach von einem „Wahlputsch“. Er rief die Bevölkerung auf, „wie ein Mann aufzustehen, um den Sieg zu schützen“. Außerdem rief Fayulu die katholische Kirche dazu auf, ihre eigenen Ergebnisse zu veröffentlichen. Unklar ist, ob Fayulu das Wahlergebnis beeinspruchen wird.

Der 55-jährige Tshisekedi ist der Sohn des früheren Ministerpräsidenten und langjährigen kongolesischen Oppositionsführers Etienne Tshisekedi, der 2017 starb. Der jüngere Tshisekedi versprach den Wählerinnen und Wählern, Korruption und Armut zu bekämpfen und das instabile Land zu befrieden, das immer noch von zahlreichen bewaffneten Konflikten erschüttert wird.

Verwunderung im Ausland

Im Ausland wurde das Ergebnis in ersten Reaktionen mit Verwunderung aufgenommen. Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian sagte dem Sender CNews, es müsse Klarheit über die Ergebnisse geschaffen werden, „die anders sind, als wir es erwartet haben“.

Karte von der Demokratischen Republik Kongo
Grafik: APA/ORF.at

Vereidigung bereits am 18. Jänner

Der neue Präsident soll bereits am 18. Jänner vereidigt werden, obwohl die Wahl in einigen Regionen wegen der Unruhen und einer Ebola-Epidemie nicht stattfinden konnte. Damit waren rund 1,25 Millionen von 40 Millionen Wahlberechtigten ausgeschlossen. Die Stimmabgabe soll dort im März nachgeholt werden. Bei der Abstimmung am 30. Dezember waren auch Provinzvertretungen und das Parlament neu gewählt worden.

Nur wenige Jahre nach der Unabhängigkeit der DR Kongo von Belgien 1960 hatte Diktator Mobuto Sese Seko die Macht ergriffen. Erst infolge des großen Kongo-Krieges, an dem sich mehrere Nachbarländer beteiligten, wackelte Sese Sekos Macht. Rebellenführer Laurent-Desire Kabila stürzte den Diktator und ernannte sich 1997 selbst zum Präsidenten.

2001 wurde der Staatschef von einem seiner Bodyguards erschossen. Sein damals 29 Jahre alter Sohn Joseph erbte die Macht. Er wurde 2006 und 2011 als Präsident wiedergewählt. Die Wahl 2011 wurde jedoch von Betrugsvorwürfen überschattet. Als seine Amtszeit 2016 endete, ließ er die Wahl mehrfach verschieben. Nun durfte er sich nicht mehr um eine weitere Amtszeit bewerben.

Riesige Rohstoffvorkommen, blutige Konflikte

Die DR Kongo ist flächenmäßig das zweitgrößte Land Afrikas und hat rund 80 Millionen Einwohner. Trotz reicher Vorkommen von Mineralien wie Kobalt, Kupfer und Gold gehört der zentralafrikanische Staat zu den ärmsten Ländern der Welt. Schuld daran sind auch zahlreiche, von der Gier nach Rohstoffen befeuerte Konflikte. Rund 4,4 Millionen Menschen sind auf der Flucht vor der Gewalt. Im Osten des Landes gibt es zudem derzeit eine Ebola-Epidemie – die bisher zweitgrößte weltweit mit mehr als 628 Erkrankten und 383 Toten.