Gewaltschutzpaket: Enttäuschung bei Expertinnen

Viel Kritik der Opposition, aber auch von Fraueneinrichtungen hat das neue Maßnahmenpaket der Regierung zum Schutz von Frauen vor Gewalt hervorgerufen. „Wir hätten uns gewünscht, miteinbezogen zu werden, statt die Pläne über die Medien ausgerichtet zu bekommen“, sagte gestern etwa Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser.

„Kein Sinn“ hinter neuer Notrufnummer

„Problematisch sehe ich die Einführung einer neuen, dreistelligen Notrufnummer. Die Frauenministerin (Juliane Bogner-Strauß, ÖVP; Anm.) hat mit mir als Leiterin der bestehenden Frauenhelpline davor nie gesprochen. Das war ein Schock für uns. Das Team ist sehr verunsichert, wir wissen nicht, was jetzt passieren wird. Ich sehe keinen Sinn dahinter, ein bewährtes Projekt, das über Jahre mühsam promotet wurde und jetzt endlich in vielen Köpfen drinnen ist, zu ersetzen.“

Eine neue Nummer würde für Verwirrung sorgen und müsse ja auch wieder beworben werden. Unklar sei nun, ob der neue Notruf dann auf die bisherige Frauenhelpline 0800/222-555 umgeleitet oder alles neu aufgestellt werde. Auch ob der bestehende Notruf weiter finanziert werde, wisse man nicht. „Das ist ja eigentlich die Helpline der Frauenministerin“, wunderte sich Rösslhumer.

Zweifel an Funktionieren der „Bannmeile“

Für „überflüssig“ hält auch Lena Jäger, Projektleiterin des Frauenvolksbegehrens, die neue Notrufnummer. „Es existiert bereits eine gut funktionierende, rund um die Uhr besetzte Helpline“, sagte Jäger gestern. Von den Plänen der Regierung ist Jäger generell „enttäuscht“. „Ein zusätzliches Budget in der Höhe dessen, was letztes Jahr für Sturmgewehre der Polizei ausgegeben wurde, wäre nützlicher gewesen“, hielt sie fest.

Zur „Bannmeile“ von 50 Metern für Täter müsse man sich anschauen, „wie das funktioniert“, sagte Rösslhumer. „Es stellt sich die Frage, wer das exekutieren soll, und was das für die Frauen bedeutet.“ Von einem höheren Strafrahmen lassen sich Täter nicht abschrecken, ist Rösslhumer überzeugt. „Die Verurteilungsrate wird immer geringer, was bedenklich ist. Die Frauen haben wenig Vertrauen in die Justiz, aber sie wollen Gerechtigkeit.“ Bedeutender wäre es daher, die Strafen zu exekutieren.

Weniger Anzeigen befürchtet

Ob eine leichtere Abschiebung straffällig gewordener Asylwerber überhaupt rechtskonform ist, müsse erst geprüft werden. „Das führt dazu, dass noch weniger Frauen Gewalttaten anzeigen, wenn ihre Partner auch bei kleineren Vergehen abgeschoben werden können“, meinte Rösslhumer.

Anrufe und E-Mails von Rösslhumer, Frauenministerin Bogner-Strauß bezüglich der Gewaltschutzmaßnahmen persönlich zu sprechen, blieben bisher unbeantwortet. Zumindest von einer Seite sei der Wille da: „Wir sind immer bemüht, gemeinsam etwas zu machen, das Angebot der Zusammenarbeit war immer da“, sagte Rösslhumer.