Peter Kaiser (SPÖ)
ORF
Mindestsicherung

Kaiser: „Keine sozial gerechte Bewertung“

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) hat am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“ harte Kritik am Vorgehen der Bundesregierung geübt. Länder und Sozialpartner würden von den Koalitionsparteien zu wenig in Reformen, etwa die Kassenreform, eingebunden. Bei der neuen Mindestsicherung erwartete sich Kaiser noch einige Änderungen: „So wird es nicht gehen.“

Der von der Bundesregierung geplante Rückbau der bedarfsorientierten Mindestsicherung zur „Sozialhilfe“, der Einschnitte etwa für Mehrkindfamilien und Zuwandernde mit schlechten Deutschkenntnissen bringt, stieß seit Beginn der Begutachtung auf viel Kritik. Auch Landeshauptmann Kaiser schloss sich am Sonntag in der „Pressestunde“ den kritischen Stimmen an: „Es geht mir nicht besser, wenn es anderen schlechter geht“, so Kaiser. Die Bundesregierung stigmatisiere bestimmte Gruppen, „um damit politische Maßnahmen zu setzen“.

Kaiser fand auch lobende Worte: Die Herstellung einer einheitlichen Regelung sei positiv. Auch den Ersatz von Geld- durch Sachleistungen in manchen Bereichen sah er als gut an. „Aber was ich nicht verstehe, was auch jeglicher Logik entbehrt, ist, dass man Kinder monetär bewertet.“

Kaiser zur Mindestsicherung

Kärntens Landeshauptmann übte herbe Kritik an den Vorhaben der Regierung. Besonders die geplante Staffelung der Kinderbeträge bewertete er negativ.

Die Reform sieht eine Staffelung der Kinderbeträge vor, wonach es für das erste Kind 216 Euro, für das zweite 130 und ab dem dritten Kind 43 Euro monatlich gibt. Die ÖVP argumentierte, dass Betroffene zusätzlich zur Mindestsicherung auch die allen Familien zustehende Familienbeihilfe erhalten würden. Zudem würde auch eine arbeitende Person nicht mehr Gehalt bekommen, wenn mehrere Kinder vorhanden seien.

Kinder, Pflegende und Behinderte als „Verlierer“

„Das ist keine sozial gerechte Bewertung“, antwortete Kaiser auf den Einwand. Es gebe doch mehr Leistungen wie Kinderbeihilfen, deren Summe mit der Anzahl der Kinder steige. Ein weiterer Fehler im Gesetz sei, dass auch die Unterstützung für im selben Haushalt gepflegte Erwachsene sinken würde, sagte Kaiser. Denn wenn eine Familie eine pflegebedürftige Person zu Hause betreue, erhalte sie künftig statt 75 Prozent der vollen Mindestsicherung nur noch 25 Prozent.

Die Verlierer dieser Reform seien Kinder, pflegende Familien und Behinderte. Das sei nicht nachvollziehbar, und „wenn man von 140 Begutachtungsstellungnahmen nur drei positive hat“, erwarte und hoffe er, dass die Bundesregierung ihren Vorschlag noch überarbeite. „Ich glaube, so wird es nicht gehen.“ Es sei nicht alles an der Reform schlecht, „aber die Auswirkungen gehen eher in die Richtung, Armut zu verfestigen und nicht zu beseitigen“, sagte Kaiser. Auch müsse man sich noch ansehen, ob die Regelungen verfassungskonform seien.

Kaiser erwartet keine „wirkliche Entlastung“

Kritik übte Kaiser auch an der angekündigten Steuerreform. Die Menschen finanzierten sich diese durch die kalte Progression ohnehin großteils selbst, eine „wirkliche Entlastung“ erwarte er nicht. Dass sich SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner abwägend zur Forderung nach Vermögenssteuern gezeigt hatte, relativierte Kaiser: Diese seien immer Bestandteil sozialdemokratischer Forderungen. Nur könne man davon ausgehen, dass diese bei einer Steuerreform von ÖVP und FPÖ kein Thema sein würden.

Krankenkassenreform: Kaiser mit Lob und Kritik

Der Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz sprach sich für die Zusammenlegung von Kassen aus. Dass die Regierung Länder und Sozialpartnerschaft nicht eingebunden habe, kritisierte Kaiser.

Grundsätzlich kritisierte Kaiser, dass die Regierung die Länder und ebenso die Sozialpartnerschaft nicht mehr von Anfang an einbinde, sondern sie erst mit ihren fertigen Entscheidungen konfrontiere. „Da geht man von einem Weg ab, der die Zweite Republik identitätsmäßig geprägt hat“, so Kaiser, der derzeit auch Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz ist. Als Beispiel nannte er die Reform der Sozialversicherungen – da habe man zuerst nicht mit den Ländern gesprochen und sich dann über Kritik gewundert. Wobei er nicht gegen die Reform an sich sei. Die Zusammenlegung der Kassen halte auch er für richtig.

Ruf nach Verhandlungen „auf Augenhöhe“

Doch sprach er sich gegen politische Umfärbungen und die Beschneidung des Arbeitnehmereinflusses in der Selbstverwaltung aus. Er wünsche sich aber Verhandlungen „auf Augenhöhe“. Zudem glaube er nicht an das von der Koalition angekündigte Einsparungsvolumen bei der Sozialversicherungsreform. Dieses hätten Fachleute widerlegt.

Kaiser über die Transparenzdatenbank

2016 stimmte Kaiser noch für die Datenbank, nun ist er dagegen: Damals habe es eine „Grundsatzzustimmung“ gegeben. Doch müsse man nun „rechtliche Hürden aus dem Weg schaffen“.

Zur weiteren „Kompetenzentflechtung“ zwischen Bund und Ländern – nämlich bei Krankenanstalten und in der Elektrizitätswirtschaft – soll es laut Kaiser ab März Gespräche mit dem Bund geben und dann einen Zwischenbericht bei der Landeshauptleutekonferenz am 16. Mai. Bei der Transparenzdatenbank wünscht sich Kaiser einheitliche Regeln darüber, welche personenbezogenen Förderungen anonymisiert werden sollen und welche nicht.