Euroscheine
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Oxfam

2,2 Mrd. Euro pro Tag mehr für Milliardäre

Das Vermögen aller Milliardäre ist im vergangenen Jahr um 2,5 Milliarden US-Dollar (2,2 Mrd. Euro) täglich gestiegen. Zu dieser Einschätzung kommt Oxfam in seinem aktuellen Bericht „Öffentliches Gut oder privater Reichtum“. Die soziale Ungleichheit sei weltweit weiter gestiegen. Denn die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung erlitt laut Studie Einbußen von elf Prozent oder 500 Millionen Dollar pro Tag.

Oxfam, ein Verbund mehrerer Hilfsorganisationen, legt traditionell vor Beginn des jährlichen Weltwirtschaftsforums (WEF) im schweizerischen Davos seine Zahlen zur Kluft zwischen Armen und Reichen vor. Seit der Finanzkrise vor rund zehn Jahren verdoppelte sich die Zahl der Milliardäre weltweit nahezu. 26 Milliardäre besitzen so viel wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung, kritisierte Oxfam-Direktorin Winnie Byanyima.

Oxfam lobt zwar den Rückgang von in extremer Armut lebender Menschen seit 1990. Allerdings schwäche sich dieser Trend ab. Nach wie vor lebten 736 Millionen Menschen von 1,90 Dollar pro Tag und Person – die Weltbank-Definition für extreme Armut. Das Tempo, in dem extreme Armut abnehme, habe sich seit 2013 halbiert. In Teilen Afrikas sei diese sogar wieder gestiegen. Dabei beruft sich Oxfam auf Angaben der Weltbank. Zudem lebe weiterhin fast die Hälfte der Weltbevölkerung – 3,4 Mrd. Menschen – von maximal 5,50 Dollar pro Tag und Person.

Größte Vermögensungleichheit in Deutschland

Das Gesundheitsbudget Äthiopiens entspricht etwa einem Prozent des Vermögens von Amazon-Chef Jeff Bezos, mit 112 Milliarden Dollar derzeit reichster Mann der Welt, zieht Oxfam einen Vergleich. Die größte Vermögensungleichheit im internationalen Vergleich herrscht laut Studie in Deutschland.

Jeff Bezos
APA/AFP/Jason Redmond
Amazon-Chef Jeff Bezos gilt laut „Forbes“-Liste als reichster Mann der Welt

Die deutschen Milliardäre konnten ihr Vermögen um 20 Prozent steigern – mehr als der weltweite Durchschnitt bei Milliardären mit einem Plus von zwölf Prozent. Das reichste Prozent der Deutschen besitze so viel wie die 87 ärmeren Prozent der deutschen Bevölkerung. 2017 galt hier jedes fünfte Kind als arm. Mit 15,8 Prozent liegt laut Oxfam die Armutsquote auf dem höchsten Stand seit 1996.

Frauen stärker betroffen als Männer

Von der sozialen Ungleichheit sind Frauen wesentlich stärker betroffen als Männer. Männer besitzen laut Oxfam um 50 Prozent mehr Vermögen als Frauen. Im weltweiten Vergleich bezögen sie um 23 Prozent niedrigere Gehälter, leisteten aber aufgrund von Mängeln im Gesundheits- und Bildungsbereich unbezahlte Pflege- und Sorgearbeit im Wert von zehn Billionen Dollar.

Entsprechend könnten öffentliche Angebote in den Bereichen Bildung, Gesundheit und soziale Sicherung dazu beitragen, die Ungleichheit zu verringern, betonte die Organisation. Zudem fordert Oxfam eine stärkere Belastung von Vermögenden, Konzernen, Erbschaften und hohen Einkommen.

Kritik an Berechnungsmethode

Bei seinem jährlichen Bericht beruft sich die kapitalismuskritische Hilfsorganisation vor allem auf Daten der Schweizer Großbank Credit Suisse und auf Vermögensschätzungen des US-Magazins „Forbes“. Der Vergleich dieser Quellen für Armut und Reichtum stößt bei manchen Experten wie etwa bei dem marktliberalen Institute of Economic Affairs (IEA) in London auf Kritik. IEA zufolge würde zudem eine Verringerung des Reichtums von Vermögenden nicht zu einer Umverteilung, sondern zur Zerstörung des Vermögens führen.

Skepsis gibt es auch zu den Berechnungsmethoden für die ganz arme Bevölkerung. Die Credit Suisse definiert in ihrem Bericht Vermögen als die Summe aus privaten Finanzanlagen, Vorsorge und Sachwerten wie Immobilien – allerdings abzüglich der Schulden. Daraus die Definition von Armut abzuleiten, ist nach Meinung von Kritikern problematisch. Denn ein Hochschulabsolvent mit Schulden aus einem Studentenkredit würde laut Credit-Suisse-Berechnung ärmer dastehen als ein schuldenfreier Obdachloser, analysierte die dpa.

Dass die Verteilung von Vermögen ein starkes Ungleichgewicht aufweist, davon sind aber auch Oxfam-Kritiker überzeugt. Oxfam argumentiert, dass, selbst wenn das ärmste Zehntel der Weltbevölkerung nicht einberechnet würde, das an der grundsätzlichen Feststellung zur herrschenden sozialen Ungleichheit nichts ändern würde.

Trump, May und Macron kommen nicht nach Davos

Das Treffen in Davos beginnt am Dienstag. Trotz prominenter Absagen werden rund 3.000 Teilnehmende aus der internationalen Politik- und Wirtschaftselite erwartet. Während die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro ihr Kommen angekündigt haben, sagte die britische Premierministerin Theresa May wegen des Brexit-Streits und der französische Präsident Emmanuel Macron wegen der „Gelbwesten“-Proteste ab. Auch US-Präsident Donald Trump wird aufgrund des Budgetstreits nicht nach Davos kommen. Er strich zudem der gesamten US-Delegation die Reise in die Schweiz.