Ex-ÖVP-Gesundheitsministerin erarbeitet NEOS-Pflegekonzept

Die Oppositionspartei NEOS ortet Fehlentwicklungen durch die Regierung beim Thema Pflege, das die Partei als eines ihrer Hauptthemen 2019 bezeichnet. Zwar heftet sich auch die Regierung die Pflege an ihre Fahnen, Konkretes blieb allerdings nach der Regierungsklausur in Mauerbach noch aus.

Bei der Jahresauftaktklausur arbeitete NEOS heute einen Vorschlag für einen Systemwandel aus. Expertise soll die ehemalige ÖVP-Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky liefern.

„Es ist zehn nach zwölf“

Als Rückkehr auf die politische Bühne sieht Kdolsky, die 2007 und 2008 Gesundheitsministerin war, das aber nicht, wie sie im Ö1-Morgenjournal sagte. Es sei hervorragend, dass sich die Regierung des Themas Pflege annehme, das hätte allerdings schon vor Jahren passieren sollen, so Kdolsky in Ö1. „Es ist zehn nach zwölf“, sagte die ehemalige ÖVP-Gesundheitsministerin.

Eine Imagekampagne ist für Kdolsky aber nicht das vordergründige Thema. Zum Thema Finanzierung könne man erst Näheres sagen, wenn die verschiedenen Modelle durchgerechnet werden, so Kdolsky.

Audio dazu in oe1.ORF.at

Österreich bei Prävention „Schlusslicht“

Dabei werde man über neue Berufe nachdenken müssen, so Kdolsky weiter. Denn im Sozial- und Gesundheitsbereich werde der Arbeitsmarkt in Zukunft wachsen, während er überall sonst schrumpfe. Qualifikation sei der zweite wichtige Punkt. Es dürfe in der Pflege kein Gefälle zwischen Ost und West, Tag und Nacht, Wochenende und Wochentag geben, wie das derzeit im Gesundheitswesen der Fall sei, so Kdolsky.

Ein weiteres wichtiges Thema sei die Prävention, so die frühere Ministerin. Österreich sei mit drei Prozent der Gesundheitsausgabe hier Schlusslicht. Andere Länder gäben bis zu 20 Prozent für Prävention aus. „Die Sozialisierung ist ein weiteres wesentliches Thema. Einsame Menschen sterben früher. Demenz lässt sich durch Training verlangsamen“, so Kdolsky.

Eine „sexy Lösung“ nannte Kdolsky ein Konzept aus Skandinavien, wo alte Menschen zusammen mit Studierenden leben und so den Jungen Sozialkompetenz antrainiert werde. Denn „es gibt keine Großfamilien mehr. In Wien gibt es 60 Prozent Single-Haushalte.“

Meinl-Reisinger: Pflegeregressabschaffung „unverantwortlich“

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger kritisierte einmal mehr die Abschaffung der Pflegeregresses. Es sei „unverantwortlich“, kurz vor der Wahl ohne Konzept ein Wahlzuckerl zu beschließen. Gerade in der Pflege brauche es ein ganzheitliches Gesamtkonzept, und ein solches wolle NEOS nun unter der Leitung von Kdolsky als Expertin ausarbeiten.

„Ich anerkenne, dass die Regierung das Problem erkannt hat. Aber es ist so, dass wir seit zehn Jahren wissen, dass wir keine Lösung haben“, so Meinl-Reisinger.

NEOS will einheitliche Qualitätsstandards

Zentrale Fragen sind nach Ansicht Meinl-Reisingers dabei „das selbstbestimmte Leben, Nachhaltigkeit und Generationenverantwortung“. „Es muss ein größerer Wurf sein, nachhaltig auch für kommende Generationen.“ Pflege werde solidarisch finanziert werden müssen, „denn es wird schwierig werden, es jedem Einzelnen zu überlassen“, so Meinl-Reisinger. Gestartet wird der Prozess mit einem Bürgerforum im Februar, danach wird es Workshops geben. Bis Juni soll es ein Konzept stehen.

NEOS will einheitliche Qualitätsstandards für die Pflege definieren. NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker hatte sich zuletzt dafür ausgesprochen, verstärkt in kleineren Einheiten und mobil zu pflegen. Das entspreche auch dem Wunsch von Betroffenen, möglichst lange daheim gepflegt zu werden.