Hartwig Löger (…VP), Sebastian Kurz (ÖVP), Heinz Christian Strache (FPÖ) und Beate Hartinger-Klein (FPÖ)
APA/Roland Schlager
Details erst später

Regierung will Imagepolitur für Pflege

Die Koalition hat am zweiten Tag der Regierungsklausur unter anderem eine Pflegereform auf die Agenda genommen. Man setze einen „Startschuss“ für einen Dialog mit Systempartnern, hieß es am Freitag im niederösterreichischen Mauerbach. Der Pflegeberuf soll attraktiver werden, die Finanzierung nachhaltig. Genaues gibt es wenig: Ein Konzept soll erst 2020 beschlossen werden.

So wie bereits beim Thema Steuerreform am Vortag müssen Interessierte auf manche Details zur Pflege noch warten. Die Koalitionsspitzen lobten am Freitag noch einmal ihre Steuerpläne: Es gebe „keine neuen Steuern für arbeitende Menschen“, so Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Zudem würden 2019 trotz der Steuerreform keine neuen Schulden gemacht. Auch Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) pries bei der Pressekonferenz in Mauerbach den „Paradigmenwechsel“. Man halte haus mit Staatsausgaben und Steuereinnahmen. Dass „damit die Sozialisten nicht umgehen“ könnten, sei ihr Reflex.

Auch bei der Pflege sparte Strache nicht mit Kritik an Vorgängerregierungen. Diese hätten viele Baustellen hinterlassen. Nun starte ein „Pflegedialog“, der das Jahr über gehen solle, so Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ). Dieser Dialog soll alle „Systempartner“ einbinden: Länder und Gemeinden ebenso wie die Anbieter, also NGOs wie die von der FPÖ zuletzt stark kritisierte Caritas. Auch Interessenvertretungen wie die Ärztekammer sollen dabei sein, genauso wie das Parlament. So sollen „Best Practice“-Modelle aus Österreich evaluiert und Finanzierungsmodelle aus dem Ausland verglichen werden. Das oberste Ziel: „Pflege daheim statt im Heim“.

„Kein Abschub in Pflegeeinrichtung“

Außerdem soll der Pflegeberuf attraktiver werden. Es soll für junge Menschen „eine Motivation geben, in den Beruf einzusteigen“. Zudem solle es ein freiwilliges soziales Jahr im Pflegeberuf geben. Über eine Pflegeversicherung müsse noch entschieden werden. Das Pflegegeld solle erhöht werden, aber das Wie war ebenso noch unklar.

Regierungsklausur in Mauerbach

Die Steuerreform wurde bei der Regierungsklausur besprochen. Wieso dazu eine Klausur gewählt wurde, analysiert ORF-Reporter Matthias Westhoff.

„Anspruch ist, dass das Altern in Würde in Österreich möglich ist, dass Pflege zu Hause möglich ist und die pflegenden Angehörigen bestmöglich unterstützt werden“, sagte Kurz. „Diese Doppelbelastung kann man nicht genug schätzen.“ Auch Strache betonte das Ziel, mehr Menschen so lange wie möglich zu Hause pflegen zu lassen. Man müsse die „Rahmenbedingungen so ordnen, dass nach Möglichkeit die Pflege zu Hause sichergestellt werden kann, und nicht das Prinzip des Abschubs in eine Pflegeeinrichtung zu haben“.

„Ankündigungen“ kritisiert

Zu den Pflegeplänen gab es am Freitag prompt Kritik der Opposition. SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch monierte etwa, dass sich die Regierung auch hier Zeit lasse. „Auch heute gibt es von Schwarz-Blau wieder nur reine Ankündigungen ohne Inhalt beim Pflegethema. Das ist verantwortungslos und löst kein einziges Problem“, hieß es in einer Aussendung.

Auch NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker vermisste Konkretes: „Den Betroffenen ist nicht geholfen, nur weil die Bundesregierung schon wieder ankündigt, dass sie aber jetzt wirklich mit einem Dialog zur Pflegereform anfangen will.“ Die Präsidentin des ÖVP-Seniorenbundes, Ingrid Korosec, begrüßte hingegen den „Pflegedialog“: „Der Seniorenbund bietet volle Unterstützung und aktive Mitarbeit bei der Umsetzung an“, so Korosec.

Digitalisierung gegen Landflucht

Das zweite große Thema des zweiten Klausurtages war die Digitalisierung. Hier wolle man zu den Besten in Europa aufschließen, so Kurz. Ab März könnten Österreicherinnen und Österreicher die wichtigsten Amtswege per Handy erledigen. Mit „Digital Austria“ werde ein Dach für alle Digitalmaßnahmen der Bundesregierung geschaffen. Derzeit müssten Österreichs Unternehmen pro Jahr rund 230 Mio. Meldungen machen. Ziel sei, dass die Unternehmen nur noch 20 Prozent der notwendigen Daten selbst eintragen müssen. Den Rest soll sich der Staat aus den ausgefüllten Formularen holen.

Kalte Progression

Wenn Löhne jährlich um die Inflationsabgeltung steigen, aber die für die Lohnsteuer maßgeblichen Tarifstufen gleich bleiben, rücken Arbeitnehmer in höhere Tarifstufen vor. Das heißt, die Löhne steigen, doch die Steuern auch. Die steuerliche Mehrbelastung wird kalte Progression genannt.

Beim Ausbau des Breitbandinternets solle Österreich nach Worten des Bundeskanzlers Vorreiter in der EU werden. In der Bildung habe man das Ziel des „digitalen Klassenzimmers“ bereits formuliert, heuer solle die Umsetzung starten. „Das ist auch eine Chance für den ländlichen Raum“, so Kurz. Viele Jobs könnten dorthin zurückwandern, Pendlern könnte so die Arbeit zu Hause vereinfacht werden.

Digitalsteuer beschlossen

Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) strich noch einmal die „digitale Konzernsteuer“ hervor, die beim Ministerrat in Mauerbach beschlossen wurde. Diese bringe eine Basis für die faire Besteuerung von Konzernen wie Google, Amazon und Alibaba. Geplant ist hier eine dreiprozentige Umsatzsteuer für Onlinewerbung internationaler Konzerne. Außerdem sollen Vermittlerplattformen wie Airbnb besser kontrolliert und die Umsatzsteuerpflicht für Onlineversandhändler verschärft werden. In Summe soll das 200 Mio. Euro bringen.

Opposition kritisiert Steuerreform

Die Pläne der Bundesregierung zu Steuerreform und Pflege kommen bei der Opposition nicht gut an.

Die Regierung bleibt zudem dabei, die kalte Progression abzuschaffen. Wirksam werden soll das aber erst in der nächsten Legislaturperiode. Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ) kündigte am Freitag diesen Schritt für 2023 an. Auf den Einwand, dass das damit ein Thema für die „nächste Regierung“ sei, antwortete Fuchs selbstbewusst: „Ja, und diese sind wir.“